So verlebte er fünf Jahre fröhlichen Muthes, und malte zuletzt auch wieder sehr fleißig für Kirchen, Rathhäuser und Privatsammlungen, bis im Jahr 1574 die Eltern seinen Bitten nachgaben und ihm erlaubten nach Rom zu reisen. Der Vater versorgte ihn mit Geld, der vielgereißte Oheim aus Gent, der auch einst in Jtalien gewesen war, gab ihm allerlei nützliche Notizen und Ermahnungen mit auf den Weg, die Mutter sorgte für seine Gar- derobe, und so zog er denn freudig und erwartungs- voll im blühenden Alter von sechs und zwanzig Jahren aus dem väterlichen Hause in die weite Welt.
Einige junge Edelleute, mit denen er die Reise antrat, verließ er bald unterweges, denn diese wollten immer vorwärts, er hingegen hielt sich bei allem ihm unterweges vorkommenden Merkwür- digen auf, besonders in den italiänischen Städten, durch welche sein Weg führte. Hier besuchte er alle Werkstätten der berühmten noch lebenden Maler, und betrachtete mit Entzücken die hohen Meister- werke der zunächst vergangnen Zeit, die ihm überall
So verlebte er fünf Jahre fröhlichen Muthes, und malte zuletzt auch wieder ſehr fleißig für Kirchen, Rathhäuſer und Privatſammlungen, bis im Jahr 1574 die Eltern ſeinen Bitten nachgaben und ihm erlaubten nach Rom zu reiſen. Der Vater verſorgte ihn mit Geld, der vielgereißte Oheim aus Gent, der auch einſt in Jtalien geweſen war, gab ihm allerlei nützliche Notizen und Ermahnungen mit auf den Weg, die Mutter ſorgte für ſeine Gar- derobe, und ſo zog er denn freudig und erwartungs- voll im blühenden Alter von ſechs und zwanzig Jahren aus dem väterlichen Hauſe in die weite Welt.
Einige junge Edelleute, mit denen er die Reiſe antrat, verließ er bald unterweges, denn dieſe wollten immer vorwärts, er hingegen hielt ſich bei allem ihm unterweges vorkommenden Merkwür- digen auf, beſonders in den italiäniſchen Städten, durch welche ſein Weg führte. Hier beſuchte er alle Werkſtätten der berühmten noch lebenden Maler, und betrachtete mit Entzücken die hohen Meiſter- werke der zunächſt vergangnen Zeit, die ihm überall
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0196"n="188"/><p>So verlebte er fünf Jahre fröhlichen Muthes,<lb/>
und malte zuletzt auch wieder ſehr fleißig für<lb/>
Kirchen, Rathhäuſer und Privatſammlungen, bis<lb/>
im Jahr 1574 die Eltern ſeinen Bitten nachgaben<lb/>
und ihm erlaubten nach Rom zu reiſen. Der Vater<lb/>
verſorgte ihn mit Geld, der vielgereißte Oheim aus<lb/>
Gent, der auch einſt in Jtalien geweſen war, gab<lb/>
ihm allerlei nützliche Notizen und Ermahnungen mit<lb/>
auf den Weg, die Mutter ſorgte für ſeine Gar-<lb/>
derobe, und ſo zog er denn freudig und erwartungs-<lb/>
voll im blühenden Alter von ſechs und zwanzig<lb/>
Jahren aus dem väterlichen Hauſe in die weite<lb/>
Welt.</p><lb/><p>Einige junge Edelleute, mit denen er die<lb/>
Reiſe antrat, verließ er bald unterweges, denn<lb/>
dieſe wollten immer vorwärts, er hingegen hielt ſich<lb/>
bei allem ihm unterweges vorkommenden Merkwür-<lb/>
digen auf, beſonders in den italiäniſchen Städten,<lb/>
durch welche ſein Weg führte. Hier beſuchte er<lb/>
alle Werkſtätten der berühmten noch lebenden Maler,<lb/>
und betrachtete mit Entzücken die hohen Meiſter-<lb/>
werke der zunächſt vergangnen Zeit, die ihm überall<lb/></p></div></body></text></TEI>
[188/0196]
So verlebte er fünf Jahre fröhlichen Muthes,
und malte zuletzt auch wieder ſehr fleißig für
Kirchen, Rathhäuſer und Privatſammlungen, bis
im Jahr 1574 die Eltern ſeinen Bitten nachgaben
und ihm erlaubten nach Rom zu reiſen. Der Vater
verſorgte ihn mit Geld, der vielgereißte Oheim aus
Gent, der auch einſt in Jtalien geweſen war, gab
ihm allerlei nützliche Notizen und Ermahnungen mit
auf den Weg, die Mutter ſorgte für ſeine Gar-
derobe, und ſo zog er denn freudig und erwartungs-
voll im blühenden Alter von ſechs und zwanzig
Jahren aus dem väterlichen Hauſe in die weite
Welt.
Einige junge Edelleute, mit denen er die
Reiſe antrat, verließ er bald unterweges, denn
dieſe wollten immer vorwärts, er hingegen hielt ſich
bei allem ihm unterweges vorkommenden Merkwür-
digen auf, beſonders in den italiäniſchen Städten,
durch welche ſein Weg führte. Hier beſuchte er
alle Werkſtätten der berühmten noch lebenden Maler,
und betrachtete mit Entzücken die hohen Meiſter-
werke der zunächſt vergangnen Zeit, die ihm überall
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/196>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.