seine Werckstatt verunruhiget sieht, alsobald ver- drossen wird, sein Amt nicht mehr verrichtet, und dem nothleidenden Gliede die nöthige Hülffe nicht mehr zuschicket, so nimmt freylich die febrilische Kälte überhand. Das Schaudern aber entste- het von dem schwachen Widerstande des Archaei. So bald aber der Archaeus sich ein wenig erhohlet, gehet er seinem Feinde entgegen, und suchet dadurch ihn auszutreiben, wenn er die gantze menschliche Machine in Hitze und Brand stecket. Darum folgt gemeiniglich auf die Kälte eine Hitze. Hält nun die Hitze länger an, als die Kälte, so ists ein Anzeichen, daß der Archaeus noch starck genug sey, seinen Feind zu überstehen. Woferne aber die Hitze abnimmt, so ists ein Zeichen, daß der Ar- chaeus aus seiner Herberge bald Abschied nehmen werde. Die Kranckheit ist zwar so gewaltig nicht mehr, daher unverständige Medici meynen, der Patiente bekomme Ruhe; Aber eben daraus erkennet ein kluger Medicus, daß die Kranckheit zum Ende gelanget. Je empfindlicher die Hitze oder der Brand der Krancken ist, je stärcker kan man sie zu seyn urtheilen. Und desto mehr ist auch Hoffnung zur Genesung. Weil man daraus siehet, daß der Archaeus seine Sorge und Wach- samkeit für den menschlichen Cörper noch nicht ab- geleget. Denn diese feurige Wuth rühret vom Archaeo des Lebens her, wenn er in Harnisch ge- bracht worden entweder von einer ungefehren den ersten Schaden verursachenden Materie, oder von einem vermeynten Anzeigen, daß der Sitz des
Lebens,
(m m) 5
ſeine Werckſtatt verunruhiget ſieht, alſobald ver- droſſen wird, ſein Amt nicht mehr verrichtet, und dem nothleidenden Gliede die noͤthige Huͤlffe nicht mehr zuſchicket, ſo nimmt freylich die febriliſche Kaͤlte uͤberhand. Das Schaudern aber entſte- het von dem ſchwachen Widerſtande des Archæi. So bald aber der Archæus ſich ein wenig erhohlet, gehet er ſeinem Feinde entgegen, und ſuchet dadurch ihn auszutreiben, wenn er die gantze menſchliche Machine in Hitze und Brand ſtecket. Darum folgt gemeiniglich auf die Kaͤlte eine Hitze. Haͤlt nun die Hitze laͤnger an, als die Kaͤlte, ſo iſts ein Anzeichen, daß der Archæus noch ſtarck genug ſey, ſeinen Feind zu uͤberſtehen. Woferne aber die Hitze abnimmt, ſo iſts ein Zeichen, daß der Ar- chæus aus ſeiner Herberge bald Abſchied nehmen werde. Die Kranckheit iſt zwar ſo gewaltig nicht mehr, daher unverſtaͤndige Medici meynen, der Patiente bekomme Ruhe; Aber eben daraus erkennet ein kluger Medicus, daß die Kranckheit zum Ende gelanget. Je empfindlicher die Hitze oder der Brand der Krancken iſt, je ſtaͤrcker kan man ſie zu ſeyn urtheilen. Und deſto mehr iſt auch Hoffnung zur Geneſung. Weil man daraus ſiehet, daß der Archæus ſeine Sorge und Wach- ſamkeit fuͤr den menſchlichen Coͤrper noch nicht ab- geleget. Denn dieſe feurige Wuth ruͤhret vom Archæo des Lebens her, wenn er in Harniſch ge- bracht worden entweder von einer ungefehren den erſten Schaden verurſachenden Materie, oder von einem vermeynten Anzeigen, daß der Sitz des
Lebens,
(m m) 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0563"n="553"/>ſeine Werckſtatt verunruhiget ſieht, alſobald ver-<lb/>
droſſen wird, ſein Amt nicht mehr verrichtet, und<lb/>
dem nothleidenden Gliede die noͤthige Huͤlffe nicht<lb/>
mehr zuſchicket, ſo nimmt freylich die <hirendition="#aq">febrili</hi>ſche<lb/>
Kaͤlte uͤberhand. Das Schaudern aber entſte-<lb/>
het von dem ſchwachen Widerſtande des <hirendition="#aq">Archæi.</hi><lb/>
So bald aber der <hirendition="#aq">Archæus</hi>ſich ein wenig erhohlet,<lb/>
gehet er ſeinem Feinde entgegen, und ſuchet dadurch<lb/>
ihn auszutreiben, wenn er die gantze menſchliche<lb/><hirendition="#aq">Machine</hi> in Hitze und Brand ſtecket. Darum<lb/>
folgt gemeiniglich auf die Kaͤlte eine Hitze. Haͤlt<lb/>
nun die Hitze laͤnger an, als die Kaͤlte, ſo iſts ein<lb/>
Anzeichen, daß der <hirendition="#aq">Archæus</hi> noch ſtarck genug<lb/>ſey, ſeinen Feind zu uͤberſtehen. Woferne aber<lb/>
die Hitze abnimmt, ſo iſts ein Zeichen, daß der <hirendition="#aq">Ar-<lb/>
chæus</hi> aus ſeiner Herberge bald Abſchied nehmen<lb/>
werde. Die Kranckheit iſt zwar ſo gewaltig nicht<lb/>
mehr, daher unverſtaͤndige <hirendition="#aq">Medici</hi> meynen, der<lb/><hirendition="#aq">Patient</hi>e bekomme Ruhe; Aber eben daraus<lb/>
erkennet ein kluger <hirendition="#aq">Medicus,</hi> daß die Kranckheit<lb/>
zum Ende gelanget. Je empfindlicher die Hitze<lb/>
oder der Brand der Krancken iſt, je ſtaͤrcker kan<lb/>
man ſie zu ſeyn urtheilen. Und deſto mehr iſt auch<lb/>
Hoffnung zur Geneſung. Weil man daraus<lb/>ſiehet, daß der <hirendition="#aq">Archæus</hi>ſeine Sorge und Wach-<lb/>ſamkeit fuͤr den menſchlichen Coͤrper noch nicht ab-<lb/>
geleget. Denn dieſe feurige Wuth ruͤhret vom<lb/><hirendition="#aq">Archæo</hi> des Lebens her, wenn er in Harniſch ge-<lb/>
bracht worden entweder von einer ungefehren den<lb/>
erſten Schaden verurſachenden Materie, oder<lb/>
von einem vermeynten Anzeigen, daß der Sitz des<lb/><fwplace="bottom"type="sig">(m m) 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Lebens,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[553/0563]
ſeine Werckſtatt verunruhiget ſieht, alſobald ver-
droſſen wird, ſein Amt nicht mehr verrichtet, und
dem nothleidenden Gliede die noͤthige Huͤlffe nicht
mehr zuſchicket, ſo nimmt freylich die febriliſche
Kaͤlte uͤberhand. Das Schaudern aber entſte-
het von dem ſchwachen Widerſtande des Archæi.
So bald aber der Archæus ſich ein wenig erhohlet,
gehet er ſeinem Feinde entgegen, und ſuchet dadurch
ihn auszutreiben, wenn er die gantze menſchliche
Machine in Hitze und Brand ſtecket. Darum
folgt gemeiniglich auf die Kaͤlte eine Hitze. Haͤlt
nun die Hitze laͤnger an, als die Kaͤlte, ſo iſts ein
Anzeichen, daß der Archæus noch ſtarck genug
ſey, ſeinen Feind zu uͤberſtehen. Woferne aber
die Hitze abnimmt, ſo iſts ein Zeichen, daß der Ar-
chæus aus ſeiner Herberge bald Abſchied nehmen
werde. Die Kranckheit iſt zwar ſo gewaltig nicht
mehr, daher unverſtaͤndige Medici meynen, der
Patiente bekomme Ruhe; Aber eben daraus
erkennet ein kluger Medicus, daß die Kranckheit
zum Ende gelanget. Je empfindlicher die Hitze
oder der Brand der Krancken iſt, je ſtaͤrcker kan
man ſie zu ſeyn urtheilen. Und deſto mehr iſt auch
Hoffnung zur Geneſung. Weil man daraus
ſiehet, daß der Archæus ſeine Sorge und Wach-
ſamkeit fuͤr den menſchlichen Coͤrper noch nicht ab-
geleget. Denn dieſe feurige Wuth ruͤhret vom
Archæo des Lebens her, wenn er in Harniſch ge-
bracht worden entweder von einer ungefehren den
erſten Schaden verurſachenden Materie, oder
von einem vermeynten Anzeigen, daß der Sitz des
Lebens,
(m m) 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/563>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.