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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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Die auf diese Weise Getadelte antwortete Ma-
rien nicht.

-- "Sie sollten sich in der That mehr schonen,
Miß," nahm Arnold das Wort, den dieses Schwei-
gen der Dienerin peinigte. "Ein wenig Ruhe und
Schonung würden Sie gewiß bald völlig wieder her-
stellen."

-- "O ja, gewiß!" antwortete sie ihm mit ei-
nem schmerzlichen Lächeln; "Ruhe wird mich völlig
wiederherstellen; von ihr allein kann ich Genesung
hoffen."

-- "Und weshalb gönnst du sie dir nicht schon
jetzt, Dina?" fragte sie Joe Smith mit sanftem
Tone; "bitte ich dich nicht fast täglich darum, sie
dir zu gönnen, armes Kind?"

-- "Jch werde ihrer schon theilhaft werden,
wenn mein Tagewerk vollendet ist," war die Ant-
wort; "sie nicht früher zu suchen, habe ich mir aber
gelobt."

-- "Da haben Sie den Eigensinn!" wandte sich
der Prophet an seinen Gast. "Sagte ich Jhnen nicht,
daß mit dem Trotzkopfe nichts anzufangen sei?"

Dina, die ihr Geschäft beendigt hatte, entfernte
sich wieder aus dem Zimmer. Einen Augenblick herrschte
eine peinliche Stille zwischen den Zurückgebliebenen;
bald aber nahm Joe Smith die Unterhaltung wieder

Die auf dieſe Weiſe Getadelte antwortete Ma-
rien nicht.

— „Sie ſollten ſich in der That mehr ſchonen,
Miß,“ nahm Arnold das Wort, den dieſes Schwei-
gen der Dienerin peinigte. „Ein wenig Ruhe und
Schonung würden Sie gewiß bald völlig wieder her-
ſtellen.“

— „O ja, gewiß!“ antwortete ſie ihm mit ei-
nem ſchmerzlichen Lächeln; „Ruhe wird mich völlig
wiederherſtellen; von ihr allein kann ich Geneſung
hoffen.“

— „Und weshalb gönnſt du ſie dir nicht ſchon
jetzt, Dina?“ fragte ſie Joe Smith mit ſanftem
Tone; „bitte ich dich nicht faſt täglich darum, ſie
dir zu gönnen, armes Kind?“

— „Jch werde ihrer ſchon theilhaft werden,
wenn mein Tagewerk vollendet iſt,“ war die Ant-
wort; „ſie nicht früher zu ſuchen, habe ich mir aber
gelobt.“

— „Da haben Sie den Eigenſinn!“ wandte ſich
der Prophet an ſeinen Gaſt. „Sagte ich Jhnen nicht,
daß mit dem Trotzkopfe nichts anzufangen ſei?“

Dina, die ihr Geſchäft beendigt hatte, entfernte
ſich wieder aus dem Zimmer. Einen Augenblick herrſchte
eine peinliche Stille zwiſchen den Zurückgebliebenen;
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[118/0126] Die auf dieſe Weiſe Getadelte antwortete Ma- rien nicht. — „Sie ſollten ſich in der That mehr ſchonen, Miß,“ nahm Arnold das Wort, den dieſes Schwei- gen der Dienerin peinigte. „Ein wenig Ruhe und Schonung würden Sie gewiß bald völlig wieder her- ſtellen.“ — „O ja, gewiß!“ antwortete ſie ihm mit ei- nem ſchmerzlichen Lächeln; „Ruhe wird mich völlig wiederherſtellen; von ihr allein kann ich Geneſung hoffen.“ — „Und weshalb gönnſt du ſie dir nicht ſchon jetzt, Dina?“ fragte ſie Joe Smith mit ſanftem Tone; „bitte ich dich nicht faſt täglich darum, ſie dir zu gönnen, armes Kind?“ — „Jch werde ihrer ſchon theilhaft werden, wenn mein Tagewerk vollendet iſt,“ war die Ant- wort; „ſie nicht früher zu ſuchen, habe ich mir aber gelobt.“ — „Da haben Sie den Eigenſinn!“ wandte ſich der Prophet an ſeinen Gaſt. „Sagte ich Jhnen nicht, daß mit dem Trotzkopfe nichts anzufangen ſei?“ Dina, die ihr Geſchäft beendigt hatte, entfernte ſich wieder aus dem Zimmer. Einen Augenblick herrſchte eine peinliche Stille zwiſchen den Zurückgebliebenen; bald aber nahm Joe Smith die Unterhaltung wieder

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/126>, abgerufen am 31.10.2024.