Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
Waren aber ursprünglich die runden und
eckichten Lettern nicht Geschwister? Druck-
te man nicht lateinisch und deutsch mit ei-
nerley Buchstaben? Waren nicht beyde
Erfindungen der Mönche? Was, dachte
ich, sollte ich mich mit einem Vorzuge breit
machen, der lediglich von einem ungelehr-
ten Buchdrucker den eckichten gegeben wor-
den? Jch überließ es also meines Verle-
gers Belieben. Denn wie leicht kann man
noch weiter gehen? und wie schön würde
sich nicht deutsch mit ebräischen Buch-
staben lesen lassen?

Man wird nicht böse seyn, daß ich mich
meistens des Lobes bediene, wenn ich der
Quellen erwähne, die ich kröne. Jch bin
sehr empfindlich, und es verdreußt mich
sehr, wenn man mich nicht lobet. Jch lo-
be also, um wieder gelobet zu werden, und
thue es, wenn mir was eingeschicket wird,
auch sonder Entgeld. Ja, wer mir das
längste Wort sendet, daraus sich ein
Hexameter zimmern läßt: dem verspre-

che

Vorrede.
Waren aber urſpruͤnglich die runden und
eckichten Lettern nicht Geſchwiſter? Druck-
te man nicht lateiniſch und deutſch mit ei-
nerley Buchſtaben? Waren nicht beyde
Erfindungen der Moͤnche? Was, dachte
ich, ſollte ich mich mit einem Vorzuge breit
machen, der lediglich von einem ungelehr-
ten Buchdrucker den eckichten gegeben wor-
den? Jch uͤberließ es alſo meines Verle-
gers Belieben. Denn wie leicht kann man
noch weiter gehen? und wie ſchoͤn wuͤrde
ſich nicht deutſch mit ebraͤiſchen Buch-
ſtaben leſen laſſen?

Man wird nicht boͤſe ſeyn, daß ich mich
meiſtens des Lobes bediene, wenn ich der
Quellen erwaͤhne, die ich kroͤne. Jch bin
ſehr empfindlich, und es verdreußt mich
ſehr, wenn man mich nicht lobet. Jch lo-
be alſo, um wieder gelobet zu werden, und
thue es, wenn mir was eingeſchicket wird,
auch ſonder Entgeld. Ja, wer mir das
laͤngſte Wort ſendet, daraus ſich ein
Hexameter zimmern laͤßt: dem verſpre-

che
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0022"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
Waren aber ur&#x017F;pru&#x0364;nglich die runden und<lb/>
eckichten Lettern nicht Ge&#x017F;chwi&#x017F;ter? Druck-<lb/>
te man nicht lateini&#x017F;ch und deut&#x017F;ch mit ei-<lb/>
nerley Buch&#x017F;taben? Waren nicht beyde<lb/>
Erfindungen der Mo&#x0364;nche? Was, dachte<lb/>
ich, &#x017F;ollte ich mich mit einem Vorzuge breit<lb/>
machen, der lediglich von einem ungelehr-<lb/>
ten Buchdrucker den eckichten gegeben wor-<lb/>
den? Jch u&#x0364;berließ es al&#x017F;o meines Verle-<lb/>
gers Belieben. Denn wie leicht kann man<lb/>
noch weiter gehen? und <hi rendition="#fr">wie &#x017F;cho&#x0364;n wu&#x0364;rde<lb/>
&#x017F;ich nicht deut&#x017F;ch mit ebra&#x0364;i&#x017F;chen Buch-<lb/>
&#x017F;taben le&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en?</hi></p><lb/>
        <p>Man wird nicht bo&#x0364;&#x017F;e &#x017F;eyn, daß ich mich<lb/>
mei&#x017F;tens des Lobes bediene, wenn ich der<lb/>
Quellen erwa&#x0364;hne, die ich kro&#x0364;ne. Jch bin<lb/>
&#x017F;ehr empfindlich, und es verdreußt mich<lb/>
&#x017F;ehr, wenn man mich nicht lobet. Jch lo-<lb/>
be al&#x017F;o, um wieder gelobet zu werden, und<lb/>
thue es, wenn mir was einge&#x017F;chicket wird,<lb/>
auch &#x017F;onder Entgeld. <hi rendition="#fr">Ja, wer mir das<lb/>
la&#x0364;ng&#x017F;te Wort &#x017F;endet, daraus &#x017F;ich ein<lb/>
Hexameter zimmern la&#x0364;ßt: dem ver&#x017F;pre-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">che</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0022] Vorrede. Waren aber urſpruͤnglich die runden und eckichten Lettern nicht Geſchwiſter? Druck- te man nicht lateiniſch und deutſch mit ei- nerley Buchſtaben? Waren nicht beyde Erfindungen der Moͤnche? Was, dachte ich, ſollte ich mich mit einem Vorzuge breit machen, der lediglich von einem ungelehr- ten Buchdrucker den eckichten gegeben wor- den? Jch uͤberließ es alſo meines Verle- gers Belieben. Denn wie leicht kann man noch weiter gehen? und wie ſchoͤn wuͤrde ſich nicht deutſch mit ebraͤiſchen Buch- ſtaben leſen laſſen? Man wird nicht boͤſe ſeyn, daß ich mich meiſtens des Lobes bediene, wenn ich der Quellen erwaͤhne, die ich kroͤne. Jch bin ſehr empfindlich, und es verdreußt mich ſehr, wenn man mich nicht lobet. Jch lo- be alſo, um wieder gelobet zu werden, und thue es, wenn mir was eingeſchicket wird, auch ſonder Entgeld. Ja, wer mir das laͤngſte Wort ſendet, daraus ſich ein Hexameter zimmern laͤßt: dem verſpre- che

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/22
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/22>, abgerufen am 21.11.2024.