Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.harrt, der ihr aus den verdichteten Wolken zuströmen Arnolden that dieses Schweigen, ihm that selbst harrt, der ihr aus den verdichteten Wolken zuſtrömen Arnolden that dieſes Schweigen, ihm that ſelbſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0074" n="68"/> harrt, der ihr aus den verdichteten Wolken zuſtrömen<lb/> und den durch die heiße Sonnengluth in ihrem Schooße<lb/> entzündeten Brand abkühlen ſoll. Kein Blatt am<lb/> Baume bewegte ſich, nicht einmal das gefiederte, ſo<lb/> leicht bewegliche Laub der Akazien zitterte an den fei-<lb/> nen, ſchlanken Zweigen; kein Vogel ſchüttelte das<lb/> farbige Gefieder unter dem Laubdache der Magnolien;<lb/> kein Nachtſchmetterling ſchwirrte, da ſein Jnſtinkt ihm<lb/> ſagte, daß der zarte Schmelz ſeiner Flügel durch den<lb/> jeden Augenblick zu erwartenden Regen bedroht würde;<lb/> Alles ſchwieg, Alles ruhte und eine Stille lag über<lb/> der ganzen Natur, als ob der Tod ſeine Schwingen<lb/> über alles Geſchaffene gebreitet hätte.</p><lb/> <p>Arnolden that dieſes Schweigen, ihm that ſelbſt<lb/> die tiefe Dunkelheit wohl. Es war ihm recht, daß<lb/> keins der himmliſchen Geſtirne ſeine Strahlen auf den<lb/> Schauplatz ſo vieler Gräuel, ſo vielen Jammers und<lb/> Elends niederſandte; daß der Mond nicht, gleichſam<lb/> lächelnd und unbekümmert um das, was unter ihm<lb/> vorging, durch den tiefblauen Aether hinſchiffte. Denn<lb/> dieſer Contraſt zwiſchen den ſich nach ewigen Geſetzen<lb/> gleichmäßig bewegenden Weltkörpern und der ewigen<lb/> Unruhe, Unſtätigkeit und Zerriſſenheit der Menſchen-<lb/> ſeele war ſchon oft ein ſchmerzlicher für ihn geweſen.<lb/> Wie verhaßt iſt uns nicht der Sonnenſchein, der auf<lb/> das Grab der Geliebteſten fällt und dort andere Le-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [68/0074]
harrt, der ihr aus den verdichteten Wolken zuſtrömen
und den durch die heiße Sonnengluth in ihrem Schooße
entzündeten Brand abkühlen ſoll. Kein Blatt am
Baume bewegte ſich, nicht einmal das gefiederte, ſo
leicht bewegliche Laub der Akazien zitterte an den fei-
nen, ſchlanken Zweigen; kein Vogel ſchüttelte das
farbige Gefieder unter dem Laubdache der Magnolien;
kein Nachtſchmetterling ſchwirrte, da ſein Jnſtinkt ihm
ſagte, daß der zarte Schmelz ſeiner Flügel durch den
jeden Augenblick zu erwartenden Regen bedroht würde;
Alles ſchwieg, Alles ruhte und eine Stille lag über
der ganzen Natur, als ob der Tod ſeine Schwingen
über alles Geſchaffene gebreitet hätte.
Arnolden that dieſes Schweigen, ihm that ſelbſt
die tiefe Dunkelheit wohl. Es war ihm recht, daß
keins der himmliſchen Geſtirne ſeine Strahlen auf den
Schauplatz ſo vieler Gräuel, ſo vielen Jammers und
Elends niederſandte; daß der Mond nicht, gleichſam
lächelnd und unbekümmert um das, was unter ihm
vorging, durch den tiefblauen Aether hinſchiffte. Denn
dieſer Contraſt zwiſchen den ſich nach ewigen Geſetzen
gleichmäßig bewegenden Weltkörpern und der ewigen
Unruhe, Unſtätigkeit und Zerriſſenheit der Menſchen-
ſeele war ſchon oft ein ſchmerzlicher für ihn geweſen.
Wie verhaßt iſt uns nicht der Sonnenſchein, der auf
das Grab der Geliebteſten fällt und dort andere Le-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |