Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Hülfsmittel zu Gebote und Wehe dem Kranken, wenn
er sie aus Laune und Eigensinn verschmäht!"

Er bückte sich mit diesen Worten nieder, hob das
hart vor seinen Füßen liegende Convolut Papiere auf,
warf einen schnellen Blick auf dasselbe und überreichte es
stumm, nur mit einer leichten Verbeugung Arnolden,
der es mit sichtbarem Zittern empfing und, als halte
er es nur da sicher, in seinen Busen barg. Es ent-
ging den forschenden Blicken des Propheten weder
dieses Zittern, noch das lebhafte Erröthen des jun-
gen Mannes beim Empfange der Papiere und, auf
falscher Fährte, wie er war, bestärkte ihn sowohl das
Eine wie das Andere in dem Glauben, daß sein Plan
gelungen, seine geheime Absicht erreicht sei. Er ver-
muthete in dem Arnolden überreichten Paquete ent-
weder Liebesbriefe oder Liebesgedichte, denn der alte
Gärtner, mit dem er sich bereits über eine Stunde
in dessen Wohnung unterhalten, hatte die sich ihm
darbietende günstige Gelegenheit nicht unbenutzt gelas-
sen, den ihm verhaßten jungen Deutschen bei dem
Propheten, wie er wähnen mußte, anzuschwärzen, in-
dem er ihm mittheilte, nicht nur was er von den Bei-
den gesehen, sondern auch, was er vermuthet hatte.

Zu seinem nicht geringen Erstaunen hörte ihm
aber Joe Smith mit einer ihm völlig unerklärlichen
und zugleich ärgerlichen Ruhe und Gelassenheit zu.

Hülfsmittel zu Gebote und Wehe dem Kranken, wenn
er ſie aus Laune und Eigenſinn verſchmäht!“

Er bückte ſich mit dieſen Worten nieder, hob das
hart vor ſeinen Füßen liegende Convolut Papiere auf,
warf einen ſchnellen Blick auf daſſelbe und überreichte es
ſtumm, nur mit einer leichten Verbeugung Arnolden,
der es mit ſichtbarem Zittern empfing und, als halte
er es nur da ſicher, in ſeinen Buſen barg. Es ent-
ging den forſchenden Blicken des Propheten weder
dieſes Zittern, noch das lebhafte Erröthen des jun-
gen Mannes beim Empfange der Papiere und, auf
falſcher Fährte, wie er war, beſtärkte ihn ſowohl das
Eine wie das Andere in dem Glauben, daß ſein Plan
gelungen, ſeine geheime Abſicht erreicht ſei. Er ver-
muthete in dem Arnolden überreichten Paquete ent-
weder Liebesbriefe oder Liebesgedichte, denn der alte
Gärtner, mit dem er ſich bereits über eine Stunde
in deſſen Wohnung unterhalten, hatte die ſich ihm
darbietende günſtige Gelegenheit nicht unbenutzt gelaſ-
ſen, den ihm verhaßten jungen Deutſchen bei dem
Propheten, wie er wähnen mußte, anzuſchwärzen, in-
dem er ihm mittheilte, nicht nur was er von den Bei-
den geſehen, ſondern auch, was er vermuthet hatte.

Zu ſeinem nicht geringen Erſtaunen hörte ihm
aber Joe Smith mit einer ihm völlig unerklärlichen
und zugleich ärgerlichen Ruhe und Gelaſſenheit zu.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0189" n="181"/>
Hülfsmittel zu Gebote und Wehe dem Kranken, wenn<lb/>
er &#x017F;ie aus Laune und Eigen&#x017F;inn ver&#x017F;chmäht!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Er bückte &#x017F;ich mit die&#x017F;en Worten nieder, hob das<lb/>
hart vor &#x017F;einen Füßen liegende Convolut Papiere auf,<lb/>
warf einen &#x017F;chnellen Blick auf da&#x017F;&#x017F;elbe und überreichte es<lb/>
&#x017F;tumm, nur mit einer leichten Verbeugung Arnolden,<lb/>
der es mit &#x017F;ichtbarem Zittern empfing und, als halte<lb/>
er es nur da &#x017F;icher, in &#x017F;einen Bu&#x017F;en barg. Es ent-<lb/>
ging den for&#x017F;chenden Blicken des Propheten weder<lb/>
die&#x017F;es Zittern, noch das lebhafte Erröthen des jun-<lb/>
gen Mannes beim Empfange der Papiere und, auf<lb/>
fal&#x017F;cher Fährte, wie er war, be&#x017F;tärkte ihn &#x017F;owohl das<lb/>
Eine wie das Andere in dem Glauben, daß &#x017F;ein Plan<lb/>
gelungen, &#x017F;eine geheime Ab&#x017F;icht erreicht &#x017F;ei. Er ver-<lb/>
muthete in dem Arnolden überreichten Paquete ent-<lb/>
weder Liebesbriefe oder Liebesgedichte, denn der alte<lb/>
Gärtner, mit dem er &#x017F;ich bereits über eine Stunde<lb/>
in de&#x017F;&#x017F;en Wohnung unterhalten, hatte die &#x017F;ich ihm<lb/>
darbietende gün&#x017F;tige Gelegenheit nicht unbenutzt gela&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, den ihm verhaßten jungen Deut&#x017F;chen bei dem<lb/>
Propheten, wie er wähnen mußte, anzu&#x017F;chwärzen, in-<lb/>
dem er ihm mittheilte, nicht nur was er von den Bei-<lb/>
den ge&#x017F;ehen, &#x017F;ondern auch, was er vermuthet hatte.</p><lb/>
        <p>Zu &#x017F;einem nicht geringen Er&#x017F;taunen hörte ihm<lb/>
aber Joe Smith mit einer ihm völlig unerklärlichen<lb/>
und zugleich ärgerlichen Ruhe und Gela&#x017F;&#x017F;enheit zu.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0189] Hülfsmittel zu Gebote und Wehe dem Kranken, wenn er ſie aus Laune und Eigenſinn verſchmäht!“ Er bückte ſich mit dieſen Worten nieder, hob das hart vor ſeinen Füßen liegende Convolut Papiere auf, warf einen ſchnellen Blick auf daſſelbe und überreichte es ſtumm, nur mit einer leichten Verbeugung Arnolden, der es mit ſichtbarem Zittern empfing und, als halte er es nur da ſicher, in ſeinen Buſen barg. Es ent- ging den forſchenden Blicken des Propheten weder dieſes Zittern, noch das lebhafte Erröthen des jun- gen Mannes beim Empfange der Papiere und, auf falſcher Fährte, wie er war, beſtärkte ihn ſowohl das Eine wie das Andere in dem Glauben, daß ſein Plan gelungen, ſeine geheime Abſicht erreicht ſei. Er ver- muthete in dem Arnolden überreichten Paquete ent- weder Liebesbriefe oder Liebesgedichte, denn der alte Gärtner, mit dem er ſich bereits über eine Stunde in deſſen Wohnung unterhalten, hatte die ſich ihm darbietende günſtige Gelegenheit nicht unbenutzt gelaſ- ſen, den ihm verhaßten jungen Deutſchen bei dem Propheten, wie er wähnen mußte, anzuſchwärzen, in- dem er ihm mittheilte, nicht nur was er von den Bei- den geſehen, ſondern auch, was er vermuthet hatte. Zu ſeinem nicht geringen Erſtaunen hörte ihm aber Joe Smith mit einer ihm völlig unerklärlichen und zugleich ärgerlichen Ruhe und Gelaſſenheit zu.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/189
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/189>, abgerufen am 04.12.2024.