Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite
Bi Bl
Bissen,

verschwiegene: giebts also auch redende?
Aber sie nagete mit verschwiegenen Bissen
di synde. Jac. u. Jos. 4 S.

Bissen des zärtlichen Mitleids: also beißt das
Mitleid?

Und wie nagte die Wehmuth des letzten übrigen
Mirza

Mir an meiner Brust mit Bissen des zärtlich-
sten Mitleids. Noah 38 S.

Der einfältige Sachs sagte nur: der übrige Kä-
se,
die übrige Butter; noch schöner sagt der wi-
tzige Schweizer:
mein übriger Bruder, mein
übriger Sohn: ein Sohn, den man zu viel,
oder übrig hat. Man wird oft zweydeutig: al-
lein, desto schöner!

Bitten.

Das Schicksal giebt uns vergebens
mehr, als was wir bitten.
Das ist niedrig!
so spricht die gesunde Vernunft; aber nicht der
Witz; und der machet doch einem Menschen mehr
Ehre, als jene. Denn so saget Haller, der Un-
sterbliche, 111 S. s. Ged.

Vergebens übertrifft das Schicksal unser Bit-
ten.
Blank.

Der blanke Nord! der rusterige West!
Jch freue mich; ja ich frohlocke recht, diesen so oft
bewunderten Vers meinem Büchelein einzuver-
leiben.

Sie sind im Wesen eins; nur an Gestalt ver-
schieden,
Weiß unterm blanken Nord, schwarz un-
term braunen Süden. Haller 43 S.
Blähen.
D 4
Bi Bl
Biſſen,

verſchwiegene: giebts alſo auch redende?
Aber ſie nagete mit verſchwiegenen Biſſen
di ſynde. Jac. u. Joſ. 4 S.

Biſſen des zaͤrtlichen Mitleids: alſo beißt das
Mitleid?

Und wie nagte die Wehmuth des letzten uͤbrigen
Mirza

Mir an meiner Bruſt mit Biſſen des zaͤrtlich-
ſten Mitleids. Noah 38 S.

Der einfaͤltige Sachs ſagte nur: der uͤbrige Kaͤ-
ſe,
die uͤbrige Butter; noch ſchoͤner ſagt der wi-
tzige Schweizer:
mein uͤbriger Bruder, mein
uͤbriger Sohn: ein Sohn, den man zu viel,
oder uͤbrig hat. Man wird oft zweydeutig: al-
lein, deſto ſchoͤner!

Bitten.

Das Schickſal giebt uns vergebens
mehr, als was wir bitten.
Das iſt niedrig!
ſo ſpricht die geſunde Vernunft; aber nicht der
Witz; und der machet doch einem Menſchen mehr
Ehre, als jene. Denn ſo ſaget Haller, der Un-
ſterbliche, 111 S. ſ. Ged.

Vergebens uͤbertrifft das Schickſal unſer Bit-
ten.
Blank.

Der blanke Nord! der ruſterige Weſt!
Jch freue mich; ja ich frohlocke recht, dieſen ſo oft
bewunderten Vers meinem Buͤchelein einzuver-
leiben.

Sie ſind im Weſen eins; nur an Geſtalt ver-
ſchieden,
Weiß unterm blanken Nord, ſchwarz un-
term braunen Suͤden. Haller 43 S.
Blaͤhen.
D 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0081" n="55"/>
          <fw place="top" type="header">Bi Bl</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Bi&#x017F;&#x017F;en</hi>,</hi> </head>
            <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ver&#x017F;chwiegene:</hi></hi> giebts al&#x017F;o auch <hi rendition="#fr">redende?</hi><lb/><hi rendition="#aq">Aber &#x017F;ie nagete mit <hi rendition="#i">ver&#x017F;chwiegenen Bi&#x017F;&#x017F;en</hi></hi><lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">di &#x017F;ynde.</hi><hi rendition="#fr">Jac. u. Jo&#x017F;. 4 S.</hi></hi></p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Bi&#x017F;&#x017F;en des za&#x0364;rtlichen Mitleids:</hi> al&#x017F;o <hi rendition="#fr">beißt das<lb/>
Mitleid?</hi></p><lb/>
            <cit>
              <quote>Und wie nagte die Wehmuth des letzten <hi rendition="#fr">u&#x0364;brigen<lb/><hi rendition="#et">Mirza</hi></hi><lb/>
Mir an meiner Bru&#x017F;t mit <hi rendition="#fr">Bi&#x017F;&#x017F;en des za&#x0364;rtlich-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ten Mitleids. Noah 38 S.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Der <hi rendition="#fr">einfa&#x0364;ltige Sachs</hi> &#x017F;agte nur: der <hi rendition="#fr">u&#x0364;brige Ka&#x0364;-<lb/>
&#x017F;e,</hi> die <hi rendition="#fr">u&#x0364;brige Butter;</hi> noch &#x017F;cho&#x0364;ner &#x017F;agt der <hi rendition="#fr">wi-<lb/>
tzige Schweizer:</hi> mein <hi rendition="#fr">u&#x0364;briger Bruder,</hi> mein<lb/><hi rendition="#fr">u&#x0364;briger Sohn: ein Sohn, den man zu viel,</hi><lb/>
oder <hi rendition="#fr">u&#x0364;brig hat.</hi> Man wird oft zweydeutig: al-<lb/>
lein, de&#x017F;to &#x017F;cho&#x0364;ner!</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Bitten.</head>
            <p><hi rendition="#fr">Das Schick&#x017F;al giebt uns vergebens<lb/>
mehr, als was wir bitten.</hi> Das i&#x017F;t niedrig!<lb/>
&#x017F;o &#x017F;pricht die ge&#x017F;unde Vernunft; aber nicht der<lb/>
Witz; und der machet doch einem Men&#x017F;chen mehr<lb/>
Ehre, als jene. Denn &#x017F;o &#x017F;aget <hi rendition="#fr">Haller, der Un-<lb/>
&#x017F;terbliche, 111 S. &#x017F;. Ged.</hi></p><lb/>
            <cit>
              <quote>Vergebens <hi rendition="#fr">u&#x0364;bertrifft</hi> das Schick&#x017F;al un&#x017F;er <hi rendition="#fr">Bit-<lb/><hi rendition="#et">ten.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Blank.</head>
            <p><hi rendition="#fr">Der blanke Nord!</hi> der <hi rendition="#fr">ru&#x017F;terige We&#x017F;t!</hi><lb/>
Jch freue mich; ja ich frohlocke recht, die&#x017F;en &#x017F;o oft<lb/>
bewunderten Vers meinem Bu&#x0364;chelein einzuver-<lb/>
leiben.</p><lb/>
            <cit>
              <quote>Sie &#x017F;ind im We&#x017F;en eins; nur an Ge&#x017F;talt ver-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chieden,</hi><lb/><hi rendition="#fr">Weiß unterm blanken Nord, &#x017F;chwarz un-<lb/><hi rendition="#et">term braunen Su&#x0364;den. Haller 43 S.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">D 4</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Bla&#x0364;hen.</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0081] Bi Bl Biſſen, verſchwiegene: giebts alſo auch redende? Aber ſie nagete mit verſchwiegenen Biſſen di ſynde. Jac. u. Joſ. 4 S. Biſſen des zaͤrtlichen Mitleids: alſo beißt das Mitleid? Und wie nagte die Wehmuth des letzten uͤbrigen Mirza Mir an meiner Bruſt mit Biſſen des zaͤrtlich- ſten Mitleids. Noah 38 S. Der einfaͤltige Sachs ſagte nur: der uͤbrige Kaͤ- ſe, die uͤbrige Butter; noch ſchoͤner ſagt der wi- tzige Schweizer: mein uͤbriger Bruder, mein uͤbriger Sohn: ein Sohn, den man zu viel, oder uͤbrig hat. Man wird oft zweydeutig: al- lein, deſto ſchoͤner! Bitten. Das Schickſal giebt uns vergebens mehr, als was wir bitten. Das iſt niedrig! ſo ſpricht die geſunde Vernunft; aber nicht der Witz; und der machet doch einem Menſchen mehr Ehre, als jene. Denn ſo ſaget Haller, der Un- ſterbliche, 111 S. ſ. Ged. Vergebens uͤbertrifft das Schickſal unſer Bit- ten. Blank. Der blanke Nord! der ruſterige Weſt! Jch freue mich; ja ich frohlocke recht, dieſen ſo oft bewunderten Vers meinem Buͤchelein einzuver- leiben. Sie ſind im Weſen eins; nur an Geſtalt ver- ſchieden, Weiß unterm blanken Nord, ſchwarz un- term braunen Suͤden. Haller 43 S. Blaͤhen. D 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/81
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/81>, abgerufen am 21.11.2024.