eine der Seitentafeln stellte den heiligen Johannes, die zweite die Tochter Herodes im Tanze dar, und obgleich das Ganze ebenfalls auf den Effekt gemalt war, so erregte es doch wegen seiner übrigen Treff- lichkeit nicht nur allgemeine Bewunderung, sondern ward auch von Kennern sehr hoch gehalten. Dieses Gemälde gehörte ursprünglich der Tischlergilde zu Antwerpen, für die Quyntin Meßis es gemalt hatte. König Philipp der zweite von Spanien strebte eifrig nach dessen Besitz; die Denous mögen damals doch noch nicht ganz üblich gewesen seyn, denn er begnügte sich, große Summen dafür zu bieten, ohne daß jedoch die Tischlerzunft sich dazu bewegen ließ, das Kunstwerk dafür hinzugeben. Neue Gefahren drohten dem Meisterwerke bald darauf, als die Bilderstürmer vernichtend herumzogen, doch es ward sorgfältig verborgen und gerettet, wo so vieles zu Grunde ging. Endlich im Jahr 1577, zwangen die Umstände die Besitzer es an die Stadt Antwerpen selbst zu verkaufen, welche ihm den Ehrenplatz in der Marien-Kirche einräumte. Sie erhielten die damals beträchtliche Summe von
eine der Seitentafeln ſtellte den heiligen Johannes, die zweite die Tochter Herodes im Tanze dar, und obgleich das Ganze ebenfalls auf den Effekt gemalt war, ſo erregte es doch wegen ſeiner übrigen Treff- lichkeit nicht nur allgemeine Bewunderung, ſondern ward auch von Kennern ſehr hoch gehalten. Dieſes Gemälde gehörte urſprünglich der Tiſchlergilde zu Antwerpen, für die Quyntin Meßis es gemalt hatte. König Philipp der zweite von Spanien ſtrebte eifrig nach deſſen Beſitz; die Denous mögen damals doch noch nicht ganz üblich geweſen ſeyn, denn er begnügte ſich, große Summen dafür zu bieten, ohne daß jedoch die Tiſchlerzunft ſich dazu bewegen ließ, das Kunſtwerk dafür hinzugeben. Neue Gefahren drohten dem Meiſterwerke bald darauf, als die Bilderſtürmer vernichtend herumzogen, doch es ward ſorgfältig verborgen und gerettet, wo ſo vieles zu Grunde ging. Endlich im Jahr 1577, zwangen die Umſtände die Beſitzer es an die Stadt Antwerpen ſelbſt zu verkaufen, welche ihm den Ehrenplatz in der Marien-Kirche einräumte. Sie erhielten die damals beträchtliche Summe von
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0215"n="203"/><lb/>
eine der Seitentafeln ſtellte den heiligen Johannes,<lb/>
die zweite die Tochter Herodes im Tanze dar, und<lb/>
obgleich das Ganze ebenfalls auf den Effekt gemalt<lb/>
war, ſo erregte es doch wegen ſeiner übrigen Treff-<lb/>
lichkeit nicht nur allgemeine Bewunderung, ſondern<lb/>
ward auch von Kennern ſehr hoch gehalten. Dieſes<lb/>
Gemälde gehörte urſprünglich der Tiſchlergilde zu<lb/>
Antwerpen, für die Quyntin Meßis es gemalt hatte.<lb/>
König Philipp der zweite von Spanien ſtrebte eifrig<lb/>
nach deſſen Beſitz; die Denous mögen damals doch<lb/>
noch nicht ganz üblich geweſen ſeyn, denn er begnügte<lb/>ſich, große Summen dafür zu bieten, ohne daß<lb/>
jedoch die Tiſchlerzunft ſich dazu bewegen ließ, das<lb/>
Kunſtwerk dafür hinzugeben. Neue Gefahren<lb/>
drohten dem Meiſterwerke bald darauf, als die<lb/>
Bilderſtürmer vernichtend herumzogen, doch es<lb/>
ward ſorgfältig verborgen und gerettet, wo ſo<lb/>
vieles zu Grunde ging. Endlich im Jahr 1577,<lb/>
zwangen die Umſtände die Beſitzer es an die Stadt<lb/>
Antwerpen ſelbſt zu verkaufen, welche ihm den<lb/>
Ehrenplatz in der Marien-Kirche einräumte. Sie<lb/>
erhielten die damals beträchtliche Summe von<lb/></p></div></body></text></TEI>
[203/0215]
eine der Seitentafeln ſtellte den heiligen Johannes,
die zweite die Tochter Herodes im Tanze dar, und
obgleich das Ganze ebenfalls auf den Effekt gemalt
war, ſo erregte es doch wegen ſeiner übrigen Treff-
lichkeit nicht nur allgemeine Bewunderung, ſondern
ward auch von Kennern ſehr hoch gehalten. Dieſes
Gemälde gehörte urſprünglich der Tiſchlergilde zu
Antwerpen, für die Quyntin Meßis es gemalt hatte.
König Philipp der zweite von Spanien ſtrebte eifrig
nach deſſen Beſitz; die Denous mögen damals doch
noch nicht ganz üblich geweſen ſeyn, denn er begnügte
ſich, große Summen dafür zu bieten, ohne daß
jedoch die Tiſchlerzunft ſich dazu bewegen ließ, das
Kunſtwerk dafür hinzugeben. Neue Gefahren
drohten dem Meiſterwerke bald darauf, als die
Bilderſtürmer vernichtend herumzogen, doch es
ward ſorgfältig verborgen und gerettet, wo ſo
vieles zu Grunde ging. Endlich im Jahr 1577,
zwangen die Umſtände die Beſitzer es an die Stadt
Antwerpen ſelbſt zu verkaufen, welche ihm den
Ehrenplatz in der Marien-Kirche einräumte. Sie
erhielten die damals beträchtliche Summe von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/215>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.