Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite


schiffte; sie überließ sich ohne eigenmächtiges Lenken
dem Hauche des Himmels, gelangte so zuerst an
die holländische Küste, und schwamm dann weiter
den Rhein herauf bis Köln, dem damaligen römischen
Agrippinum. Alexander Severus herrschte damals
mit mildem Sinn gegen die Christen, und die
fromme Schaar fand deshalb in dieser römischen
Kolonie eine so freundliche Aufnahme, daß sie sich
am Ziele geglaubt hätte, wenn nicht ein zweites
Traumgesicht die Prinzessin nach Rom zu den Füßen
des heiligen Vaters gerufen hätte. Die Ritter und
Jungfrauen schifften sich dem zu Folge abermals
ein, und landeten bei Basel, von wo sie den weiten
beschwerlichen Weg über die Alpen zu Fuße an-
traten.

Freudig empfing sie in Rom der Nachfolger
Petri, -- Ciriakus nennt ihn die Legende, -- und
verkündete ihnen bald nach ihrer Ankunft, daß auch
ihn eine unmittelbar vom Himmel gesandte Offen-
barung berufen habe, der frommen Schaar sich an-
zuschließen, und sie zurück an den Rhein zu begleiten,
wo ihrer Aller die Märtyrer-Krone zum Lohne ihrer


ſchiffte; ſie überließ ſich ohne eigenmächtiges Lenken
dem Hauche des Himmels, gelangte ſo zuerſt an
die holländiſche Küſte, und ſchwamm dann weiter
den Rhein herauf bis Köln, dem damaligen römiſchen
Agrippinum. Alexander Severus herrſchte damals
mit mildem Sinn gegen die Chriſten, und die
fromme Schaar fand deshalb in dieſer römiſchen
Kolonie eine ſo freundliche Aufnahme, daß ſie ſich
am Ziele geglaubt hätte, wenn nicht ein zweites
Traumgeſicht die Prinzeſſin nach Rom zu den Füßen
des heiligen Vaters gerufen hätte. Die Ritter und
Jungfrauen ſchifften ſich dem zu Folge abermals
ein, und landeten bei Baſel, von wo ſie den weiten
beſchwerlichen Weg über die Alpen zu Fuße an-
traten.

Freudig empfing ſie in Rom der Nachfolger
Petri, — Ciriakus nennt ihn die Legende, — und
verkündete ihnen bald nach ihrer Ankunft, daß auch
ihn eine unmittelbar vom Himmel geſandte Offen-
barung berufen habe, der frommen Schaar ſich an-
zuſchließen, und ſie zurück an den Rhein zu begleiten,
wo ihrer Aller die Märtyrer-Krone zum Lohne ihrer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0171" n="159"/><lb/>
&#x017F;chiffte; &#x017F;ie überließ &#x017F;ich ohne eigenmächtiges Lenken<lb/>
dem Hauche des Himmels, gelangte &#x017F;o zuer&#x017F;t an<lb/>
die holländi&#x017F;che Kü&#x017F;te, und &#x017F;chwamm dann weiter<lb/>
den Rhein herauf bis Köln, dem damaligen römi&#x017F;chen<lb/>
Agrippinum. Alexander Severus herr&#x017F;chte damals<lb/>
mit mildem Sinn gegen die Chri&#x017F;ten, und die<lb/>
fromme Schaar fand deshalb in die&#x017F;er römi&#x017F;chen<lb/>
Kolonie eine &#x017F;o freundliche Aufnahme, daß &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
am Ziele geglaubt hätte, wenn nicht ein zweites<lb/>
Traumge&#x017F;icht die Prinze&#x017F;&#x017F;in nach Rom zu den Füßen<lb/>
des heiligen Vaters gerufen hätte. Die Ritter und<lb/>
Jungfrauen &#x017F;chifften &#x017F;ich dem zu Folge abermals<lb/>
ein, und landeten bei Ba&#x017F;el, von wo &#x017F;ie den weiten<lb/>
be&#x017F;chwerlichen Weg über die Alpen zu Fuße an-<lb/>
traten.</p><lb/>
        <p>Freudig empfing &#x017F;ie in Rom der Nachfolger<lb/>
Petri, &#x2014; Ciriakus nennt ihn die Legende, &#x2014; und<lb/>
verkündete ihnen bald nach ihrer Ankunft, daß auch<lb/>
ihn eine unmittelbar vom Himmel ge&#x017F;andte Offen-<lb/>
barung berufen habe, der frommen Schaar &#x017F;ich an-<lb/>
zu&#x017F;chließen, und &#x017F;ie zurück an den Rhein zu begleiten,<lb/>
wo ihrer Aller die Märtyrer-Krone zum Lohne ihrer<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0171] ſchiffte; ſie überließ ſich ohne eigenmächtiges Lenken dem Hauche des Himmels, gelangte ſo zuerſt an die holländiſche Küſte, und ſchwamm dann weiter den Rhein herauf bis Köln, dem damaligen römiſchen Agrippinum. Alexander Severus herrſchte damals mit mildem Sinn gegen die Chriſten, und die fromme Schaar fand deshalb in dieſer römiſchen Kolonie eine ſo freundliche Aufnahme, daß ſie ſich am Ziele geglaubt hätte, wenn nicht ein zweites Traumgeſicht die Prinzeſſin nach Rom zu den Füßen des heiligen Vaters gerufen hätte. Die Ritter und Jungfrauen ſchifften ſich dem zu Folge abermals ein, und landeten bei Baſel, von wo ſie den weiten beſchwerlichen Weg über die Alpen zu Fuße an- traten. Freudig empfing ſie in Rom der Nachfolger Petri, — Ciriakus nennt ihn die Legende, — und verkündete ihnen bald nach ihrer Ankunft, daß auch ihn eine unmittelbar vom Himmel geſandte Offen- barung berufen habe, der frommen Schaar ſich an- zuſchließen, und ſie zurück an den Rhein zu begleiten, wo ihrer Aller die Märtyrer-Krone zum Lohne ihrer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/171
Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/171>, abgerufen am 30.11.2024.