Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Ein Corporal des Postens, der sein Wachthaus im
Gefängnisse hatte, war mit einem Gefreiten unten,
um die unglückliche Nachricht zu verkünden. Als man
am Mittag, berichtete er, mit einer neuen Mann-
schaft anlangte, um die frühere abzulösen, fand man
keinen Soldaten auf dem Posten und als man in das
Jnnere des Gebäudes drang, sah man die sechs Mann,
welche die Wache besetzt gehalten hatten, todt am Bo-
den liegen. Auf dem Tische standen mehre leere Fla-
schen; nur in einer war noch ein kleiner Rest übrig
geblieben und bei einer spätern Untersuchung ergab
sich, daß dieser Rest ein heftig wirkendes, schnell töd-
tendes Gift enthielt. Die in das Gefängniß führende,
stark mit Eisen beschlagene Thür war erbrochen, die
Ketten, womit man Joram gefesselt gehabt hatte, la-
gen gleichfalls zerbrochen am Boden da und von die-
sem selbst war keine Spur mehr zu entdecken.

Dies war, was der Corporal meldete. Die bei-
den Männer verfügten sich in seiner und des Gefrei-
ten Begleitung augenblicklich an Ort und Stelle und
man fand Alles so, wie er ausgesagt hatte. Ver-
gebens war das Bemühen der herbeigerufenen Aerzte,
die Gemordeten in's Leben zurückzurufen: sie waren
bereits völlig todt, ja sogar schon erkaltet, als man sie
aufnahm, woraus man schließen mußte, daß das Ver-
brechen schon mit Anbruch der Nacht verübt worden sei.

Ein Corporal des Poſtens, der ſein Wachthaus im
Gefängniſſe hatte, war mit einem Gefreiten unten,
um die unglückliche Nachricht zu verkünden. Als man
am Mittag, berichtete er, mit einer neuen Mann-
ſchaft anlangte, um die frühere abzulöſen, fand man
keinen Soldaten auf dem Poſten und als man in das
Jnnere des Gebäudes drang, ſah man die ſechs Mann,
welche die Wache beſetzt gehalten hatten, todt am Bo-
den liegen. Auf dem Tiſche ſtanden mehre leere Fla-
ſchen; nur in einer war noch ein kleiner Reſt übrig
geblieben und bei einer ſpätern Unterſuchung ergab
ſich, daß dieſer Reſt ein heftig wirkendes, ſchnell töd-
tendes Gift enthielt. Die in das Gefängniß führende,
ſtark mit Eiſen beſchlagene Thür war erbrochen, die
Ketten, womit man Joram gefeſſelt gehabt hatte, la-
gen gleichfalls zerbrochen am Boden da und von die-
ſem ſelbſt war keine Spur mehr zu entdecken.

Dies war, was der Corporal meldete. Die bei-
den Männer verfügten ſich in ſeiner und des Gefrei-
ten Begleitung augenblicklich an Ort und Stelle und
man fand Alles ſo, wie er ausgeſagt hatte. Ver-
gebens war das Bemühen der herbeigerufenen Aerzte,
die Gemordeten in’s Leben zurückzurufen: ſie waren
bereits völlig todt, ja ſogar ſchon erkaltet, als man ſie
aufnahm, woraus man ſchließen mußte, daß das Ver-
brechen ſchon mit Anbruch der Nacht verübt worden ſei.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0067" n="61"/>
Ein Corporal des Po&#x017F;tens, der &#x017F;ein Wachthaus im<lb/>
Gefängni&#x017F;&#x017F;e hatte, war mit einem Gefreiten unten,<lb/>
um die unglückliche Nachricht zu verkünden. Als man<lb/>
am Mittag, berichtete er, mit einer neuen Mann-<lb/>
&#x017F;chaft anlangte, um die frühere abzulö&#x017F;en, fand man<lb/>
keinen Soldaten auf dem Po&#x017F;ten und als man in das<lb/>
Jnnere des Gebäudes drang, &#x017F;ah man die &#x017F;echs Mann,<lb/>
welche die Wache be&#x017F;etzt gehalten hatten, todt am Bo-<lb/>
den liegen. Auf dem Ti&#x017F;che &#x017F;tanden mehre leere Fla-<lb/>
&#x017F;chen; nur in einer war noch ein kleiner Re&#x017F;t übrig<lb/>
geblieben und bei einer &#x017F;pätern Unter&#x017F;uchung ergab<lb/>
&#x017F;ich, daß die&#x017F;er Re&#x017F;t ein heftig wirkendes, &#x017F;chnell töd-<lb/>
tendes Gift enthielt. Die in das Gefängniß führende,<lb/>
&#x017F;tark mit Ei&#x017F;en be&#x017F;chlagene Thür war erbrochen, die<lb/>
Ketten, womit man Joram gefe&#x017F;&#x017F;elt gehabt hatte, la-<lb/>
gen gleichfalls zerbrochen am Boden da und von die-<lb/>
&#x017F;em &#x017F;elb&#x017F;t war keine Spur mehr zu entdecken.</p><lb/>
        <p>Dies war, was der Corporal meldete. Die bei-<lb/>
den Männer verfügten &#x017F;ich in &#x017F;einer und des Gefrei-<lb/>
ten Begleitung augenblicklich an Ort und Stelle und<lb/>
man fand Alles &#x017F;o, wie er ausge&#x017F;agt hatte. Ver-<lb/>
gebens war das Bemühen der herbeigerufenen Aerzte,<lb/>
die Gemordeten in&#x2019;s Leben zurückzurufen: &#x017F;ie waren<lb/>
bereits völlig todt, ja &#x017F;ogar &#x017F;chon erkaltet, als man &#x017F;ie<lb/>
aufnahm, woraus man &#x017F;chließen mußte, daß das Ver-<lb/>
brechen &#x017F;chon mit Anbruch der Nacht verübt worden &#x017F;ei.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0067] Ein Corporal des Poſtens, der ſein Wachthaus im Gefängniſſe hatte, war mit einem Gefreiten unten, um die unglückliche Nachricht zu verkünden. Als man am Mittag, berichtete er, mit einer neuen Mann- ſchaft anlangte, um die frühere abzulöſen, fand man keinen Soldaten auf dem Poſten und als man in das Jnnere des Gebäudes drang, ſah man die ſechs Mann, welche die Wache beſetzt gehalten hatten, todt am Bo- den liegen. Auf dem Tiſche ſtanden mehre leere Fla- ſchen; nur in einer war noch ein kleiner Reſt übrig geblieben und bei einer ſpätern Unterſuchung ergab ſich, daß dieſer Reſt ein heftig wirkendes, ſchnell töd- tendes Gift enthielt. Die in das Gefängniß führende, ſtark mit Eiſen beſchlagene Thür war erbrochen, die Ketten, womit man Joram gefeſſelt gehabt hatte, la- gen gleichfalls zerbrochen am Boden da und von die- ſem ſelbſt war keine Spur mehr zu entdecken. Dies war, was der Corporal meldete. Die bei- den Männer verfügten ſich in ſeiner und des Gefrei- ten Begleitung augenblicklich an Ort und Stelle und man fand Alles ſo, wie er ausgeſagt hatte. Ver- gebens war das Bemühen der herbeigerufenen Aerzte, die Gemordeten in’s Leben zurückzurufen: ſie waren bereits völlig todt, ja ſogar ſchon erkaltet, als man ſie aufnahm, woraus man ſchließen mußte, daß das Ver- brechen ſchon mit Anbruch der Nacht verübt worden ſei.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/67
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/67>, abgerufen am 21.11.2024.