Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

sehr seine Lustbarkeiten, die Riesenspiele ausge-
nommen, den Lustbarkeiten unserer Könige glei-
chen; man findet Narren, wie unsere Narren,
und wundert sich, daß der copernicanische Welt-
bau den nimrodischen Künstlern nicht unbekannt
gewesen. Ja man trifft Generale, Jngenieurs,
Lieutenante an, und lernet daraus alle franzö-
sische Kriegeswörter. Es ist zu hoffen, daß un-
sern Fähnrichen dieß Buch sehr brauchbar wer-
den wird, wenn diese Herren ausserm Morgen-
seegen und der Ecole des Filles nur etwas le-
sen werden.

5. haben wir den hallerischen Wirbel, der vor
funfzig Jahren unterm Namen des Lohensteini-
schen bekannt war. Alle, die witziger, als
Opitz, Kanitz, Günther, Gottsched,
Schwabe seyn wollen, werden von ihm herum-
geschleppet. Bald zerscheitern sie an einem Mit-
telworte; bald verschlinget sie ein Hellenismus,
der sie nach 24 Stunden wieder von sich speyet,
und in das Reich des Anarchen stürzet, wo ein
roher Stoff zu Gedanken ohne Aufhören stürmet
und schäumet. Dieser Wirbel tönet auf har-
monischen Sphären hoch hinüber in das Reich
der Natur und der gesunden Vernunft.

6. kommen wir in den größten aller Wirbel, in
den meßianischen Wirbel. Er reißt wie ein
Comet hindurch, und schleppet alle oben geschil-
derte Wirbel in seinem allmächtigem Schwan-
ze donnernd fort. Das Allerheiligste ist nicht vor
ihm sicher. Er fährt in den Abgrund, und drin-

get

ſehr ſeine Luſtbarkeiten, die Rieſenſpiele ausge-
nommen, den Luſtbarkeiten unſerer Koͤnige glei-
chen; man findet Narren, wie unſere Narren,
und wundert ſich, daß der copernicaniſche Welt-
bau den nimrodiſchen Kuͤnſtlern nicht unbekannt
geweſen. Ja man trifft Generale, Jngenieurs,
Lieutenante an, und lernet daraus alle franzoͤ-
ſiſche Kriegeswoͤrter. Es iſt zu hoffen, daß un-
ſern Faͤhnrichen dieß Buch ſehr brauchbar wer-
den wird, wenn dieſe Herren auſſerm Morgen-
ſeegen und der Ecole des Filles nur etwas le-
ſen werden.

5. haben wir den halleriſchen Wirbel, der vor
funfzig Jahren unterm Namen des Lohenſteini-
ſchen bekannt war. Alle, die witziger, als
Opitz, Kanitz, Guͤnther, Gottſched,
Schwabe ſeyn wollen, werden von ihm herum-
geſchleppet. Bald zerſcheitern ſie an einem Mit-
telworte; bald verſchlinget ſie ein Hellenismus,
der ſie nach 24 Stunden wieder von ſich ſpeyet,
und in das Reich des Anarchen ſtuͤrzet, wo ein
roher Stoff zu Gedanken ohne Aufhoͤren ſtuͤrmet
und ſchaͤumet. Dieſer Wirbel toͤnet auf har-
moniſchen Sphaͤren hoch hinuͤber in das Reich
der Natur und der geſunden Vernunft.

6. kommen wir in den groͤßten aller Wirbel, in
den meßianiſchen Wirbel. Er reißt wie ein
Comet hindurch, und ſchleppet alle oben geſchil-
derte Wirbel in ſeinem allmaͤchtigem Schwan-
ze donnernd fort. Das Allerheiligſte iſt nicht vor
ihm ſicher. Er faͤhrt in den Abgrund, und drin-

get

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <list>
              <item><pb facs="#f0192" n="166"/><fw place="top" type="header">Ge</fw><lb/>
&#x017F;ehr &#x017F;eine Lu&#x017F;tbarkeiten, die Rie&#x017F;en&#x017F;piele ausge-<lb/>
nommen, den Lu&#x017F;tbarkeiten un&#x017F;erer Ko&#x0364;nige glei-<lb/>
chen; man findet Narren, wie un&#x017F;ere Narren,<lb/>
und wundert &#x017F;ich, daß der <hi rendition="#fr">copernicani&#x017F;che</hi> Welt-<lb/>
bau den <hi rendition="#fr">nimrodi&#x017F;chen</hi> Ku&#x0364;n&#x017F;tlern nicht unbekannt<lb/>
gewe&#x017F;en. Ja man trifft <hi rendition="#fr">Generale, Jngenieurs,<lb/>
Lieutenante</hi> an, und lernet daraus alle <hi rendition="#fr">franzo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;che Kriegeswo&#x0364;rter.</hi> Es i&#x017F;t zu hoffen, daß un-<lb/>
&#x017F;ern <hi rendition="#fr">Fa&#x0364;hnrichen</hi> dieß Buch &#x017F;ehr brauchbar wer-<lb/>
den wird, wenn die&#x017F;e Herren au&#x017F;&#x017F;erm <hi rendition="#fr">Morgen-<lb/>
&#x017F;eegen</hi> und der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ecole des Filles</hi></hi> nur etwas le-<lb/>
&#x017F;en werden.</item><lb/>
              <item>5. haben wir den <hi rendition="#fr">halleri&#x017F;chen Wirbel,</hi> der vor<lb/>
funfzig Jahren unterm Namen des <hi rendition="#fr">Lohen&#x017F;teini-<lb/>
&#x017F;chen</hi> bekannt war. Alle, die witziger, als<lb/><hi rendition="#fr">Opitz, Kanitz, Gu&#x0364;nther, Gott&#x017F;ched,<lb/>
Schwabe</hi> &#x017F;eyn wollen, werden von ihm herum-<lb/>
ge&#x017F;chleppet. Bald zer&#x017F;cheitern &#x017F;ie an einem <hi rendition="#fr">Mit-<lb/>
telworte;</hi> bald ver&#x017F;chlinget &#x017F;ie ein <hi rendition="#fr">Hellenismus,</hi><lb/>
der &#x017F;ie nach 24 Stunden wieder von &#x017F;ich &#x017F;peyet,<lb/>
und in das <hi rendition="#fr">Reich</hi> des <hi rendition="#fr">Anarchen</hi> &#x017F;tu&#x0364;rzet, wo ein<lb/>
roher Stoff zu Gedanken ohne Aufho&#x0364;ren &#x017F;tu&#x0364;rmet<lb/>
und &#x017F;cha&#x0364;umet. Die&#x017F;er <hi rendition="#fr">Wirbel to&#x0364;net auf har-<lb/>
moni&#x017F;chen Spha&#x0364;ren hoch hinu&#x0364;ber</hi> in das Reich<lb/>
der Natur und der ge&#x017F;unden Vernunft.</item><lb/>
              <item>6. kommen wir in den gro&#x0364;ßten aller <hi rendition="#fr">Wirbel,</hi> in<lb/>
den <hi rendition="#fr">meßiani&#x017F;chen Wirbel.</hi> Er reißt wie ein<lb/><hi rendition="#fr">Comet</hi> hindurch, und &#x017F;chleppet alle oben ge&#x017F;chil-<lb/>
derte <hi rendition="#fr">Wirbel</hi> in &#x017F;einem <hi rendition="#fr">allma&#x0364;chtigem Schwan-<lb/>
ze donnernd</hi> fort. Das Allerheilig&#x017F;te i&#x017F;t nicht vor<lb/>
ihm &#x017F;icher. Er fa&#x0364;hrt in den Abgrund, und drin-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">get</fw><lb/></item>
            </list>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[166/0192] Ge ſehr ſeine Luſtbarkeiten, die Rieſenſpiele ausge- nommen, den Luſtbarkeiten unſerer Koͤnige glei- chen; man findet Narren, wie unſere Narren, und wundert ſich, daß der copernicaniſche Welt- bau den nimrodiſchen Kuͤnſtlern nicht unbekannt geweſen. Ja man trifft Generale, Jngenieurs, Lieutenante an, und lernet daraus alle franzoͤ- ſiſche Kriegeswoͤrter. Es iſt zu hoffen, daß un- ſern Faͤhnrichen dieß Buch ſehr brauchbar wer- den wird, wenn dieſe Herren auſſerm Morgen- ſeegen und der Ecole des Filles nur etwas le- ſen werden. 5. haben wir den halleriſchen Wirbel, der vor funfzig Jahren unterm Namen des Lohenſteini- ſchen bekannt war. Alle, die witziger, als Opitz, Kanitz, Guͤnther, Gottſched, Schwabe ſeyn wollen, werden von ihm herum- geſchleppet. Bald zerſcheitern ſie an einem Mit- telworte; bald verſchlinget ſie ein Hellenismus, der ſie nach 24 Stunden wieder von ſich ſpeyet, und in das Reich des Anarchen ſtuͤrzet, wo ein roher Stoff zu Gedanken ohne Aufhoͤren ſtuͤrmet und ſchaͤumet. Dieſer Wirbel toͤnet auf har- moniſchen Sphaͤren hoch hinuͤber in das Reich der Natur und der geſunden Vernunft. 6. kommen wir in den groͤßten aller Wirbel, in den meßianiſchen Wirbel. Er reißt wie ein Comet hindurch, und ſchleppet alle oben geſchil- derte Wirbel in ſeinem allmaͤchtigem Schwan- ze donnernd fort. Das Allerheiligſte iſt nicht vor ihm ſicher. Er faͤhrt in den Abgrund, und drin- get

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): CC BY-SA 4.0.
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/192
Zitationshilfe:	Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/192>, abgerufen am 21.11.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.