Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.Nachdenkliche Beschreibung sein/ wie und wo du wirst Leibesschmertzen entfinden/wie unsanft und weh dir solches thun wird: Wollan/ ich muß gedenken/ daß ich ein Mensche bin/ und so gar allein die Länge nicht werde hindurch gehen/ und von Krankheit und Tod befreiet sein: Jst mir itzund/ da ich so gesund und im weichen Bette bin/ so entpfindlich/ un- geschlaffen ligen/ wie wird mir zu muhte sein bei Krank- heiten und Schmertzen: Mir als einem Menschen wer- den solche Vorboten des Todes begegnen/ es were dan/ daß ein schneller Tod mich überfiele. Aber was denke ich/ ein schneller Tod? dafür behüte mich mein GOtt/ dan zumahl gefährlich alsdan sein möchte/ ob ich auch bereit were alsdan zu sterben/ ob ich bei meiner gewön- lichen Lebensart auch mich zur Busse angeschikket/ und die Zuversicht auf das Verdienst Christi gebürlich gefas- set hätte: Aber wie dem allen/ ich sterbe durch Krank- heit und nicht ohn Leibesschmertzen/ oder ich werde schleu- nig durch den Tod dieses Lebens beraubet/ gedenke wo bleibe ich dan weiter? Jch bin ja ein Mensch/ und alles dieses ist menschlich/ was mir gantz gewiß also begegnen wird: Wo bleibet mein Leib? wo bleibet meine Seele? Der Leib/ wie ich alle Tage sehe/ wird in die Erde ver- scharret/ und denselben verzehren Schlangen und Wür- mer. Aber wo bleibet die Seele? ach ja meine Seele/ die erschaffen ist zu einem ewig-sein/ zu einem unendlichen Leben/ in der Seeligkeit oder in der Unseeligkeit. Ei be- hüte GOtt/ was fallen mir für Gedanken ein/ Chri- stus selbst saget/ gehet hin in das ewige Feur/ O was ist das für eine erschrekliche Sache/ ein ewiges Feur? Chri- stus sagt auch selbst/ gehet ein zur engen Pforte/ und wenig würden dahinnein gehen/ viele aber würden hin- eilen auf dem breiten Wege zu der weiten Pforte: Ei solte ich wol bishero auf dem engen oder breiten Wege gewesen sein/ daran ich sonst so wenig gedacht/ bis mich diese
Nachdenkliche Beſchreibung ſein/ wie und wo du wirſt Leibesſchmertzen entfinden/wie unſanft und weh dir ſolches thun wird: Wollan/ ich muß gedenken/ daß ich ein Menſche bin/ und ſo gar allein die Laͤnge nicht werde hindurch gehen/ und von Krankheit und Tod befreiet ſein: Jſt mir itzund/ da ich ſo geſund und im weichen Bette bin/ ſo entpfindlich/ un- geſchlaffen ligen/ wie wird mir zu muhte ſein bei Krank- heiten und Schmertzen: Mir als einem Menſchen wer- den ſolche Vorboten des Todes begegnen/ es were dan/ daß ein ſchneller Tod mich uͤberfiele. Aber was denke ich/ ein ſchneller Tod? dafuͤr behuͤte mich mein GOtt/ dan zumahl gefaͤhrlich alsdan ſein moͤchte/ ob ich auch bereit were alsdan zu ſterben/ ob ich bei meiner gewoͤn- lichen Lebensart auch mich zur Buſſe angeſchikket/ und die Zuverſicht auf das Verdienſt Chriſti gebuͤrlich gefaſ- ſet haͤtte: Aber wie dem allen/ ich ſterbe durch Krank- heit und nicht ohn Leibesſchmertzen/ oder ich werde ſchleu- nig durch den Tod dieſes Lebens beraubet/ gedenke wo bleibe ich dan weiter? Jch bin ja ein Menſch/ und alles dieſes iſt menſchlich/ was mir gantz gewiß alſo begegnen wird: Wo bleibet mein Leib? wo bleibet meine Seele? Der Leib/ wie ich alle Tage ſehe/ wird in die Erde ver- ſcharret/ und denſelben verzehren Schlangen und Wuͤr- mer. Aber wo bleibet die Seele? ach ja meine Seele/ die erſchaffen iſt zu einem ewig-ſein/ zu einem unendlichen Leben/ in der Seeligkeit oder in der Unſeeligkeit. Ei be- huͤte GOtt/ was fallen mir fuͤr Gedanken ein/ Chri- ſtus ſelbſt ſaget/ gehet hin in das ewige Feur/ O was iſt das fuͤr eine erſchrekliche Sache/ ein ewiges Feur? Chri- ſtus ſagt auch ſelbſt/ gehet ein zur engen Pforte/ und wenig wuͤrden dahinnein gehen/ viele aber wuͤrden hin- eilen auf dem breiten Wege zu der weiten Pforte: Ei ſolte ich wol bishero auf dem engen oder breiten Wege geweſen ſein/ daran ich ſonſt ſo wenig gedacht/ bis mich dieſe
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Nachdenkliche Beſchreibung
ſein/ wie und wo du wirſt Leibesſchmertzen entfinden/
wie unſanft und weh dir ſolches thun wird: Wollan/
ich muß gedenken/ daß ich ein Menſche bin/ und ſo gar
allein die Laͤnge nicht werde hindurch gehen/ und von
Krankheit und Tod befreiet ſein: Jſt mir itzund/ da ich
ſo geſund und im weichen Bette bin/ ſo entpfindlich/ un-
geſchlaffen ligen/ wie wird mir zu muhte ſein bei Krank-
heiten und Schmertzen: Mir als einem Menſchen wer-
den ſolche Vorboten des Todes begegnen/ es were dan/
daß ein ſchneller Tod mich uͤberfiele. Aber was denke
ich/ ein ſchneller Tod? dafuͤr behuͤte mich mein GOtt/
dan zumahl gefaͤhrlich alsdan ſein moͤchte/ ob ich auch
bereit were alsdan zu ſterben/ ob ich bei meiner gewoͤn-
lichen Lebensart auch mich zur Buſſe angeſchikket/ und
die Zuverſicht auf das Verdienſt Chriſti gebuͤrlich gefaſ-
ſet haͤtte: Aber wie dem allen/ ich ſterbe durch Krank-
heit und nicht ohn Leibesſchmertzen/ oder ich werde ſchleu-
nig durch den Tod dieſes Lebens beraubet/ gedenke wo
bleibe ich dan weiter? Jch bin ja ein Menſch/ und alles
dieſes iſt menſchlich/ was mir gantz gewiß alſo begegnen
wird: Wo bleibet mein Leib? wo bleibet meine Seele?
Der Leib/ wie ich alle Tage ſehe/ wird in die Erde ver-
ſcharret/ und denſelben verzehren Schlangen und Wuͤr-
mer. Aber wo bleibet die Seele? ach ja meine Seele/ die
erſchaffen iſt zu einem ewig-ſein/ zu einem unendlichen
Leben/ in der Seeligkeit oder in der Unſeeligkeit. Ei be-
huͤte GOtt/ was fallen mir fuͤr Gedanken ein/ Chri-
ſtus ſelbſt ſaget/ gehet hin in das ewige Feur/ O was iſt
das fuͤr eine erſchrekliche Sache/ ein ewiges Feur? Chri-
ſtus ſagt auch ſelbſt/ gehet ein zur engen Pforte/ und
wenig wuͤrden dahinnein gehen/ viele aber wuͤrden hin-
eilen auf dem breiten Wege zu der weiten Pforte: Ei
ſolte ich wol bishero auf dem engen oder breiten Wege
geweſen ſein/ daran ich ſonſt ſo wenig gedacht/ bis mich
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