Nicht jugendlicher Enthusiasmus bestimmte den Antonello zu Antretung der weiten Pilgerschaft von Neapel nach Flandern, welche damals weit unbequemer und gefährlicher war als in unsern Tagen, sondern vielmehr eine Alles überwindende Liebe zur Kunst. Er war schon ein sehr bedeuten- der Maler in seinem Lande und hatte gewiß längst das reifere Mannsalter erreicht. Vasari berichtet uns von ihm, daß er von Messina zuerst nach Rom sich begab, wo er viele Jahre hindurch mit Zeichnen sich beschäftigte. Von dort zog er nach Palermo, wo er ebenfalls Jahrelang lebte, bis seine Landsleute ihn wieder in ihrer Mitte zu sehen wünschten. Als bedeutender, ge- achteter Künstler kehrte er darauf nach Messina zurück, malte dort vieles, und führte, wegen seines Talents und seiner übrigen guten lobenswerthen Eigenschaften von Allen geachtet, ein zufriedenes glückliches Künstlerleben, bis eine Geschäftsreise ihn nach Neapel brachte, von wo sein strebender Geist ihn nach Flandern trieb.
Nicht jugendlicher Enthuſiasmus beſtimmte den Antonello zu Antretung der weiten Pilgerſchaft von Neapel nach Flandern, welche damals weit unbequemer und gefährlicher war als in unſern Tagen, ſondern vielmehr eine Alles überwindende Liebe zur Kunſt. Er war ſchon ein ſehr bedeuten- der Maler in ſeinem Lande und hatte gewiß längſt das reifere Mannsalter erreicht. Vaſari berichtet uns von ihm, daß er von Meſſina zuerſt nach Rom ſich begab, wo er viele Jahre hindurch mit Zeichnen ſich beſchäftigte. Von dort zog er nach Palermo, wo er ebenfalls Jahrelang lebte, bis ſeine Landsleute ihn wieder in ihrer Mitte zu ſehen wünſchten. Als bedeutender, ge- achteter Künſtler kehrte er darauf nach Meſſina zurück, malte dort vieles, und führte, wegen ſeines Talents und ſeiner übrigen guten lobenswerthen Eigenſchaften von Allen geachtet, ein zufriedenes glückliches Künſtlerleben, bis eine Geſchäftsreiſe ihn nach Neapel brachte, von wo ſein ſtrebender Geiſt ihn nach Flandern trieb.
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Nicht jugendlicher Enthuſiasmus beſtimmte
den Antonello zu Antretung der weiten Pilgerſchaft
von Neapel nach Flandern, welche damals weit
unbequemer und gefährlicher war als in unſern
Tagen, ſondern vielmehr eine Alles überwindende
Liebe zur Kunſt. Er war ſchon ein ſehr bedeuten-
der Maler in ſeinem Lande und hatte gewiß längſt
das reifere Mannsalter erreicht. Vaſari berichtet
uns von ihm, daß er von Meſſina zuerſt
nach Rom ſich begab, wo er viele Jahre hindurch
mit Zeichnen ſich beſchäftigte. Von dort zog
er nach Palermo, wo er ebenfalls Jahrelang
lebte, bis ſeine Landsleute ihn wieder in ihrer
Mitte zu ſehen wünſchten. Als bedeutender, ge-
achteter Künſtler kehrte er darauf nach Meſſina
zurück, malte dort vieles, und führte, wegen ſeines
Talents und ſeiner übrigen guten lobenswerthen
Eigenſchaften von Allen geachtet, ein zufriedenes
glückliches Künſtlerleben, bis eine Geſchäftsreiſe
ihn nach Neapel brachte, von wo ſein ſtrebender
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/88>, abgerufen am 24.11.2024.
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