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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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Marie war endlich mit ihrer Toilette fertig und
verließ, mit einem Buche in der Hand, das Schlaf-
gemach, um sich in das gemeinschaftliche Wohnzimmer
zu begeben, wo sie Arnold zum zweiten Frühstück er-
wartete.

Dem Sopha, auf dem sie saß, gegenüber hing
das in Lebensgröße gemalte Bildniß Joe Smiths, das
aber schon vor einer Reihe von Jahren gemalt seyn
mochte, denn es stellte ihn im vollsten Glanze einer
wirklich außerordentlichen Schönheit und weit jugend-
licher dar, als er sich jetzt zeigte.

Mariens Blicke fielen zufällig auf dieses Por-
trait und sich an Dina wendend, die an einem Ne-
bentische den Thee bereitete, fragte sie diese: "Wie
alt mochte wohl Joe seyn, als man dieses Bild
malte?"

-- "Dreißig Jahre," war die Antwort.

-- "Du kanntest ihn damals, Dina? War er
ganz so schön, wie das Portrait ihn zeigt, oder hat
der Maler ihm geschmeichelt?"

-- "Er war noch weit schöner," versetzte die
Gefragte mit einem tiefen Seufzer. "Nie würde ein
Maler im Stande gewesen seyn, ein genügendes Bild-
niß von diesem Manne zu entwerfen."

-- "Jch glaube es, Dina," sagte Marie, auf's
Neu den Blick auf das Portrait heftend; "er ist selbst

Marie war endlich mit ihrer Toilette fertig und
verließ, mit einem Buche in der Hand, das Schlaf-
gemach, um ſich in das gemeinſchaftliche Wohnzimmer
zu begeben, wo ſie Arnold zum zweiten Frühſtück er-
wartete.

Dem Sopha, auf dem ſie ſaß, gegenüber hing
das in Lebensgröße gemalte Bildniß Joe Smiths, das
aber ſchon vor einer Reihe von Jahren gemalt ſeyn
mochte, denn es ſtellte ihn im vollſten Glanze einer
wirklich außerordentlichen Schönheit und weit jugend-
licher dar, als er ſich jetzt zeigte.

Mariens Blicke fielen zufällig auf dieſes Por-
trait und ſich an Dina wendend, die an einem Ne-
bentiſche den Thee bereitete, fragte ſie dieſe: „Wie
alt mochte wohl Joe ſeyn, als man dieſes Bild
malte?“

— „Dreißig Jahre,“ war die Antwort.

— „Du kannteſt ihn damals, Dina? War er
ganz ſo ſchön, wie das Portrait ihn zeigt, oder hat
der Maler ihm geſchmeichelt?“

— „Er war noch weit ſchöner,“ verſetzte die
Gefragte mit einem tiefen Seufzer. „Nie würde ein
Maler im Stande geweſen ſeyn, ein genügendes Bild-
niß von dieſem Manne zu entwerfen.“

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[146/0154] Marie war endlich mit ihrer Toilette fertig und verließ, mit einem Buche in der Hand, das Schlaf- gemach, um ſich in das gemeinſchaftliche Wohnzimmer zu begeben, wo ſie Arnold zum zweiten Frühſtück er- wartete. Dem Sopha, auf dem ſie ſaß, gegenüber hing das in Lebensgröße gemalte Bildniß Joe Smiths, das aber ſchon vor einer Reihe von Jahren gemalt ſeyn mochte, denn es ſtellte ihn im vollſten Glanze einer wirklich außerordentlichen Schönheit und weit jugend- licher dar, als er ſich jetzt zeigte. Mariens Blicke fielen zufällig auf dieſes Por- trait und ſich an Dina wendend, die an einem Ne- bentiſche den Thee bereitete, fragte ſie dieſe: „Wie alt mochte wohl Joe ſeyn, als man dieſes Bild malte?“ — „Dreißig Jahre,“ war die Antwort. — „Du kannteſt ihn damals, Dina? War er ganz ſo ſchön, wie das Portrait ihn zeigt, oder hat der Maler ihm geſchmeichelt?“ — „Er war noch weit ſchöner,“ verſetzte die Gefragte mit einem tiefen Seufzer. „Nie würde ein Maler im Stande geweſen ſeyn, ein genügendes Bild- niß von dieſem Manne zu entwerfen.“ — „Jch glaube es, Dina,“ ſagte Marie, auf’s Neu den Blick auf das Portrait heftend; „er iſt ſelbſt

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/154>, abgerufen am 04.12.2024.