Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.mich früher mit den Menschen im Zusammenhange Wem aus der Thränensaat der Reue die Hoff- mich früher mit den Menſchen im Zuſammenhange Wem aus der Thränenſaat der Reue die Hoff- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0099" n="93"/> mich früher mit den Menſchen im Zuſammenhange<lb/> hielten, zerriſſen habe; ich, die ich gänzlich verwaiſt,<lb/> gänzlich vereinzelt in der weiten Schöpfung daſtehe,<lb/> zu wem ſollte, dürfte ich reden, als zu mir ſelbſt?<lb/> Es will der körperliche Schmerz ſein Aechzen, ſeinen<lb/> Schrei ſich nicht nehmen laſſen, und eben ſo will auch<lb/> die Seele den ihrigen aushauchen, um nicht daran zu<lb/> erſticken. Aus dieſem Grunde vertraue ich dem ver-<lb/> ſchwiegenen Papiere an, was ich Keinem ſagen dürfte<lb/> noch möchte. Jch fürchte mich nicht davor, daß dieſe<lb/> unter dem Einfluſſe der größeſten phyſiſchen und mo-<lb/> raliſchen Leiden geſchriebenen Zeilen Jemanden zu Ge-<lb/> ſichte kommen, ich wünſche es vielmehr und bete nur<lb/> darum zu Gott, daß ſie in die rechten Hände fallen,<lb/> daß ſie irgend einem Weſen nützen, es warnen, be-<lb/> lehren und vom Fortwandeln auf dem Pfade der<lb/> Sünde abſchrecken mögen. Wenn das geſchieht, werde<lb/> ich ein Häufchen Staub und Aſche, die zu Gott zu-<lb/> rückgekehrte Seele wird geläutert und erhaben über<lb/> Verachtung, Spott und Hohn ſeyn; nicht mehr wird<lb/> das Drohen der irdiſchen Gerechtigkeit ſie erſchrecken<lb/> und ſelbſt das furchtbarſte aller Leiden, die Selbſt-<lb/> verachtung, wird von ihr genommen ſeyn.</p><lb/> <p>Wem aus der Thränenſaat der Reue die Hoff-<lb/> nung auf die ewige Barmherzigkeit emporblühte, der<lb/> glaubt nicht genug weinen zu können. Jch werde viel<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [93/0099]
mich früher mit den Menſchen im Zuſammenhange
hielten, zerriſſen habe; ich, die ich gänzlich verwaiſt,
gänzlich vereinzelt in der weiten Schöpfung daſtehe,
zu wem ſollte, dürfte ich reden, als zu mir ſelbſt?
Es will der körperliche Schmerz ſein Aechzen, ſeinen
Schrei ſich nicht nehmen laſſen, und eben ſo will auch
die Seele den ihrigen aushauchen, um nicht daran zu
erſticken. Aus dieſem Grunde vertraue ich dem ver-
ſchwiegenen Papiere an, was ich Keinem ſagen dürfte
noch möchte. Jch fürchte mich nicht davor, daß dieſe
unter dem Einfluſſe der größeſten phyſiſchen und mo-
raliſchen Leiden geſchriebenen Zeilen Jemanden zu Ge-
ſichte kommen, ich wünſche es vielmehr und bete nur
darum zu Gott, daß ſie in die rechten Hände fallen,
daß ſie irgend einem Weſen nützen, es warnen, be-
lehren und vom Fortwandeln auf dem Pfade der
Sünde abſchrecken mögen. Wenn das geſchieht, werde
ich ein Häufchen Staub und Aſche, die zu Gott zu-
rückgekehrte Seele wird geläutert und erhaben über
Verachtung, Spott und Hohn ſeyn; nicht mehr wird
das Drohen der irdiſchen Gerechtigkeit ſie erſchrecken
und ſelbſt das furchtbarſte aller Leiden, die Selbſt-
verachtung, wird von ihr genommen ſeyn.
Wem aus der Thränenſaat der Reue die Hoff-
nung auf die ewige Barmherzigkeit emporblühte, der
glaubt nicht genug weinen zu können. Jch werde viel
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