Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

unseres Propheten in Jllinois; warten wir also den
Ausgang des Kampfes dort in Ruhe ab, denn er
allein entscheidet Alles."

Er öffnete mit diesen Worten die Thür eines
am Flur belegnen Zimmers und lud Sir John durch
eine Verbeugung ein, in dasselbe zu treten; dann traf
er seine Anordnungen im übrigen Gebäude, als ob
er der Gebieter darin wäre -- und für den Augen-
blick war er das ja auch -- besetzte alle Ausgänge,
stellte draußen Posten auf und traf seine Maßregeln
so gut, daß er sicher vor dem Entkommen seiner Ge-
fangenen seyn konnte, obgleich er ihnen im Hause
volle Freiheit ließ. Auf die Bitte des Gouverneurs,
mit seiner Tochter zusammen wohnen zu dürfen, ging
er mit Bereitwilligkeit ein und betrug sich überhaupt
so artig und rücksichtsvoll gegen Beide, als es die
Umstände nur irgend erlaubten.

Man wird sich den Schrecken der Bewohner von
St. Louis vorstellen können, als sie bei ihrem Er-
wachen die Stadt in der Gewalt der Feinde sahen,
die alle Posten besetzt und die wenigen, zur Aufrecht-
haltung der Ordnung zurückbehaltenen Krieger in das
große Staatsgefängniß eingesperrt hatten, wo man
auch sie mit Schonung behandelte; denn es lag in der
Politik des Propheten, den Haß der Besiegten so wenig
als möglich gegen sich und die Seinigen aufzureizen.

unſeres Propheten in Jllinois; warten wir alſo den
Ausgang des Kampfes dort in Ruhe ab, denn er
allein entſcheidet Alles.“

Er öffnete mit dieſen Worten die Thür eines
am Flur belegnen Zimmers und lud Sir John durch
eine Verbeugung ein, in daſſelbe zu treten; dann traf
er ſeine Anordnungen im übrigen Gebäude, als ob
er der Gebieter darin wäre — und für den Augen-
blick war er das ja auch — beſetzte alle Ausgänge,
ſtellte draußen Poſten auf und traf ſeine Maßregeln
ſo gut, daß er ſicher vor dem Entkommen ſeiner Ge-
fangenen ſeyn konnte, obgleich er ihnen im Hauſe
volle Freiheit ließ. Auf die Bitte des Gouverneurs,
mit ſeiner Tochter zuſammen wohnen zu dürfen, ging
er mit Bereitwilligkeit ein und betrug ſich überhaupt
ſo artig und rückſichtsvoll gegen Beide, als es die
Umſtände nur irgend erlaubten.

Man wird ſich den Schrecken der Bewohner von
St. Louis vorſtellen können, als ſie bei ihrem Er-
wachen die Stadt in der Gewalt der Feinde ſahen,
die alle Poſten beſetzt und die wenigen, zur Aufrecht-
haltung der Ordnung zurückbehaltenen Krieger in das
große Staatsgefängniß eingeſperrt hatten, wo man
auch ſie mit Schonung behandelte; denn es lag in der
Politik des Propheten, den Haß der Beſiegten ſo wenig
als möglich gegen ſich und die Seinigen aufzureizen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0132" n="126"/>
un&#x017F;eres Propheten in Jllinois; warten wir al&#x017F;o den<lb/>
Ausgang des Kampfes dort in Ruhe ab, denn er<lb/>
allein ent&#x017F;cheidet Alles.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Er öffnete mit die&#x017F;en Worten die Thür eines<lb/>
am Flur belegnen Zimmers und lud Sir John durch<lb/>
eine Verbeugung ein, in da&#x017F;&#x017F;elbe zu treten; dann traf<lb/>
er &#x017F;eine Anordnungen im übrigen Gebäude, als ob<lb/>
er der Gebieter darin wäre &#x2014; und für den Augen-<lb/>
blick war er das ja auch &#x2014; be&#x017F;etzte alle Ausgänge,<lb/>
&#x017F;tellte draußen Po&#x017F;ten auf und traf &#x017F;eine Maßregeln<lb/>
&#x017F;o gut, daß er &#x017F;icher vor dem Entkommen &#x017F;einer Ge-<lb/>
fangenen &#x017F;eyn konnte, obgleich er ihnen im Hau&#x017F;e<lb/>
volle Freiheit ließ. Auf die Bitte des Gouverneurs,<lb/>
mit &#x017F;einer Tochter zu&#x017F;ammen wohnen zu dürfen, ging<lb/>
er mit Bereitwilligkeit ein und betrug &#x017F;ich überhaupt<lb/>
&#x017F;o artig und rück&#x017F;ichtsvoll gegen Beide, als es die<lb/>
Um&#x017F;tände nur irgend erlaubten.</p><lb/>
        <p>Man wird &#x017F;ich den Schrecken der Bewohner von<lb/>
St. Louis vor&#x017F;tellen können, als &#x017F;ie bei ihrem Er-<lb/>
wachen die Stadt in der Gewalt der Feinde &#x017F;ahen,<lb/>
die alle Po&#x017F;ten be&#x017F;etzt und die wenigen, zur Aufrecht-<lb/>
haltung der Ordnung zurückbehaltenen Krieger in das<lb/>
große Staatsgefängniß einge&#x017F;perrt hatten, wo man<lb/>
auch &#x017F;ie mit Schonung behandelte; denn es lag in der<lb/>
Politik des Propheten, den Haß der Be&#x017F;iegten &#x017F;o wenig<lb/>
als möglich gegen &#x017F;ich und die Seinigen aufzureizen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0132] unſeres Propheten in Jllinois; warten wir alſo den Ausgang des Kampfes dort in Ruhe ab, denn er allein entſcheidet Alles.“ Er öffnete mit dieſen Worten die Thür eines am Flur belegnen Zimmers und lud Sir John durch eine Verbeugung ein, in daſſelbe zu treten; dann traf er ſeine Anordnungen im übrigen Gebäude, als ob er der Gebieter darin wäre — und für den Augen- blick war er das ja auch — beſetzte alle Ausgänge, ſtellte draußen Poſten auf und traf ſeine Maßregeln ſo gut, daß er ſicher vor dem Entkommen ſeiner Ge- fangenen ſeyn konnte, obgleich er ihnen im Hauſe volle Freiheit ließ. Auf die Bitte des Gouverneurs, mit ſeiner Tochter zuſammen wohnen zu dürfen, ging er mit Bereitwilligkeit ein und betrug ſich überhaupt ſo artig und rückſichtsvoll gegen Beide, als es die Umſtände nur irgend erlaubten. Man wird ſich den Schrecken der Bewohner von St. Louis vorſtellen können, als ſie bei ihrem Er- wachen die Stadt in der Gewalt der Feinde ſahen, die alle Poſten beſetzt und die wenigen, zur Aufrecht- haltung der Ordnung zurückbehaltenen Krieger in das große Staatsgefängniß eingeſperrt hatten, wo man auch ſie mit Schonung behandelte; denn es lag in der Politik des Propheten, den Haß der Beſiegten ſo wenig als möglich gegen ſich und die Seinigen aufzureizen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/132
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/132>, abgerufen am 27.11.2024.