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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

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Wirklichkeit ersetzen, und sogar die ihm sonst eigne
Pracht seiner Farben ging in dieser seiner Verwor-
renheit mit zu Grunde.

Des Kontrastes wegen bewahren die Herren
Boisseree ein Gemälde, welches Hemskerk nach
dieser traurigen Umwandlung malte; Niemand, der
es erblickt, wird von selbst auf den Gedanken kom-
men, daß dieselbe Hand, derselbe Geist, welche
jenen eben beschriebnen Meisterwerken das Daseyn
gaben, auch dieses, ihnen in Allem so entgegenge-
setzte Zerrbild entstehen ließen. Es ist so flach wie
ein illuminirter Kupferstich, und stellt einen Heiligen
oder Apostel, der ein beseßnes Mädchen heilt, auf
eine Weise dar, daß man beinahe glauben könnte,
die Kranke habe sowohl ihrem Arzte als allen Um-
stehenden ihr Übel mitgetheilt. Das Ganze ist
ohne allen Charakter, und die Anordnung desselben
durch die gespreizten übertriebnen Stellungen der
Figuren durchaus unverständlich. Unerachtet dieses
seines auffallenden Übergangs vom Vortrefflichen
zum Tadelnswerthen, vom Leben zum dürftigen
wesenlosen Schein, gewann Hemskerk täglich nicht

Wirklichkeit erſetzen, und ſogar die ihm ſonſt eigne
Pracht ſeiner Farben ging in dieſer ſeiner Verwor-
renheit mit zu Grunde.

Des Kontraſtes wegen bewahren die Herren
Boiſſerée ein Gemälde, welches Hemskerk nach
dieſer traurigen Umwandlung malte; Niemand, der
es erblickt, wird von ſelbſt auf den Gedanken kom-
men, daß dieſelbe Hand, derſelbe Geiſt, welche
jenen eben beſchriebnen Meiſterwerken das Daſeyn
gaben, auch dieſes, ihnen in Allem ſo entgegenge-
ſetzte Zerrbild entſtehen ließen. Es iſt ſo flach wie
ein illuminirter Kupferſtich, und ſtellt einen Heiligen
oder Apoſtel, der ein beſeßnes Mädchen heilt, auf
eine Weiſe dar, daß man beinahe glauben könnte,
die Kranke habe ſowohl ihrem Arzte als allen Um-
ſtehenden ihr Übel mitgetheilt. Das Ganze iſt
ohne allen Charakter, und die Anordnung deſſelben
durch die geſpreizten übertriebnen Stellungen der
Figuren durchaus unverſtändlich. Unerachtet dieſes
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[154/0162] Wirklichkeit erſetzen, und ſogar die ihm ſonſt eigne Pracht ſeiner Farben ging in dieſer ſeiner Verwor- renheit mit zu Grunde. Des Kontraſtes wegen bewahren die Herren Boiſſerée ein Gemälde, welches Hemskerk nach dieſer traurigen Umwandlung malte; Niemand, der es erblickt, wird von ſelbſt auf den Gedanken kom- men, daß dieſelbe Hand, derſelbe Geiſt, welche jenen eben beſchriebnen Meiſterwerken das Daſeyn gaben, auch dieſes, ihnen in Allem ſo entgegenge- ſetzte Zerrbild entſtehen ließen. Es iſt ſo flach wie ein illuminirter Kupferſtich, und ſtellt einen Heiligen oder Apoſtel, der ein beſeßnes Mädchen heilt, auf eine Weiſe dar, daß man beinahe glauben könnte, die Kranke habe ſowohl ihrem Arzte als allen Um- ſtehenden ihr Übel mitgetheilt. Das Ganze iſt ohne allen Charakter, und die Anordnung deſſelben durch die geſpreizten übertriebnen Stellungen der Figuren durchaus unverſtändlich. Unerachtet dieſes ſeines auffallenden Übergangs vom Vortrefflichen zum Tadelnswerthen, vom Leben zum dürftigen weſenloſen Schein, gewann Hemskerk täglich nicht

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/162>, abgerufen am 24.11.2024.