"Empfäng ein kühner Hahn, was Rednern oft gebricht, "Mundwissenschaft und Witz: wie bündig spräch er nicht.
Zernitz 153 S.
Er hat sie empfangen, die Mundwissenschaft: denn streut ihm nur brav Futter; er wird schon fressen. Ach! lerneten doch unsere Dichter eher conjungiren und decliniren, ehe sie Verse mach- ten; denn oft sind sie sehr gelehrt; sie wissen al- les, nur die Grammatik nicht: aber auch ohne die kann man gelehrt seyn. VideanturHaller, Bodmer, Klopstock, Naumann u. a.
Murmelungen a. St. Murmeln.
Jst das nicht ungemein?
"Murmelungen von o! Weh! - - "Vom schönen Thurm - - Gott sey uns gnä- dig! - - Brem. Ged. 126 S.
Jst das nicht eine schöne Murmelung? Gott sey uns gnädig! Gott sey uns gnädig, wofern der Dichter diese Ode zu einem Gewitter gemacht hätte, daß er es nicht gethan, bittet er a. d. 118 S. um Vergebung. Man horche! denn auch horchen ist besser, als hören. "Man wird bey "diesem Gedichte nicht eben glauben, daß ich es "im Ganzen, als eine Copie von einem Originale "der Wirklichkeit, verfertiget habe." Frey- lich! ach! nein! Wir nehmen es nicht übel! denn es wäre ein gedrucktes Ungewitter gewor- den: es prasselt so genug darinnen!
Muße einem geben,
d. h. einem ein Gnadengeld von 400 Thl. geben, daß man Muße genug
habe,
Mu
“Empfaͤng ein kuͤhner Hahn, was Rednern oft gebricht, “Mundwiſſenſchaft und Witz: wie buͤndig ſpraͤch er nicht.
Zernitz 153 S.
Er hat ſie empfangen, die Mundwiſſenſchaft: denn ſtreut ihm nur brav Futter; er wird ſchon freſſen. Ach! lerneten doch unſere Dichter eher conjungiren und decliniren, ehe ſie Verſe mach- ten; denn oft ſind ſie ſehr gelehrt; ſie wiſſen al- les, nur die Grammatik nicht: aber auch ohne die kann man gelehrt ſeyn. VideanturHaller, Bodmer, Klopſtock, Naumann u. a.
Murmelungen a. St. Murmeln.
Jſt das nicht ungemein?
“Murmelungen von o! Weh! - - “Vom ſchoͤnen Thurm - - Gott ſey uns gnaͤ- dig! - - Brem. Ged. 126 S.
Jſt das nicht eine ſchoͤne Murmelung? Gott ſey uns gnaͤdig! Gott ſey uns gnaͤdig, wofern der Dichter dieſe Ode zu einem Gewitter gemacht haͤtte, daß er es nicht gethan, bittet er a. d. 118 S. um Vergebung. Man horche! denn auch horchen iſt beſſer, als hoͤren. “Man wird bey “dieſem Gedichte nicht eben glauben, daß ich es “im Ganzen, als eine Copie von einem Originale “der Wirklichkeit, verfertiget habe.” Frey- lich! ach! nein! Wir nehmen es nicht uͤbel! denn es waͤre ein gedrucktes Ungewitter gewor- den: es praſſelt ſo genug darinnen!
Muße einem geben,
d. h. einem ein Gnadengeld von 400 Thl. geben, daß man Muße genug
habe,
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Mu
“Empfaͤng ein kuͤhner Hahn, was Rednern oft
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“Mundwiſſenſchaft und Witz: wie buͤndig
ſpraͤch er nicht.
Zernitz 153 S.
Er hat ſie empfangen, die Mundwiſſenſchaft:
denn ſtreut ihm nur brav Futter; er wird ſchon
freſſen. Ach! lerneten doch unſere Dichter eher
conjungiren und decliniren, ehe ſie Verſe mach-
ten; denn oft ſind ſie ſehr gelehrt; ſie wiſſen al-
les, nur die Grammatik nicht: aber auch ohne
die kann man gelehrt ſeyn. Videantur Haller,
Bodmer, Klopſtock, Naumann u. a.
Murmelungen a. St. Murmeln. Jſt das nicht
ungemein?
“Murmelungen von o! Weh! - -
“Vom ſchoͤnen Thurm - - Gott ſey uns gnaͤ-
dig! - - Brem. Ged. 126 S.
Jſt das nicht eine ſchoͤne Murmelung? Gott
ſey uns gnaͤdig! Gott ſey uns gnaͤdig, wofern
der Dichter dieſe Ode zu einem Gewitter gemacht
haͤtte, daß er es nicht gethan, bittet er a. d. 118
S. um Vergebung. Man horche! denn auch
horchen iſt beſſer, als hoͤren. “Man wird bey
“dieſem Gedichte nicht eben glauben, daß ich es
“im Ganzen, als eine Copie von einem Originale
“der Wirklichkeit, verfertiget habe.” Frey-
lich! ach! nein! Wir nehmen es nicht uͤbel!
denn es waͤre ein gedrucktes Ungewitter gewor-
den: es praſſelt ſo genug darinnen!
Muße einem geben, d. h. einem ein Gnadengeld
von 400 Thl. geben, daß man Muße genug
habe,
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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/338>, abgerufen am 22.11.2024.
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