Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schnitzler, Arthur: Anatol. Berlin, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite
Else. Niemals! --
Anatol. Glücklich -- in Venedig -- am Comosee -- es
war ja doch auch Liebe -- in gewissen Momenten wenigstens.
Else. Niemals!
Anatol. Wie? -- Hat er Dich nicht geküßt -- nicht
umarmt? -- Warst Du nicht sein Weib? -- Dann kamt
Ihr zurück -- und es wurde Dir langweilig -- selbstver-
ständlich -- denn Du bist schön -- elegant -- und eine
Frau --! und er ist ganz einfach ein Dummkopf! -- Nun
kamen die Jahre der Koketterie ... ich nehme an, der Ko-
ketterie allein! -- Geliebt hast Du noch keinen vor mir,
sagst Du. Nun, beweisen läßt sich das nicht -- aber ich
nehme es an; weil mir das Gegentheil unangenehm wäre.
Else. Anatol! Koketterie! Ich! --
Anatol. Ja ... Koketterie! Und was das heißt,
kokett sein? -- Lüstern und verlogen zugleich!
Else. Das war ich? --
Anatol. Ja ... Du! -- Dann kamen die Jahre des
Kampfes -- Du schwanktest! -- Soll ich niemals meinen
Roman erleben? -- Du wurdest immer schöner -- Dein
Mann immer langweiliger, dümmer und häßlicher ...!
Schließlich mußte es kommen -- und Du nahmst Dir einen
Liebhaber. Dieser Liebhaber bin zufällig ich!
Else. Zufällig ... Du!
Anatol. Ja, zufällig ich -- denn, wäre ich nicht
-- so wäre eben ein Anderer da gewesen! -- Du
hast Dich in Deiner Ehe unglücklich gefühlt oder nicht
glücklich genug -- und wolltest geliebt sein. Du hast ein
Elſe. Niemals! —
Anatol. Glücklich — in Venedig — am Comoſee — es
war ja doch auch Liebe — in gewiſſen Momenten wenigſtens.
Elſe. Niemals!
Anatol. Wie? — Hat er Dich nicht geküßt — nicht
umarmt? — Warſt Du nicht ſein Weib? — Dann kamt
Ihr zurück — und es wurde Dir langweilig — ſelbſtver-
ſtändlich — denn Du biſt ſchön — elegant — und eine
Frau —! und er iſt ganz einfach ein Dummkopf! — Nun
kamen die Jahre der Koketterie … ich nehme an, der Ko-
ketterie allein! — Geliebt haſt Du noch keinen vor mir,
ſagſt Du. Nun, beweiſen läßt ſich das nicht — aber ich
nehme es an; weil mir das Gegentheil unangenehm wäre.
Elſe. Anatol! Koketterie! Ich! —
Anatol. Ja … Koketterie! Und was das heißt,
kokett ſein? — Lüſtern und verlogen zugleich!
Elſe. Das war ich? —
Anatol. Ja … Du! — Dann kamen die Jahre des
Kampfes — Du ſchwankteſt! — Soll ich niemals meinen
Roman erleben? — Du wurdeſt immer ſchöner — Dein
Mann immer langweiliger, dümmer und häßlicher …!
Schließlich mußte es kommen — und Du nahmſt Dir einen
Liebhaber. Dieſer Liebhaber bin zufällig ich!
Elſe. Zufällig … Du!
Anatol. Ja, zufällig ich — denn, wäre ich nicht
— ſo wäre eben ein Anderer da geweſen! — Du
haſt Dich in Deiner Ehe unglücklich gefühlt oder nicht
glücklich genug — und wollteſt geliebt ſein. Du haſt ein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="act" n="1">
        <div type="scene" n="2">
          <pb facs="#f0119" n="109"/>
          <sp who="#ELS">
            <speaker> <hi rendition="#b">El&#x017F;e.</hi> </speaker>
            <p>Niemals! &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANA">
            <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker>
            <p>Glücklich &#x2014; in Venedig &#x2014; am Como&#x017F;ee &#x2014; es<lb/>
war ja doch auch Liebe &#x2014; in gewi&#x017F;&#x017F;en Momenten wenig&#x017F;tens.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ELS">
            <speaker> <hi rendition="#b">El&#x017F;e.</hi> </speaker>
            <p>Niemals!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANA">
            <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker>
            <p>Wie? &#x2014; Hat er Dich nicht geküßt &#x2014; nicht<lb/>
umarmt? &#x2014; War&#x017F;t Du nicht &#x017F;ein Weib? &#x2014; Dann kamt<lb/>
Ihr zurück &#x2014; und es wurde Dir langweilig &#x2014; &#x017F;elb&#x017F;tver-<lb/>
&#x017F;tändlich &#x2014; denn Du bi&#x017F;t &#x017F;chön &#x2014; elegant &#x2014; und eine<lb/>
Frau &#x2014;! und er i&#x017F;t ganz einfach ein Dummkopf! &#x2014; Nun<lb/>
kamen die Jahre der Koketterie &#x2026; ich nehme an, der Ko-<lb/>
ketterie allein! &#x2014; Geliebt ha&#x017F;t Du noch keinen vor mir,<lb/>
&#x017F;ag&#x017F;t Du. Nun, bewei&#x017F;en läßt &#x017F;ich das nicht &#x2014; aber ich<lb/>
nehme es an; weil mir das Gegentheil unangenehm wäre.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ELS">
            <speaker> <hi rendition="#b">El&#x017F;e.</hi> </speaker>
            <p>Anatol! Koketterie! Ich! &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANA">
            <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker>
            <p>Ja &#x2026; Koketterie! Und was das heißt,<lb/>
kokett &#x017F;ein? &#x2014;&#x017F;tern und verlogen zugleich!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ELS">
            <speaker> <hi rendition="#b">El&#x017F;e.</hi> </speaker>
            <p>Das war ich? &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANA">
            <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker>
            <p>Ja &#x2026; Du! &#x2014; Dann kamen die Jahre des<lb/>
Kampfes &#x2014; Du &#x017F;chwankte&#x017F;t! &#x2014; Soll ich niemals meinen<lb/>
Roman erleben? &#x2014; Du wurde&#x017F;t immer &#x017F;chöner &#x2014; Dein<lb/>
Mann immer langweiliger, dümmer und häßlicher &#x2026;!<lb/>
Schließlich mußte es kommen &#x2014; und Du nahm&#x017F;t Dir einen<lb/>
Liebhaber. Die&#x017F;er Liebhaber bin zufällig ich!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ELS">
            <speaker> <hi rendition="#b">El&#x017F;e.</hi> </speaker>
            <p>Zufällig &#x2026; Du!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANA">
            <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker>
            <p>Ja, zufällig ich &#x2014; denn, wäre ich nicht<lb/>
&#x2014; &#x017F;o wäre eben ein Anderer da gewe&#x017F;en! &#x2014; Du<lb/>
ha&#x017F;t Dich in Deiner Ehe unglücklich gefühlt oder nicht<lb/>
glücklich genug &#x2014; und wollte&#x017F;t geliebt &#x017F;ein. Du ha&#x017F;t ein<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0119] Elſe. Niemals! — Anatol. Glücklich — in Venedig — am Comoſee — es war ja doch auch Liebe — in gewiſſen Momenten wenigſtens. Elſe. Niemals! Anatol. Wie? — Hat er Dich nicht geküßt — nicht umarmt? — Warſt Du nicht ſein Weib? — Dann kamt Ihr zurück — und es wurde Dir langweilig — ſelbſtver- ſtändlich — denn Du biſt ſchön — elegant — und eine Frau —! und er iſt ganz einfach ein Dummkopf! — Nun kamen die Jahre der Koketterie … ich nehme an, der Ko- ketterie allein! — Geliebt haſt Du noch keinen vor mir, ſagſt Du. Nun, beweiſen läßt ſich das nicht — aber ich nehme es an; weil mir das Gegentheil unangenehm wäre. Elſe. Anatol! Koketterie! Ich! — Anatol. Ja … Koketterie! Und was das heißt, kokett ſein? — Lüſtern und verlogen zugleich! Elſe. Das war ich? — Anatol. Ja … Du! — Dann kamen die Jahre des Kampfes — Du ſchwankteſt! — Soll ich niemals meinen Roman erleben? — Du wurdeſt immer ſchöner — Dein Mann immer langweiliger, dümmer und häßlicher …! Schließlich mußte es kommen — und Du nahmſt Dir einen Liebhaber. Dieſer Liebhaber bin zufällig ich! Elſe. Zufällig … Du! Anatol. Ja, zufällig ich — denn, wäre ich nicht — ſo wäre eben ein Anderer da geweſen! — Du haſt Dich in Deiner Ehe unglücklich gefühlt oder nicht glücklich genug — und wollteſt geliebt ſein. Du haſt ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_anatol_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_anatol_1893/119
Zitationshilfe: Schnitzler, Arthur: Anatol. Berlin, 1893, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_anatol_1893/119>, abgerufen am 21.11.2024.