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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

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Kelch, welchen, wie die Legende erzählt, die Heiden
bei einem Gastmahl vergiftet ihm reichten, und aus
welchem, dieß Verbrechen bezeichnend, ein kleiner
Drache zischend emporsteigt; die andere Hand ist
wie zum Segnen erhoben. Aus dem wunderschö-
nen, von röthlich goldnen Locken umgebenen jugend-
lichen Gesichte spricht flammend der edelste Zorn
über die Unthat, der zugleich in Mitleid übergeht,
das ihn verhindert, die Verbrecher zu vernichten.

Jhm zur Seite steht, fürstlich geschmückt, die
heilige Katharina, die schöne Braut Christi, und
blickt theilnehmend auf ihren erzürnten Freund.
Sie hält in einer ungemein anmuthigen Stellung
der Arme und Hände ein Buch, und zu ihren
Füßen knieet, ebenfalls in Miniatur dargestellt,
die Gattin des Stifters dieser Bilder mit ihren
Töchtern. Alle diese heiligen Gestalten, in ihrer
edlen Einfachheit, gewähren durch die über dem
Ganzen schwebende Heiterkeit einen höchst erfreu-
lichen Eindruck. Jener Strahl innern Lebens, der
die Gebilde der höchsten Meister dieser Schule ver-
herrlicht, umleuchtet auch sie. Aus Allem, aus

Kelch, welchen, wie die Legende erzählt, die Heiden
bei einem Gaſtmahl vergiftet ihm reichten, und aus
welchem, dieß Verbrechen bezeichnend, ein kleiner
Drache ziſchend emporſteigt; die andere Hand iſt
wie zum Segnen erhoben. Aus dem wunderſchö-
nen, von röthlich goldnen Locken umgebenen jugend-
lichen Geſichte ſpricht flammend der edelſte Zorn
über die Unthat, der zugleich in Mitleid übergeht,
das ihn verhindert, die Verbrecher zu vernichten.

Jhm zur Seite ſteht, fürſtlich geſchmückt, die
heilige Katharina, die ſchöne Braut Chriſti, und
blickt theilnehmend auf ihren erzürnten Freund.
Sie hält in einer ungemein anmuthigen Stellung
der Arme und Hände ein Buch, und zu ihren
Füßen knieet, ebenfalls in Miniatur dargeſtellt,
die Gattin des Stifters dieſer Bilder mit ihren
Töchtern. Alle dieſe heiligen Geſtalten, in ihrer
edlen Einfachheit, gewähren durch die über dem
Ganzen ſchwebende Heiterkeit einen höchſt erfreu-
lichen Eindruck. Jener Strahl innern Lebens, der
die Gebilde der höchſten Meiſter dieſer Schule ver-
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[149/0157] Kelch, welchen, wie die Legende erzählt, die Heiden bei einem Gaſtmahl vergiftet ihm reichten, und aus welchem, dieß Verbrechen bezeichnend, ein kleiner Drache ziſchend emporſteigt; die andere Hand iſt wie zum Segnen erhoben. Aus dem wunderſchö- nen, von röthlich goldnen Locken umgebenen jugend- lichen Geſichte ſpricht flammend der edelſte Zorn über die Unthat, der zugleich in Mitleid übergeht, das ihn verhindert, die Verbrecher zu vernichten. Jhm zur Seite ſteht, fürſtlich geſchmückt, die heilige Katharina, die ſchöne Braut Chriſti, und blickt theilnehmend auf ihren erzürnten Freund. Sie hält in einer ungemein anmuthigen Stellung der Arme und Hände ein Buch, und zu ihren Füßen knieet, ebenfalls in Miniatur dargeſtellt, die Gattin des Stifters dieſer Bilder mit ihren Töchtern. Alle dieſe heiligen Geſtalten, in ihrer edlen Einfachheit, gewähren durch die über dem Ganzen ſchwebende Heiterkeit einen höchſt erfreu- lichen Eindruck. Jener Strahl innern Lebens, der die Gebilde der höchſten Meiſter dieſer Schule ver- herrlicht, umleuchtet auch ſie. Aus Allem, aus

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/157>, abgerufen am 24.11.2024.