Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.nünftigen Ansichten, besonders, wenn man ein armes, -- "Früher," antwortete ihr Joe mit ernstem, -- "Wie, du glaubst das, Joe?" sagte sie -- "Jch glaube es nicht bloß, sondern ich nünftigen Anſichten, beſonders, wenn man ein armes, — „Früher,“ antwortete ihr Joe mit ernſtem, — „Wie, du glaubſt das, Joe?“ ſagte ſie — „Jch glaube es nicht bloß, ſondern ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0199" n="191"/> nünftigen Anſichten, beſonders, wenn man ein armes,<lb/> unerfahrenes Mädchen iſt, wie ich eins bin,“ ant-<lb/> wortete ſie ihm nach einer ziemlich langen Pauſe,<lb/> ohne jedoch zu wagen, den Blick zu ihm zu erheben.<lb/> „Jch hätte mir freilich längſt ſagen ſollen, wie ich<lb/> es jetzt thue: wozu dieſer glänzende Schmuck, wozu<lb/> dieſe koſtbaren Kleiderſtoffe, da dich Niemand darin<lb/> ſieht, als eine Dienerin und höchſtens ein alter mür-<lb/> riſcher Gärtner?“</p><lb/> <p>— „Früher,“ antwortete ihr Joe mit ernſtem,<lb/> faſt ſtrengem Tone, „früher ſchmückteſt du dich für<lb/><hi rendition="#g">mich;</hi> früher ſetzteſt du allein Werth darauf, <hi rendition="#g">mir</hi><lb/> zu gefallen und aus meinem Munde zu hören, daß<lb/> du ſchön, die Schönſte von Allen ſeiſt; jetzt aber iſt<lb/> das anders geworden und mein Lob, meine Bewun-<lb/> derung, vielleicht auch meine Liebe, gelten dir nichts<lb/> mehr.“</p><lb/> <p>— „Wie, du glaubſt das, Joe?“ ſagte ſie<lb/> und ihre Angſt, ihre Verwirrung erreichten einen ſol-<lb/> chen Grad, daß ihr die Worte faſt auf den Lippen<lb/> erſtarben und ſie nur dieſe wenigen, nichtsſagenden<lb/> hervorzubringen vermochte.</p><lb/> <p>— „Jch <hi rendition="#g">glaube</hi> es nicht bloß, ſondern ich<lb/><hi rendition="#g">weiß</hi> es,“ antwortete ihr der Prophet in dem vori-<lb/> gen Tone; „ich weiß, Marie, daß ich nicht mehr<lb/> die einzige Liebe deines Herzens bin, ja, daß ein<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [191/0199]
nünftigen Anſichten, beſonders, wenn man ein armes,
unerfahrenes Mädchen iſt, wie ich eins bin,“ ant-
wortete ſie ihm nach einer ziemlich langen Pauſe,
ohne jedoch zu wagen, den Blick zu ihm zu erheben.
„Jch hätte mir freilich längſt ſagen ſollen, wie ich
es jetzt thue: wozu dieſer glänzende Schmuck, wozu
dieſe koſtbaren Kleiderſtoffe, da dich Niemand darin
ſieht, als eine Dienerin und höchſtens ein alter mür-
riſcher Gärtner?“
— „Früher,“ antwortete ihr Joe mit ernſtem,
faſt ſtrengem Tone, „früher ſchmückteſt du dich für
mich; früher ſetzteſt du allein Werth darauf, mir
zu gefallen und aus meinem Munde zu hören, daß
du ſchön, die Schönſte von Allen ſeiſt; jetzt aber iſt
das anders geworden und mein Lob, meine Bewun-
derung, vielleicht auch meine Liebe, gelten dir nichts
mehr.“
— „Wie, du glaubſt das, Joe?“ ſagte ſie
und ihre Angſt, ihre Verwirrung erreichten einen ſol-
chen Grad, daß ihr die Worte faſt auf den Lippen
erſtarben und ſie nur dieſe wenigen, nichtsſagenden
hervorzubringen vermochte.
— „Jch glaube es nicht bloß, ſondern ich
weiß es,“ antwortete ihr der Prophet in dem vori-
gen Tone; „ich weiß, Marie, daß ich nicht mehr
die einzige Liebe deines Herzens bin, ja, daß ein
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