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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.

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8. -- 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.
diese Regel wird von Seiten Derjenigen, welche Kin-
der zu beaufsichtigen haben, am meisten gefehlt. Es
ist in der That unbegreiflich, wie man Kindern, ohne
auf eine ausgleichende Nachhilfe Bedacht zu nehmen,
zumuthen kann, auf Stühlen und an Tischen zu arbei-
ten, die nur für das Grössenverhältniss Erwachsener
berechnet sind, da doch das darin liegende Missver-
hältniss in die Augen springt. Und doch geschieht
dies so oft. Die ausgleichende Nachhilfe ist ganz ein-
fach. Hat die Tafel die gewöhnliche Höhe, so muss
man für Kinder den Sitz im entsprechenden
Verhältnisse erhöhen
: durch Unterlagen von der
nöthigen Höhe (Kissen u. dgl.), oder, was offenbar das
allerzweckmässigste ist, dadurch, dass man anstatt ge-
wöhnlicher Sessel eines beliebig höher zu schrauben-
den Drehschemmels sich bedient. Das Bänkchen für
die Füsse muss die Höhe haben, dass letztere in die
eben bequeme Sitzlage kommen.

f) Endlich muss der auf der Tafel befindliche Ge-
genstand der Arbeit (Blatt, Buch u. s. w.) stets ge-
rade
vorliegen.

Um die so häufigen und so äusserst schwer zu verhüten-
den nachtheiligen Gewohnheiten der Kinder beim Arbeiten im
Sitzen zu umgehen, schlagen Manche den Ausweg ein, dass
sie die Kinder an einem Stehpulte arbeiten lassen. Hier-
durch wird aber in der Sache nichts gebessert. Vielmehr
werden durch diese Stellung unrichtige Haltungen eher ver-
anlasst, weil das Stehen ungleich ermüdender ist, als das
Sitzen. Man beobachte nur stehend schreibende Personen.
Fast immer werden sie nur auf einem Fusse, bald auf diesem,
bald auf dem anderen stehen, weil das Bedürfniss der Ruhe
die Füsse abwechselnd dazu nöthigt. Fast immer werden sie
mit einem grossen Theile ihrer Körperlast an das Pult sich
lehnen, dabei die Brust andrücken und den Oberkörper und
Kopf zu sehr vorbeugen. Kurz, die gerügten Haltungsfehler
beim Schreiben werden durch die stehende Stellung mehr be-
günstigt, als verhütet.

8. — 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.
diese Regel wird von Seiten Derjenigen, welche Kin-
der zu beaufsichtigen haben, am meisten gefehlt. Es
ist in der That unbegreiflich, wie man Kindern, ohne
auf eine ausgleichende Nachhilfe Bedacht zu nehmen,
zumuthen kann, auf Stühlen und an Tischen zu arbei-
ten, die nur für das Grössenverhältniss Erwachsener
berechnet sind, da doch das darin liegende Missver-
hältniss in die Augen springt. Und doch geschieht
dies so oft. Die ausgleichende Nachhilfe ist ganz ein-
fach. Hat die Tafel die gewöhnliche Höhe, so muss
man für Kinder den Sitz im entsprechenden
Verhältnisse erhöhen
: durch Unterlagen von der
nöthigen Höhe (Kissen u. dgl.), oder, was offenbar das
allerzweckmässigste ist, dadurch, dass man anstatt ge-
wöhnlicher Sessel eines beliebig höher zu schrauben-
den Drehschemmels sich bedient. Das Bänkchen für
die Füsse muss die Höhe haben, dass letztere in die
eben bequeme Sitzlage kommen.

f) Endlich muss der auf der Tafel befindliche Ge-
genstand der Arbeit (Blatt, Buch u. s. w.) stets ge-
rade
vorliegen.

Um die so häufigen und so äusserst schwer zu verhüten-
den nachtheiligen Gewohnheiten der Kinder beim Arbeiten im
Sitzen zu umgehen, schlagen Manche den Ausweg ein, dass
sie die Kinder an einem Stehpulte arbeiten lassen. Hier-
durch wird aber in der Sache nichts gebessert. Vielmehr
werden durch diese Stellung unrichtige Haltungen eher ver-
anlasst, weil das Stehen ungleich ermüdender ist, als das
Sitzen. Man beobachte nur stehend schreibende Personen.
Fast immer werden sie nur auf einem Fusse, bald auf diesem,
bald auf dem anderen stehen, weil das Bedürfniss der Ruhe
die Füsse abwechselnd dazu nöthigt. Fast immer werden sie
mit einem grossen Theile ihrer Körperlast an das Pult sich
lehnen, dabei die Brust andrücken und den Oberkörper und
Kopf zu sehr vorbeugen. Kurz, die gerügten Haltungsfehler
beim Schreiben werden durch die stehende Stellung mehr be-
günstigt, als verhütet.

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[202/0206] 8. — 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN. diese Regel wird von Seiten Derjenigen, welche Kin- der zu beaufsichtigen haben, am meisten gefehlt. Es ist in der That unbegreiflich, wie man Kindern, ohne auf eine ausgleichende Nachhilfe Bedacht zu nehmen, zumuthen kann, auf Stühlen und an Tischen zu arbei- ten, die nur für das Grössenverhältniss Erwachsener berechnet sind, da doch das darin liegende Missver- hältniss in die Augen springt. Und doch geschieht dies so oft. Die ausgleichende Nachhilfe ist ganz ein- fach. Hat die Tafel die gewöhnliche Höhe, so muss man für Kinder den Sitz im entsprechenden Verhältnisse erhöhen: durch Unterlagen von der nöthigen Höhe (Kissen u. dgl.), oder, was offenbar das allerzweckmässigste ist, dadurch, dass man anstatt ge- wöhnlicher Sessel eines beliebig höher zu schrauben- den Drehschemmels sich bedient. Das Bänkchen für die Füsse muss die Höhe haben, dass letztere in die eben bequeme Sitzlage kommen. f) Endlich muss der auf der Tafel befindliche Ge- genstand der Arbeit (Blatt, Buch u. s. w.) stets ge- rade vorliegen. Um die so häufigen und so äusserst schwer zu verhüten- den nachtheiligen Gewohnheiten der Kinder beim Arbeiten im Sitzen zu umgehen, schlagen Manche den Ausweg ein, dass sie die Kinder an einem Stehpulte arbeiten lassen. Hier- durch wird aber in der Sache nichts gebessert. Vielmehr werden durch diese Stellung unrichtige Haltungen eher ver- anlasst, weil das Stehen ungleich ermüdender ist, als das Sitzen. Man beobachte nur stehend schreibende Personen. Fast immer werden sie nur auf einem Fusse, bald auf diesem, bald auf dem anderen stehen, weil das Bedürfniss der Ruhe die Füsse abwechselnd dazu nöthigt. Fast immer werden sie mit einem grossen Theile ihrer Körperlast an das Pult sich lehnen, dabei die Brust andrücken und den Oberkörper und Kopf zu sehr vorbeugen. Kurz, die gerügten Haltungsfehler beim Schreiben werden durch die stehende Stellung mehr be- günstigt, als verhütet.

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Zitationshilfe: Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/206>, abgerufen am 21.11.2024.