Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite
Fu
"Wenn die Seele im Kuß, und der Gedank
"in der Umarmung spricht: Freund!
dann
"fodre kein zärtliches Wort. Thränend führst
"du deine Seele in die meinige, und ich empfin-
"de, wie du. Freund! (das hat gefallen,)
"thränend führst du deine edle Seele in die mei-
"nige, und ich empfinde, wie du. Körper!
"bewege dich in bangem melancholischem Zittern!
"Gedanken zwoer schwermüthig entzückter See-
"len sind dir im geheiligten Dunkel nahe. Zwo
"Seelen, beyde ein Tempel Gottes! etc. Nun
"weine voll Beschämung! Erlöser! ewige Er-
"barmung! etc. Zwischen zweenen Engeln senk-
"test du dich, durch den Sturm meiner Brust,
"und er würde ruhig." Samml. Nicol. 66 S.

Senkte er sich lieber zwischen zwoen Myriaden!
Jst das nicht herzbrechend? Kann man nicht aus
Frömmigkeit ein Tremulant werden? Wir nen-
nen diese Figur das Zittern; oder den Tremu-
lanten schlagen.

Funkeln.

Auch Redner müssen funkeln; wir tau-
fen daher dieses Blümchen, und es heißt: der
Karfunkelstein. Denn so wie wir aus den be-
liebtesten Dichtern unserer Zeiten das, was fun-
kelt,
heraussuchen, und unsern Lesern in die Au-
gen funkeln lassen: so muß man auch in einer
Rede, aus einer Menge funkelnder Tugenden, die-
jenigen hervorsuchen, durch die unser Held am
meisten funkelt. Samml. Nicol. 9 S.

Furche.

Ein Kunstwort der Pflugtreiber. Ein
bekannter Schriftsteller, der einem unserer größten

geist-
K 5
Fu
“Wenn die Seele im Kuß, und der Gedank
“in der Umarmung ſpricht: Freund!
dann
“fodre kein zaͤrtliches Wort. Thraͤnend fuͤhrſt
“du deine Seele in die meinige, und ich empfin-
“de, wie du. Freund! (das hat gefallen,)
thraͤnend fuͤhrſt du deine edle Seele in die mei-
“nige, und ich empfinde, wie du. Koͤrper!
“bewege dich in bangem melancholiſchem Zittern!
“Gedanken zwoer ſchwermuͤthig entzuͤckter See-
“len ſind dir im geheiligten Dunkel nahe. Zwo
“Seelen, beyde ein Tempel Gottes! ꝛc. Nun
“weine voll Beſchaͤmung! Erloͤſer! ewige Er-
“barmung! ꝛc. Zwiſchen zweenen Engeln ſenk-
“teſt du dich, durch den Sturm meiner Bruſt,
“und er wuͤrde ruhig.” Samml. Nicol. 66 S.

Senkte er ſich lieber zwiſchen zwoen Myriaden!
Jſt das nicht herzbrechend? Kann man nicht aus
Froͤmmigkeit ein Tremulant werden? Wir nen-
nen dieſe Figur das Zittern; oder den Tremu-
lanten ſchlagen.

Funkeln.

Auch Redner muͤſſen funkeln; wir tau-
fen daher dieſes Bluͤmchen, und es heißt: der
Karfunkelſtein. Denn ſo wie wir aus den be-
liebteſten Dichtern unſerer Zeiten das, was fun-
kelt,
herausſuchen, und unſern Leſern in die Au-
gen funkeln laſſen: ſo muß man auch in einer
Rede, aus einer Menge funkelnder Tugenden, die-
jenigen hervorſuchen, durch die unſer Held am
meiſten funkelt. Samml. Nicol. 9 S.

Furche.

Ein Kunſtwort der Pflugtreiber. Ein
bekannter Schriftſteller, der einem unſerer groͤßten

geiſt-
K 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0179" n="153"/>
            <fw place="top" type="header">Fu</fw><lb/>
            <cit>
              <quote>&#x201C;Wenn die <hi rendition="#fr">Seele im Kuß,</hi> und <hi rendition="#fr">der Gedank<lb/>
&#x201C;in der Umarmung &#x017F;pricht: Freund!</hi> dann<lb/>
&#x201C;fodre kein za&#x0364;rtliches Wort. Thra&#x0364;nend <hi rendition="#fr">fu&#x0364;hr&#x017F;t</hi><lb/>
&#x201C;du deine Seele <hi rendition="#fr">in die meinige,</hi> und ich empfin-<lb/>
&#x201C;de, wie du. <hi rendition="#fr">Freund!</hi> (das hat gefallen,)<lb/>
&#x201C;<hi rendition="#fr">thra&#x0364;nend fu&#x0364;hr&#x017F;t</hi> du deine edle Seele in die mei-<lb/>
&#x201C;nige, und ich empfinde, wie du. Ko&#x0364;rper!<lb/>
&#x201C;bewege dich in bangem melancholi&#x017F;chem Zittern!<lb/>
&#x201C;Gedanken zwoer &#x017F;chwermu&#x0364;thig entzu&#x0364;ckter See-<lb/>
&#x201C;len &#x017F;ind dir im <hi rendition="#fr">geheiligten Dunkel</hi> nahe. Zwo<lb/>
&#x201C;Seelen, beyde ein Tempel Gottes! &#xA75B;c. Nun<lb/>
&#x201C;weine voll Be&#x017F;cha&#x0364;mung! Erlo&#x0364;&#x017F;er! ewige Er-<lb/>
&#x201C;barmung! &#xA75B;c. Zwi&#x017F;chen zweenen Engeln &#x017F;enk-<lb/>
&#x201C;te&#x017F;t du dich, durch den Sturm meiner Bru&#x017F;t,<lb/>
&#x201C;und er wu&#x0364;rde ruhig.&#x201D; <hi rendition="#fr">Samml. Nicol. 66 S.</hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Senkte er &#x017F;ich lieber zwi&#x017F;chen <hi rendition="#fr">zwoen Myriaden!</hi><lb/>
J&#x017F;t das nicht herzbrechend? Kann man nicht aus<lb/>
Fro&#x0364;mmigkeit ein <hi rendition="#fr">Tremulant</hi> werden? Wir nen-<lb/>
nen die&#x017F;e Figur <hi rendition="#fr">das Zittern;</hi> oder <hi rendition="#fr">den Tremu-<lb/>
lanten &#x017F;chlagen.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Funkeln.</head>
            <p>Auch Redner mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">funkeln;</hi> wir tau-<lb/>
fen daher die&#x017F;es Blu&#x0364;mchen, und es heißt: der<lb/><hi rendition="#fr">Karfunkel&#x017F;tein.</hi> Denn &#x017F;o wie wir aus den be-<lb/>
liebte&#x017F;ten Dichtern un&#x017F;erer Zeiten das, was <hi rendition="#fr">fun-<lb/>
kelt,</hi> heraus&#x017F;uchen, und un&#x017F;ern Le&#x017F;ern in die Au-<lb/>
gen <hi rendition="#fr">funkeln</hi> la&#x017F;&#x017F;en: &#x017F;o muß man auch in einer<lb/>
Rede, aus einer Menge <hi rendition="#fr">funkelnder</hi> Tugenden, die-<lb/>
jenigen hervor&#x017F;uchen, durch die un&#x017F;er Held am<lb/>
mei&#x017F;ten <hi rendition="#fr">funkelt. Samml. Nicol. 9 S.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Furche.</head>
            <p>Ein <hi rendition="#fr">Kun&#x017F;twort der Pflugtreiber.</hi> Ein<lb/>
bekannter Schrift&#x017F;teller, der einem un&#x017F;erer gro&#x0364;ßten<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 5</fw><fw place="bottom" type="catch">gei&#x017F;t-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0179] Fu “Wenn die Seele im Kuß, und der Gedank “in der Umarmung ſpricht: Freund! dann “fodre kein zaͤrtliches Wort. Thraͤnend fuͤhrſt “du deine Seele in die meinige, und ich empfin- “de, wie du. Freund! (das hat gefallen,) “thraͤnend fuͤhrſt du deine edle Seele in die mei- “nige, und ich empfinde, wie du. Koͤrper! “bewege dich in bangem melancholiſchem Zittern! “Gedanken zwoer ſchwermuͤthig entzuͤckter See- “len ſind dir im geheiligten Dunkel nahe. Zwo “Seelen, beyde ein Tempel Gottes! ꝛc. Nun “weine voll Beſchaͤmung! Erloͤſer! ewige Er- “barmung! ꝛc. Zwiſchen zweenen Engeln ſenk- “teſt du dich, durch den Sturm meiner Bruſt, “und er wuͤrde ruhig.” Samml. Nicol. 66 S. Senkte er ſich lieber zwiſchen zwoen Myriaden! Jſt das nicht herzbrechend? Kann man nicht aus Froͤmmigkeit ein Tremulant werden? Wir nen- nen dieſe Figur das Zittern; oder den Tremu- lanten ſchlagen. Funkeln. Auch Redner muͤſſen funkeln; wir tau- fen daher dieſes Bluͤmchen, und es heißt: der Karfunkelſtein. Denn ſo wie wir aus den be- liebteſten Dichtern unſerer Zeiten das, was fun- kelt, herausſuchen, und unſern Leſern in die Au- gen funkeln laſſen: ſo muß man auch in einer Rede, aus einer Menge funkelnder Tugenden, die- jenigen hervorſuchen, durch die unſer Held am meiſten funkelt. Samml. Nicol. 9 S. Furche. Ein Kunſtwort der Pflugtreiber. Ein bekannter Schriftſteller, der einem unſerer groͤßten geiſt- K 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/179
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/179>, abgerufen am 21.11.2024.