tiefe Wehmuth, doch weder Schmerz noch Angst ausdrückt und der wahrscheinlich, im Kontrast mit jenem getauften Neger, einen der alten tugendhaften Heiden darstellt, die, ohne eigentlich verdammt zu seyn, dennoch nach dem Glauben der katholischen Kirche, besonders dem damaligen, keinen Anspruch auf die Seeligkeit des Himmels machen können.
Zwischen hohen, dunkeln, zackigen Felsen; zu welchen die Flammen des tiefen Abgrundes, von dem wir im Vorgrunde nur den Eingang erblicken, hoch herauflodern, zeigt uns das linke Flügelbild alles denkbare Entsetzen, alle Verzweiflung, alle Qual, allen Jammer der linken Seite des Mittel- bildes, auf das fürchterlichste gesteigert. Noch wildere, entsetzlichere Teufel, die aber nie ins Widerwärtig-Scheußliche ausarten, treiben die armen Seelen den engen Felsensteig hinunter, zwischen Dampf, Flammen und Graus, dem Abgrund zu. Sie stürzen hinten über, sie fallen unter einander, über einander, klammern sich an, werden fortgeschleudert mit entsetzlicher Gewalt. Die Mannichfaltigkeit der Stellungen aller dieser
tiefe Wehmuth, doch weder Schmerz noch Angſt ausdrückt und der wahrſcheinlich, im Kontraſt mit jenem getauften Neger, einen der alten tugendhaften Heiden darſtellt, die, ohne eigentlich verdammt zu ſeyn, dennoch nach dem Glauben der katholiſchen Kirche, beſonders dem damaligen, keinen Anſpruch auf die Seeligkeit des Himmels machen können.
Zwiſchen hohen, dunkeln, zackigen Felſen; zu welchen die Flammen des tiefen Abgrundes, von dem wir im Vorgrunde nur den Eingang erblicken, hoch herauflodern, zeigt uns das linke Flügelbild alles denkbare Entſetzen, alle Verzweiflung, alle Qual, allen Jammer der linken Seite des Mittel- bildes, auf das fürchterlichſte geſteigert. Noch wildere, entſetzlichere Teufel, die aber nie ins Widerwärtig-Scheußliche ausarten, treiben die armen Seelen den engen Felſenſteig hinunter, zwiſchen Dampf, Flammen und Graus, dem Abgrund zu. Sie ſtürzen hinten über, ſie fallen unter einander, über einander, klammern ſich an, werden fortgeſchleudert mit entſetzlicher Gewalt. Die Mannichfaltigkeit der Stellungen aller dieſer
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tiefe Wehmuth, doch weder Schmerz noch Angſt
ausdrückt und der wahrſcheinlich, im Kontraſt mit
jenem getauften Neger, einen der alten tugendhaften
Heiden darſtellt, die, ohne eigentlich verdammt zu
ſeyn, dennoch nach dem Glauben der katholiſchen
Kirche, beſonders dem damaligen, keinen Anſpruch
auf die Seeligkeit des Himmels machen können.
Zwiſchen hohen, dunkeln, zackigen Felſen;
zu welchen die Flammen des tiefen Abgrundes, von
dem wir im Vorgrunde nur den Eingang erblicken,
hoch herauflodern, zeigt uns das linke Flügelbild
alles denkbare Entſetzen, alle Verzweiflung, alle
Qual, allen Jammer der linken Seite des Mittel-
bildes, auf das fürchterlichſte geſteigert. Noch
wildere, entſetzlichere Teufel, die aber nie ins
Widerwärtig-Scheußliche ausarten, treiben die
armen Seelen den engen Felſenſteig hinunter,
zwiſchen Dampf, Flammen und Graus, dem
Abgrund zu. Sie ſtürzen hinten über, ſie fallen
unter einander, über einander, klammern ſich an,
werden fortgeſchleudert mit entſetzlicher Gewalt.
Die Mannichfaltigkeit der Stellungen aller dieſer
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/102>, abgerufen am 24.11.2024.
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