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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

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Frömmigkeit harre. Abermals machten sich Alle auf
den Weg, den heiligen Vater in ihrer Mitte. Die
Alpen wurden wieder erstiegen, Basel erreicht, wo
ihre Schiffe sie erwarteten. Sie schifften sich ein,
sie erreichten Köln wieder, doch Alexander Severus
war indessen durch den Meuchelmörder Maximian
gefallen, dieser herrschte jezt, und eilte, von
seinen barbarischen Horden begleitet, der Christen-
schaar mit Tiegerwuth entgegen. Unter den Keulen-
schlägen, den Schwertern, den Pfeilen der Heiden,
auf dem Felde von Köln oder auch in den kalten
Wellen des Rheins starben Alle freudig unter Absin-
gung heiliger Psalmen den selbst erwählten Tod für
den Glauben; die Ritter, die Jungfrauen, ja der
heilige Vater selbst; die schöne Königstochter durch-
bohrte ein Pfeil von Maximian selbst gesendet.

So erzählt die Legende, deren glänzendste
Momente Hemling mit ächt poetischem Sinn ergriff,
um sie mit geübter Hand auf dem der Heldin dersel-
ben geweihten Heiligthume in vierzehn Gemälden
darzustellen. Sechs der größern sind, oben bogen-
artig abgerundet, auf den beiden langen Seiten des


Frömmigkeit harre. Abermals machten ſich Alle auf
den Weg, den heiligen Vater in ihrer Mitte. Die
Alpen wurden wieder erſtiegen, Baſel erreicht, wo
ihre Schiffe ſie erwarteten. Sie ſchifften ſich ein,
ſie erreichten Köln wieder, doch Alexander Severus
war indeſſen durch den Meuchelmörder Maximian
gefallen, dieſer herrſchte jezt, und eilte, von
ſeinen barbariſchen Horden begleitet, der Chriſten-
ſchaar mit Tiegerwuth entgegen. Unter den Keulen-
ſchlägen, den Schwertern, den Pfeilen der Heiden,
auf dem Felde von Köln oder auch in den kalten
Wellen des Rheins ſtarben Alle freudig unter Abſin-
gung heiliger Pſalmen den ſelbſt erwählten Tod für
den Glauben; die Ritter, die Jungfrauen, ja der
heilige Vater ſelbſt; die ſchöne Königstochter durch-
bohrte ein Pfeil von Maximian ſelbſt geſendet.

So erzählt die Legende, deren glänzendſte
Momente Hemling mit ächt poetiſchem Sinn ergriff,
um ſie mit geübter Hand auf dem der Heldin derſel-
ben geweihten Heiligthume in vierzehn Gemälden
darzuſtellen. Sechs der größern ſind, oben bogen-
artig abgerundet, auf den beiden langen Seiten des

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[160/0172] Frömmigkeit harre. Abermals machten ſich Alle auf den Weg, den heiligen Vater in ihrer Mitte. Die Alpen wurden wieder erſtiegen, Baſel erreicht, wo ihre Schiffe ſie erwarteten. Sie ſchifften ſich ein, ſie erreichten Köln wieder, doch Alexander Severus war indeſſen durch den Meuchelmörder Maximian gefallen, dieſer herrſchte jezt, und eilte, von ſeinen barbariſchen Horden begleitet, der Chriſten- ſchaar mit Tiegerwuth entgegen. Unter den Keulen- ſchlägen, den Schwertern, den Pfeilen der Heiden, auf dem Felde von Köln oder auch in den kalten Wellen des Rheins ſtarben Alle freudig unter Abſin- gung heiliger Pſalmen den ſelbſt erwählten Tod für den Glauben; die Ritter, die Jungfrauen, ja der heilige Vater ſelbſt; die ſchöne Königstochter durch- bohrte ein Pfeil von Maximian ſelbſt geſendet. So erzählt die Legende, deren glänzendſte Momente Hemling mit ächt poetiſchem Sinn ergriff, um ſie mit geübter Hand auf dem der Heldin derſel- ben geweihten Heiligthume in vierzehn Gemälden darzuſtellen. Sechs der größern ſind, oben bogen- artig abgerundet, auf den beiden langen Seiten des

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/172>, abgerufen am 30.11.2024.