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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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den Blick auf ihre verblühten Reize, als auf die blü-
henden Mariens richten mußte. Jhm war vom er-
sten Augenblick an, als müsse er in eine nähere Be-
ziehung zu dieser armen Sterbenden treten; als sei
sie vom Schicksal dazu bestimmt, ihm noch einen
großen Dienst zu leisten oder ihm einen Trost zu brin-
gen, bevor sie in das dunkle Grab hinabstiege;
wenigstens konnte er sich auf keine andere Weise das
lebhafte Jnteresse erklären, das er an ihr nahm.

Dina -- so wollen wir sie fortan bei ihrem
Vornamen nennen -- besorgte ganz allein die Auf-
wartung bei Tische; sie war also offenbar in einer
völlig untergeordneten Stellung in diesem Hause; aber
ihre Haltung, ihre Bewegungen und etwas Gebieten-
des, das in ihren Mienen lag, verriethen nur zu
deutlich, daß sie nicht zu den Geschäften geboren sei,
die man sie jetzt verrichten sah, und dies trat nicht
stärker hervor, als wenn sie Marie bediente, die ihrer-
seits von ihrer Anwesenheit nicht die mindeste Notiz
nahm, während der Prophet von Zeit zu Zeit einen
schnellen und strengen Blick auf die Arme warf, der
sie jedesmal zusammenfahren machte, als werde sie heftig
dadurch erschreckt. Sie schlug dann das Auge nieder und
ihre Wangen wurden für einen Moment mit einer hö-
heren Röthe gefärbt, ihre Glieder schienen zu beben und
sie verrichtete ihre Geschäfte mit einer krankhaften Hast.

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den Blick auf ihre verblühten Reize, als auf die blü-
henden Mariens richten mußte. Jhm war vom er-
ſten Augenblick an, als müſſe er in eine nähere Be-
ziehung zu dieſer armen Sterbenden treten; als ſei
ſie vom Schickſal dazu beſtimmt, ihm noch einen
großen Dienſt zu leiſten oder ihm einen Troſt zu brin-
gen, bevor ſie in das dunkle Grab hinabſtiege;
wenigſtens konnte er ſich auf keine andere Weiſe das
lebhafte Jntereſſe erklären, das er an ihr nahm.

Dina — ſo wollen wir ſie fortan bei ihrem
Vornamen nennen — beſorgte ganz allein die Auf-
wartung bei Tiſche; ſie war alſo offenbar in einer
völlig untergeordneten Stellung in dieſem Hauſe; aber
ihre Haltung, ihre Bewegungen und etwas Gebieten-
des, das in ihren Mienen lag, verriethen nur zu
deutlich, daß ſie nicht zu den Geſchäften geboren ſei,
die man ſie jetzt verrichten ſah, und dies trat nicht
ſtärker hervor, als wenn ſie Marie bediente, die ihrer-
ſeits von ihrer Anweſenheit nicht die mindeſte Notiz
nahm, während der Prophet von Zeit zu Zeit einen
ſchnellen und ſtrengen Blick auf die Arme warf, der
ſie jedesmal zuſammenfahren machte, als werde ſie heftig
dadurch erſchreckt. Sie ſchlug dann das Auge nieder und
ihre Wangen wurden für einen Moment mit einer hö-
heren Röthe gefärbt, ihre Glieder ſchienen zu beben und
ſie verrichtete ihre Geſchäfte mit einer krankhaften Haſt.

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[113/0121] den Blick auf ihre verblühten Reize, als auf die blü- henden Mariens richten mußte. Jhm war vom er- ſten Augenblick an, als müſſe er in eine nähere Be- ziehung zu dieſer armen Sterbenden treten; als ſei ſie vom Schickſal dazu beſtimmt, ihm noch einen großen Dienſt zu leiſten oder ihm einen Troſt zu brin- gen, bevor ſie in das dunkle Grab hinabſtiege; wenigſtens konnte er ſich auf keine andere Weiſe das lebhafte Jntereſſe erklären, das er an ihr nahm. Dina — ſo wollen wir ſie fortan bei ihrem Vornamen nennen — beſorgte ganz allein die Auf- wartung bei Tiſche; ſie war alſo offenbar in einer völlig untergeordneten Stellung in dieſem Hauſe; aber ihre Haltung, ihre Bewegungen und etwas Gebieten- des, das in ihren Mienen lag, verriethen nur zu deutlich, daß ſie nicht zu den Geſchäften geboren ſei, die man ſie jetzt verrichten ſah, und dies trat nicht ſtärker hervor, als wenn ſie Marie bediente, die ihrer- ſeits von ihrer Anweſenheit nicht die mindeſte Notiz nahm, während der Prophet von Zeit zu Zeit einen ſchnellen und ſtrengen Blick auf die Arme warf, der ſie jedesmal zuſammenfahren machte, als werde ſie heftig dadurch erſchreckt. Sie ſchlug dann das Auge nieder und ihre Wangen wurden für einen Moment mit einer hö- heren Röthe gefärbt, ihre Glieder ſchienen zu beben und ſie verrichtete ihre Geſchäfte mit einer krankhaften Haſt. 8

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/121>, abgerufen am 04.12.2024.