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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

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prächtigste aber, wobei funfzig Personen mitspiel-
ten, Kameele nebst vielen andern fremden Thieren
auftraten, wurde am Pfingsttage aufgeführt, und
stellte den Besuch der Königin von Saba bei dem
weisen Salomo vor. Der Zulauf dabei war un-
geheuer, Haufenweise zogen die Leute aus Brügge,
Gent und andern benachbarten Städten herbei, und
Karl von Manders Name ward dadurch berühmt
und bekannt in der Ferne wie in der Nähe. Er
galt aber auch noch überdies für einen tüchtigen
Poeten wegen seiner vielen Lieder geistlichen und
weltlichen Jnhalts, seiner Tafel-Lieder, Refrains
und Minnelieder. Von allen Seiten erhielt er Auf-
träge zu Gelegenheits-Gedichten, und erwarb durch
seine Reime mehrere der in damaliger Zeit aus-
gesetzten Ehren-Preise, die aber in seinem Lande
nicht wie in Toulouse aus goldnen Veilchen oder
silbernen Lilien, sondern aus gutem brauchbaren
Zinngeräthe bestanden. Daneben dichtete er auch
manches Spottlied und lustige Fastnachtsstück, welche
er durch die Bauern in Meulebeck zu aller Welt
Ergötzen aufführen ließ.

prächtigſte aber, wobei funfzig Perſonen mitſpiel-
ten, Kameele nebſt vielen andern fremden Thieren
auftraten, wurde am Pfingſttage aufgeführt, und
ſtellte den Beſuch der Königin von Saba bei dem
weiſen Salomo vor. Der Zulauf dabei war un-
geheuer, Haufenweiſe zogen die Leute aus Brügge,
Gent und andern benachbarten Städten herbei, und
Karl von Manders Name ward dadurch berühmt
und bekannt in der Ferne wie in der Nähe. Er
galt aber auch noch überdies für einen tüchtigen
Poeten wegen ſeiner vielen Lieder geiſtlichen und
weltlichen Jnhalts, ſeiner Tafel-Lieder, Refrains
und Minnelieder. Von allen Seiten erhielt er Auf-
träge zu Gelegenheits-Gedichten, und erwarb durch
ſeine Reime mehrere der in damaliger Zeit aus-
geſetzten Ehren-Preiſe, die aber in ſeinem Lande
nicht wie in Toulouſe aus goldnen Veilchen oder
ſilbernen Lilien, ſondern aus gutem brauchbaren
Zinngeräthe beſtanden. Daneben dichtete er auch
manches Spottlied und luſtige Faſtnachtsſtück, welche
er durch die Bauern in Meulebeck zu aller Welt
Ergötzen aufführen ließ.

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[187/0195] prächtigſte aber, wobei funfzig Perſonen mitſpiel- ten, Kameele nebſt vielen andern fremden Thieren auftraten, wurde am Pfingſttage aufgeführt, und ſtellte den Beſuch der Königin von Saba bei dem weiſen Salomo vor. Der Zulauf dabei war un- geheuer, Haufenweiſe zogen die Leute aus Brügge, Gent und andern benachbarten Städten herbei, und Karl von Manders Name ward dadurch berühmt und bekannt in der Ferne wie in der Nähe. Er galt aber auch noch überdies für einen tüchtigen Poeten wegen ſeiner vielen Lieder geiſtlichen und weltlichen Jnhalts, ſeiner Tafel-Lieder, Refrains und Minnelieder. Von allen Seiten erhielt er Auf- träge zu Gelegenheits-Gedichten, und erwarb durch ſeine Reime mehrere der in damaliger Zeit aus- geſetzten Ehren-Preiſe, die aber in ſeinem Lande nicht wie in Toulouſe aus goldnen Veilchen oder ſilbernen Lilien, ſondern aus gutem brauchbaren Zinngeräthe beſtanden. Daneben dichtete er auch manches Spottlied und luſtige Faſtnachtsſtück, welche er durch die Bauern in Meulebeck zu aller Welt Ergötzen aufführen ließ.

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/195>, abgerufen am 24.11.2024.