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Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

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Nachdenkliche Beschreibung
schraul entstehen/ und viel hundert tausendfach los-
brechen wird/ als wird es allhier genant ein Heulge-
witter;
Wie in einem Gewitter mit Regen und Wind
es der Menge nach durcheinander gehet/ also wird auch
das höllische Geheul erschreklich durch einander klingen/
da Menschen-Geachtz und Teufels-Gebrüll nach aller
Menge und grausamlich durcheinander daher thönen
wird/ welches auch billich überschmertzlichst genennt ist/
Weil alles dieses Heulen aus Entpfindung höllischer
Schmertzen und Qwaal entstehen wird.

Karmenvoller Wimmer Wind) Wim-
meren
heisset im Teutschen eigentlich mit sanften Ge-
leut und Geachtz kläglich winselen/ submisse obva-
gire:
Was für ein erbarmlichst Gewimmer unter so
viel hundert tausend achtzenden Menschen entstehen/
und mit einem Getös die Höllenluft erfüllen werde/
wird angedeutet durch einen gleichfalls daherrauschen-
den Wimmer Wind: Karmen heisset im Teutschen
heulend-schreien/ mit Weinen ruffen/ mit weinender
Stimme sich gebärden; Sol nun der angedeutete
Wimmer Wind Karmenvöllig sein/ so gehet die
Meinung und der Verstand dahin/ daß nebst den leisen
Wimmeren/ auch ein lautes Karmen und heulendes Ge-
bärde mit werde verhanden sein: Und dieses sonst unbe-
schreibliche Heulwesen und achtzender Höllen Zu-
stand
kan mit schlechten gemeinen Worten eben nicht/
sondern muß zum Nachdenken mit Teutschen composi-
tis
vorgestellet werden; Welches billig dem Poetischen
Texte erlaubt sein muß/ wie es dan auch allezeit sonder-
lich denen Griechischen Poeten Homero, Pindaro, He-
siodo
und anderen erlaubt und rühmlich gewesen/ nach-
sinnlichen Verstand durch derogleichen composita vor-
zustellen: Da nun unsere Teutsche Sprache darin (wie
anderweit ausführlich erwiesen) nicht eben so unver-

müg-

Nachdenkliche Beſchreibung
ſchraul entſtehen/ und viel hundert tauſendfach los-
brechen wird/ als wird es allhier genant ein Heulge-
witter;
Wie in einem Gewitter mit Regen und Wind
es der Menge nach durcheinander gehet/ alſo wird auch
das hoͤlliſche Geheul erſchreklich durch einander klingen/
da Menſchen-Geachtz und Teufels-Gebruͤll nach aller
Menge und grauſamlich durcheinander daher thoͤnen
wird/ welches auch billich uͤberſchmertzlichſt genennt iſt/
Weil alles dieſes Heulen aus Entpfindung hoͤlliſcher
Schmertzen und Qwaal entſtehen wird.

Karmenvoller Wimmer Wind) Wim-
meren
heiſſet im Teutſchen eigentlich mit ſanften Ge-
leut und Geachtz klaͤglich winſelen/ ſubmiſsè obva-
gire:
Was fuͤr ein erbarmlichſt Gewimmer unter ſo
viel hundert tauſend achtzenden Menſchen entſtehen/
und mit einem Getoͤs die Hoͤllenluft erfuͤllen werde/
wird angedeutet durch einen gleichfalls daherrauſchen-
den Wimmer Wind: Karmen heiſſet im Teutſchen
heulend-ſchreien/ mit Weinen ruffen/ mit weinender
Stimme ſich gebaͤrden; Sol nun der angedeutete
Wimmer Wind Karmenvoͤllig ſein/ ſo gehet die
Meinung und der Verſtand dahin/ daß nebſt den leiſen
Wimmeren/ auch ein lautes Karmen und heulendes Ge-
baͤrde mit werde verhanden ſein: Und dieſes ſonſt unbe-
ſchreibliche Heulweſen und achtzender Hoͤllen Zu-
ſtand
kan mit ſchlechten gemeinen Worten eben nicht/
ſondern muß zum Nachdenken mit Teutſchen compoſi-
tis
vorgeſtellet werden; Welches billig dem Poetiſchen
Texte erlaubt ſein muß/ wie es dan auch allezeit ſonder-
lich denen Griechiſchen Poeten Homero, Pindaro, He-
ſiodo
und anderen erlaubt und ruͤhmlich geweſen/ nach-
ſinnlichen Verſtand durch derogleichen compoſita vor-
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anderweit ausfuͤhrlich erwieſen) nicht eben ſo unver-

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[174/0242] Nachdenkliche Beſchreibung ſchraul entſtehen/ und viel hundert tauſendfach los- brechen wird/ als wird es allhier genant ein Heulge- witter; Wie in einem Gewitter mit Regen und Wind es der Menge nach durcheinander gehet/ alſo wird auch das hoͤlliſche Geheul erſchreklich durch einander klingen/ da Menſchen-Geachtz und Teufels-Gebruͤll nach aller Menge und grauſamlich durcheinander daher thoͤnen wird/ welches auch billich uͤberſchmertzlichſt genennt iſt/ Weil alles dieſes Heulen aus Entpfindung hoͤlliſcher Schmertzen und Qwaal entſtehen wird. Karmenvoller Wimmer Wind) Wim- meren heiſſet im Teutſchen eigentlich mit ſanften Ge- leut und Geachtz klaͤglich winſelen/ ſubmiſsè obva- gire: Was fuͤr ein erbarmlichſt Gewimmer unter ſo viel hundert tauſend achtzenden Menſchen entſtehen/ und mit einem Getoͤs die Hoͤllenluft erfuͤllen werde/ wird angedeutet durch einen gleichfalls daherrauſchen- den Wimmer Wind: Karmen heiſſet im Teutſchen heulend-ſchreien/ mit Weinen ruffen/ mit weinender Stimme ſich gebaͤrden; Sol nun der angedeutete Wimmer Wind Karmenvoͤllig ſein/ ſo gehet die Meinung und der Verſtand dahin/ daß nebſt den leiſen Wimmeren/ auch ein lautes Karmen und heulendes Ge- baͤrde mit werde verhanden ſein: Und dieſes ſonſt unbe- ſchreibliche Heulweſen und achtzender Hoͤllen Zu- ſtand kan mit ſchlechten gemeinen Worten eben nicht/ ſondern muß zum Nachdenken mit Teutſchen compoſi- tis vorgeſtellet werden; Welches billig dem Poetiſchen Texte erlaubt ſein muß/ wie es dan auch allezeit ſonder- lich denen Griechiſchen Poeten Homero, Pindaro, He- ſiodo und anderen erlaubt und ruͤhmlich geweſen/ nach- ſinnlichen Verſtand durch derogleichen compoſita vor- zuſtellen: Da nun unſere Teutſche Sprache darin (wie anderweit ausfuͤhrlich erwieſen) nicht eben ſo unver- muͤg-

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Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/242>, abgerufen am 21.11.2024.