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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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-- "Jn der That, ich erwartete Sie nicht, Sir,"
entgegnete ihm Arnold, der sich indeß zu fassen ge-
sucht hatte, und indem er die ihm dargebotene Hand
nur mit den Spitzen seiner eiskalten Finger be-
rührte.

-- "Es war meine Absicht, gestern bei guter
Zeit einzutreffen," antwortete ihm Joe; "allein die
außerordentliche Hitze des Tags zwang mich, während
der heißesten Stunden mir selbst und den Pferden
einige Rast zu gönnen, und so habe ich während des
kühlern Abends und der Nacht die verlorene Zeit wie-
der einzuholen. Jch sah, indem ich durch die große
Allee des Gartens ging, Licht in Jhrem Zimmer und
Sie selbst am Fenster, denn sonst würde ich es mir
nicht erlaubt haben, Jhnen so spät oder vielmehr so
früh -- denn Mitternacht ist ja längst vorüber --
meinen Besuch abzustatten, um mich bei Jhnen nach dem
Stande der häuslichen Angelegenheiten und vor allen
Dingen nach Marien zu erkundigen, deren Briefe
mich in der letzten Zeit verfehlten, da ich gezwungen
war, oft den Aufenthaltsort zu wechseln."

-- "Sie finden Alles so vor, wie Sie es ver-
lassen haben, Sir," antwortete ihm Arnold etwas
zerstreut. Seine Blicke waren bei Joe Smiths Eintritt
zufällig auf das von Dina hinterlassene Paquet gefallen
und die Furcht quälte ihn, daß der Prophet es ent-

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— „Jn der That, ich erwartete Sie nicht, Sir,“
entgegnete ihm Arnold, der ſich indeß zu faſſen ge-
ſucht hatte, und indem er die ihm dargebotene Hand
nur mit den Spitzen ſeiner eiskalten Finger be-
rührte.

— „Es war meine Abſicht, geſtern bei guter
Zeit einzutreffen,“ antwortete ihm Joe; „allein die
außerordentliche Hitze des Tags zwang mich, während
der heißeſten Stunden mir ſelbſt und den Pferden
einige Raſt zu gönnen, und ſo habe ich während des
kühlern Abends und der Nacht die verlorene Zeit wie-
der einzuholen. Jch ſah, indem ich durch die große
Allee des Gartens ging, Licht in Jhrem Zimmer und
Sie ſelbſt am Fenſter, denn ſonſt würde ich es mir
nicht erlaubt haben, Jhnen ſo ſpät oder vielmehr ſo
früh — denn Mitternacht iſt ja längſt vorüber —
meinen Beſuch abzuſtatten, um mich bei Jhnen nach dem
Stande der häuslichen Angelegenheiten und vor allen
Dingen nach Marien zu erkundigen, deren Briefe
mich in der letzten Zeit verfehlten, da ich gezwungen
war, oft den Aufenthaltsort zu wechſeln.“

— „Sie finden Alles ſo vor, wie Sie es ver-
laſſen haben, Sir,“ antwortete ihm Arnold etwas
zerſtreut. Seine Blicke waren bei Joe Smiths Eintritt
zufällig auf das von Dina hinterlaſſene Paquet gefallen
und die Furcht quälte ihn, daß der Prophet es ent-

12 *
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[179/0187] — „Jn der That, ich erwartete Sie nicht, Sir,“ entgegnete ihm Arnold, der ſich indeß zu faſſen ge- ſucht hatte, und indem er die ihm dargebotene Hand nur mit den Spitzen ſeiner eiskalten Finger be- rührte. — „Es war meine Abſicht, geſtern bei guter Zeit einzutreffen,“ antwortete ihm Joe; „allein die außerordentliche Hitze des Tags zwang mich, während der heißeſten Stunden mir ſelbſt und den Pferden einige Raſt zu gönnen, und ſo habe ich während des kühlern Abends und der Nacht die verlorene Zeit wie- der einzuholen. Jch ſah, indem ich durch die große Allee des Gartens ging, Licht in Jhrem Zimmer und Sie ſelbſt am Fenſter, denn ſonſt würde ich es mir nicht erlaubt haben, Jhnen ſo ſpät oder vielmehr ſo früh — denn Mitternacht iſt ja längſt vorüber — meinen Beſuch abzuſtatten, um mich bei Jhnen nach dem Stande der häuslichen Angelegenheiten und vor allen Dingen nach Marien zu erkundigen, deren Briefe mich in der letzten Zeit verfehlten, da ich gezwungen war, oft den Aufenthaltsort zu wechſeln.“ — „Sie finden Alles ſo vor, wie Sie es ver- laſſen haben, Sir,“ antwortete ihm Arnold etwas zerſtreut. Seine Blicke waren bei Joe Smiths Eintritt zufällig auf das von Dina hinterlaſſene Paquet gefallen und die Furcht quälte ihn, daß der Prophet es ent- 12 *

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/187>, abgerufen am 04.12.2024.