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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

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Vorrede.
vor dem Throne Gottes niedergeleget
hat.
*

Ein jeder Dichter ist Schöpfer; **
nicht von Narrenspossen: nein! er ist wirk-
lich ein Schöpfer, unter dessen Hand aus
Nichts etwas wird; aus Unsinn Wörter;
aus Wörtern Räthsel. Jch bin also
Schöpfer: und so schaffe ich.

Jch habe mir eine Drechselbank machen
lassen. Da nehme ich nun einen noch un-
geformten Gedanken; spanne ihn ein; und
arbeite. Es soll ein Hexameter werden;
ich theile die Materie, das Unselbst, *** in
Füßen ein; die Splitter hebe ich auf; es
sind lauter einzelne Wörter, die setzet man
entweder am Ende hintern Punct; oder
willst du es lieber? vor einen Punct: alles
nach Bequemlichkeit. Da ich nun wenig
dabey denke, so ist es kein Wunder, wenn
mir hier und da etwas arabisches, chinesi-

sches
* Siehe Nicolai Sammlung Hrn. Patzke.
** Ein Lieblingswort der Herren Maler.
*** Siehe Hallern.

Vorrede.
vor dem Throne Gottes niedergeleget
hat.
*

Ein jeder Dichter iſt Schoͤpfer; **
nicht von Narrenspoſſen: nein! er iſt wirk-
lich ein Schoͤpfer, unter deſſen Hand aus
Nichts etwas wird; aus Unſinn Woͤrter;
aus Woͤrtern Raͤthſel. Jch bin alſo
Schoͤpfer: und ſo ſchaffe ich.

Jch habe mir eine Drechſelbank machen
laſſen. Da nehme ich nun einen noch un-
geformten Gedanken; ſpanne ihn ein; und
arbeite. Es ſoll ein Hexameter werden;
ich theile die Materie, das Unſelbſt, *** in
Fuͤßen ein; die Splitter hebe ich auf; es
ſind lauter einzelne Woͤrter, die ſetzet man
entweder am Ende hintern Punct; oder
willſt du es lieber? vor einen Punct: alles
nach Bequemlichkeit. Da ich nun wenig
dabey denke, ſo iſt es kein Wunder, wenn
mir hier und da etwas arabiſches, chineſi-

ſches
* Siehe Nicolai Sammlung Hrn. Patzke.
** Ein Lieblingswort der Herren Maler.
*** Siehe Hallern.
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[0017] Vorrede. vor dem Throne Gottes niedergeleget hat. * Ein jeder Dichter iſt Schoͤpfer; ** nicht von Narrenspoſſen: nein! er iſt wirk- lich ein Schoͤpfer, unter deſſen Hand aus Nichts etwas wird; aus Unſinn Woͤrter; aus Woͤrtern Raͤthſel. Jch bin alſo Schoͤpfer: und ſo ſchaffe ich. Jch habe mir eine Drechſelbank machen laſſen. Da nehme ich nun einen noch un- geformten Gedanken; ſpanne ihn ein; und arbeite. Es ſoll ein Hexameter werden; ich theile die Materie, das Unſelbſt, *** in Fuͤßen ein; die Splitter hebe ich auf; es ſind lauter einzelne Woͤrter, die ſetzet man entweder am Ende hintern Punct; oder willſt du es lieber? vor einen Punct: alles nach Bequemlichkeit. Da ich nun wenig dabey denke, ſo iſt es kein Wunder, wenn mir hier und da etwas arabiſches, chineſi- ſches * Siehe Nicolai Sammlung Hrn. Patzke. ** Ein Lieblingswort der Herren Maler. *** Siehe Hallern.

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Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/17>, abgerufen am 23.11.2024.