Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite
Me
Meandrisch,

welches, wie ein Sohn den Vater
nach den Rechten vorstellet, jederzeit den Mäan-
der
selbst vertritt. So sagen wir rheinisch;
werden aber auch nun sagen, lindinatisch, lup-
pisch, barisch, oderisch:
denn ein Fluß ist so
gut, wie der andere.

Meer.

Es ist an dem, daß Wellen nicht Berge
sind; allein sie werfen sich doch im Sturme so
hoch auf als Berge: ein gebirgichtes Meer
ist also ein wallendes Meer: so wirft der Kaf-
fee
auch Berge; so sagen wir auch ein gebir-
gichter Kaffee:
denn er wirft auch Wellen,
wann er kochet; die ja in ihrem Weltchen gegen
ein stillstehendes Wasser auch Berge sind.

"Also siehet ein gefürchteter Fels vom hohen
Olympus
"Jn das gebirgichte Meer auf schwimmende
Leichname nieder!
"Aber bald wird ihn der Donner fassen; bald
wird er zertrümmert
"Tief im Meer ein Thal seyn, und liegen;
ihn werden die Jnseln
"Fallen sehn, und ringsum dem rächenden
Donner zujauchzen.
St. Kl. in s. Offenb. 98 S.

Sollte wohl die Muse von Sinai vom Olympus
singen? Jst ein gefürchteter Fels nicht ein fürch-
terlicher? Liegt der Olympus am Meere? War-
um soll ihn denn der Donner greifen? Was ist
das für eine Prophezeyung? Kann ein Berg ein
Thal seyn?
Das hieß vormals ein Widerspruch!

Warum
T 2
Me
Meandriſch,

welches, wie ein Sohn den Vater
nach den Rechten vorſtellet, jederzeit den Maͤan-
der
ſelbſt vertritt. So ſagen wir rheiniſch;
werden aber auch nun ſagen, lindinatiſch, lup-
piſch, bariſch, oderiſch:
denn ein Fluß iſt ſo
gut, wie der andere.

Meer.

Es iſt an dem, daß Wellen nicht Berge
ſind; allein ſie werfen ſich doch im Sturme ſo
hoch auf als Berge: ein gebirgichtes Meer
iſt alſo ein wallendes Meer: ſo wirft der Kaf-
fee
auch Berge; ſo ſagen wir auch ein gebir-
gichter Kaffee:
denn er wirft auch Wellen,
wann er kochet; die ja in ihrem Weltchen gegen
ein ſtillſtehendes Waſſer auch Berge ſind.

“Alſo ſiehet ein gefuͤrchteter Fels vom hohen
Olympus
“Jn das gebirgichte Meer auf ſchwimmende
Leichname nieder!
“Aber bald wird ihn der Donner faſſen; bald
wird er zertruͤmmert
Tief im Meer ein Thal ſeyn, und liegen;
ihn werden die Jnſeln
“Fallen ſehn, und ringsum dem raͤchenden
Donner zujauchzen.
St. Kl. in ſ. Offenb. 98 S.

Sollte wohl die Muſe von Sinai vom Olympus
ſingen? Jſt ein gefuͤrchteter Fels nicht ein fuͤrch-
terlicher? Liegt der Olympus am Meere? War-
um ſoll ihn denn der Donner greifen? Was iſt
das fuͤr eine Prophezeyung? Kann ein Berg ein
Thal ſeyn?
Das hieß vormals ein Widerſpruch!

Warum
T 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0317" n="291"/>
          <fw place="top" type="header">Me</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Meandri&#x017F;ch,</hi> </head>
            <p>welches, wie ein Sohn den Vater<lb/>
nach den Rechten vor&#x017F;tellet, jederzeit den <hi rendition="#fr">Ma&#x0364;an-<lb/>
der</hi> &#x017F;elb&#x017F;t vertritt. So &#x017F;agen wir <hi rendition="#fr">rheini&#x017F;ch;</hi><lb/>
werden aber auch nun &#x017F;agen, <hi rendition="#fr">lindinati&#x017F;ch, lup-<lb/>
pi&#x017F;ch, bari&#x017F;ch, oderi&#x017F;ch:</hi> denn ein Fluß i&#x017F;t &#x017F;o<lb/>
gut, wie der andere.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Meer.</head>
            <p>Es i&#x017F;t an dem, daß <hi rendition="#fr">Wellen</hi> nicht <hi rendition="#fr">Berge</hi><lb/>
&#x017F;ind; allein &#x017F;ie <hi rendition="#fr">werfen</hi> &#x017F;ich doch im <hi rendition="#fr">Sturme</hi> &#x017F;o<lb/><hi rendition="#fr">hoch</hi> auf als <hi rendition="#fr">Berge: ein gebirgichtes Meer</hi><lb/>
i&#x017F;t al&#x017F;o ein <hi rendition="#fr">wallendes Meer:</hi> &#x017F;o wirft der <hi rendition="#fr">Kaf-<lb/>
fee</hi> auch <hi rendition="#fr">Berge;</hi> &#x017F;o &#x017F;agen wir auch ein <hi rendition="#fr">gebir-<lb/>
gichter Kaffee:</hi> denn er wirft auch <hi rendition="#fr">Wellen,</hi><lb/>
wann er kochet; die ja in ihrem <hi rendition="#fr">Weltchen</hi> gegen<lb/>
ein &#x017F;till&#x017F;tehendes Wa&#x017F;&#x017F;er auch <hi rendition="#fr">Berge</hi> &#x017F;ind.</p><lb/>
            <cit>
              <quote>&#x201C;Al&#x017F;o &#x017F;iehet ein <hi rendition="#fr">gefu&#x0364;rchteter Fels</hi> vom hohen<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Olympus</hi></hi><lb/>
&#x201C;Jn das <hi rendition="#fr">gebirgichte Meer</hi> auf &#x017F;chwimmende<lb/><hi rendition="#et">Leichname nieder!</hi><lb/>
&#x201C;Aber bald wird ihn der Donner <hi rendition="#fr">fa&#x017F;&#x017F;en;</hi> bald<lb/><hi rendition="#et">wird er zertru&#x0364;mmert</hi><lb/>
&#x201C;<hi rendition="#fr">Tief im Meer ein Thal &#x017F;eyn,</hi> und liegen;<lb/><hi rendition="#et">ihn werden die <hi rendition="#fr">Jn&#x017F;eln</hi></hi><lb/>
&#x201C;Fallen &#x017F;ehn, und ringsum dem ra&#x0364;chenden<lb/><hi rendition="#et">Donner <hi rendition="#fr">zujauchzen.<lb/>
St. Kl. in &#x017F;. Offenb. 98 S.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Sollte wohl die Mu&#x017F;e von <hi rendition="#fr">Sinai</hi> vom <hi rendition="#fr">Olympus</hi><lb/>
&#x017F;ingen? J&#x017F;t ein <hi rendition="#fr">gefu&#x0364;rchteter</hi> Fels nicht ein fu&#x0364;rch-<lb/>
terlicher? Liegt der <hi rendition="#fr">Olympus</hi> am Meere? War-<lb/>
um &#x017F;oll ihn denn der <hi rendition="#fr">Donner greifen?</hi> Was i&#x017F;t<lb/>
das fu&#x0364;r eine Prophezeyung? <hi rendition="#fr">Kann ein Berg ein<lb/>
Thal &#x017F;eyn?</hi> Das hieß vormals ein Wider&#x017F;pruch!<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Warum</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[291/0317] Me Meandriſch, welches, wie ein Sohn den Vater nach den Rechten vorſtellet, jederzeit den Maͤan- der ſelbſt vertritt. So ſagen wir rheiniſch; werden aber auch nun ſagen, lindinatiſch, lup- piſch, bariſch, oderiſch: denn ein Fluß iſt ſo gut, wie der andere. Meer. Es iſt an dem, daß Wellen nicht Berge ſind; allein ſie werfen ſich doch im Sturme ſo hoch auf als Berge: ein gebirgichtes Meer iſt alſo ein wallendes Meer: ſo wirft der Kaf- fee auch Berge; ſo ſagen wir auch ein gebir- gichter Kaffee: denn er wirft auch Wellen, wann er kochet; die ja in ihrem Weltchen gegen ein ſtillſtehendes Waſſer auch Berge ſind. “Alſo ſiehet ein gefuͤrchteter Fels vom hohen Olympus “Jn das gebirgichte Meer auf ſchwimmende Leichname nieder! “Aber bald wird ihn der Donner faſſen; bald wird er zertruͤmmert “Tief im Meer ein Thal ſeyn, und liegen; ihn werden die Jnſeln “Fallen ſehn, und ringsum dem raͤchenden Donner zujauchzen. St. Kl. in ſ. Offenb. 98 S. Sollte wohl die Muſe von Sinai vom Olympus ſingen? Jſt ein gefuͤrchteter Fels nicht ein fuͤrch- terlicher? Liegt der Olympus am Meere? War- um ſoll ihn denn der Donner greifen? Was iſt das fuͤr eine Prophezeyung? Kann ein Berg ein Thal ſeyn? Das hieß vormals ein Widerſpruch! Warum T 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/317
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/317>, abgerufen am 22.11.2024.