Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite


in Brüssel schmückte. Überall strebte man nach
dem Besitz seiner Werke, doch wollten Kunstver-
ständige seiner Zeit seinen früheren Arbeiten vor
den später entstandnen in mancher Hinsicht den Vor-
zug geben. Er selbst hatte die innigste Freude an
seiner Kunst, und bewahrte mehrere seiner Lieblings-
Arbeiten, die er um keinen Preiß wegzugeben ent-
schlossen war, in dreien Pallast- ähnlichen Häusern,
welche in Mecheln sein Eigenthum waren, und
einen Theil seiner großen wohlerworbnen Reich-
thümer ausmachten.

Mit leichtem feinen Pinsel wußte Michael
Coxcis seinen Gestalten etwas höchst gefälliges und
heitres zu verleihen, und obgleich man das kräftige
naturgetreue Kolorit seiner großen Vorgänger wohl
zuweilen vermissen könnte, so ist es doch unmöglich,
dem Zauber seiner leicht aufgetragnen hellen schönen
Farben zu widerstehen. Wie unbeschreiblich reizend
er seine weiblichen Gestalten darzustellen, wie
köstlich er sie zu schmücken wußte, beweisen zwei
Gemälde in der Boissereeschen Sammlung. Jedes
von diesen enthält nur eine einzige Figur; das eine


in Brüſſel ſchmückte. Überall ſtrebte man nach
dem Beſitz ſeiner Werke, doch wollten Kunſtver-
ſtändige ſeiner Zeit ſeinen früheren Arbeiten vor
den ſpäter entſtandnen in mancher Hinſicht den Vor-
zug geben. Er ſelbſt hatte die innigſte Freude an
ſeiner Kunſt, und bewahrte mehrere ſeiner Lieblings-
Arbeiten, die er um keinen Preiß wegzugeben ent-
ſchloſſen war, in dreien Pallaſt- ähnlichen Häuſern,
welche in Mecheln ſein Eigenthum waren, und
einen Theil ſeiner großen wohlerworbnen Reich-
thümer ausmachten.

Mit leichtem feinen Pinſel wußte Michael
Coxcis ſeinen Geſtalten etwas höchſt gefälliges und
heitres zu verleihen, und obgleich man das kräftige
naturgetreue Kolorit ſeiner großen Vorgänger wohl
zuweilen vermiſſen könnte, ſo iſt es doch unmöglich,
dem Zauber ſeiner leicht aufgetragnen hellen ſchönen
Farben zu widerſtehen. Wie unbeſchreiblich reizend
er ſeine weiblichen Geſtalten darzuſtellen, wie
köſtlich er ſie zu ſchmücken wußte, beweiſen zwei
Gemälde in der Boiſſeréeſchen Sammlung. Jedes
von dieſen enthält nur eine einzige Figur; das eine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0229" n="217"/><lb/>
in Brü&#x017F;&#x017F;el &#x017F;chmückte. Überall &#x017F;trebte man nach<lb/>
dem Be&#x017F;itz &#x017F;einer Werke, doch wollten Kun&#x017F;tver-<lb/>
&#x017F;tändige &#x017F;einer Zeit &#x017F;einen früheren Arbeiten vor<lb/>
den &#x017F;päter ent&#x017F;tandnen in mancher Hin&#x017F;icht den Vor-<lb/>
zug geben. Er &#x017F;elb&#x017F;t hatte die innig&#x017F;te Freude an<lb/>
&#x017F;einer Kun&#x017F;t, und bewahrte mehrere &#x017F;einer Lieblings-<lb/>
Arbeiten, die er um keinen Preiß wegzugeben ent-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en war, in dreien Palla&#x017F;t- ähnlichen Häu&#x017F;ern,<lb/>
welche in Mecheln &#x017F;ein Eigenthum waren, und<lb/>
einen Theil &#x017F;einer großen wohlerworbnen Reich-<lb/>
thümer ausmachten.</p><lb/>
        <p>Mit leichtem feinen Pin&#x017F;el wußte Michael<lb/>
Coxcis &#x017F;einen Ge&#x017F;talten etwas höch&#x017F;t gefälliges und<lb/>
heitres zu verleihen, und obgleich man das kräftige<lb/>
naturgetreue Kolorit &#x017F;einer großen Vorgänger wohl<lb/>
zuweilen vermi&#x017F;&#x017F;en könnte, &#x017F;o i&#x017F;t es doch unmöglich,<lb/>
dem Zauber &#x017F;einer leicht aufgetragnen hellen &#x017F;chönen<lb/>
Farben zu wider&#x017F;tehen. Wie unbe&#x017F;chreiblich reizend<lb/>
er &#x017F;eine weiblichen Ge&#x017F;talten darzu&#x017F;tellen, wie<lb/>&#x017F;tlich er &#x017F;ie zu &#x017F;chmücken wußte, bewei&#x017F;en zwei<lb/>
Gemälde in der Boi&#x017F;&#x017F;er<hi rendition="#aq">é</hi>e&#x017F;chen Sammlung. Jedes<lb/>
von die&#x017F;en enthält nur eine einzige Figur; das eine<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0229] in Brüſſel ſchmückte. Überall ſtrebte man nach dem Beſitz ſeiner Werke, doch wollten Kunſtver- ſtändige ſeiner Zeit ſeinen früheren Arbeiten vor den ſpäter entſtandnen in mancher Hinſicht den Vor- zug geben. Er ſelbſt hatte die innigſte Freude an ſeiner Kunſt, und bewahrte mehrere ſeiner Lieblings- Arbeiten, die er um keinen Preiß wegzugeben ent- ſchloſſen war, in dreien Pallaſt- ähnlichen Häuſern, welche in Mecheln ſein Eigenthum waren, und einen Theil ſeiner großen wohlerworbnen Reich- thümer ausmachten. Mit leichtem feinen Pinſel wußte Michael Coxcis ſeinen Geſtalten etwas höchſt gefälliges und heitres zu verleihen, und obgleich man das kräftige naturgetreue Kolorit ſeiner großen Vorgänger wohl zuweilen vermiſſen könnte, ſo iſt es doch unmöglich, dem Zauber ſeiner leicht aufgetragnen hellen ſchönen Farben zu widerſtehen. Wie unbeſchreiblich reizend er ſeine weiblichen Geſtalten darzuſtellen, wie köſtlich er ſie zu ſchmücken wußte, beweiſen zwei Gemälde in der Boiſſeréeſchen Sammlung. Jedes von dieſen enthält nur eine einzige Figur; das eine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/229
Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/229>, abgerufen am 24.11.2024.