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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.

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1. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.
7) Körper-Form, Haltungen und Gewohnheiten.

Unfähig, wie das Kind in den ersten Monaten des Lebens
ist, seine Lage und Haltung durch selbständige Bewegung will-
kürlich zu bestimmen und zu verändern, verharrt es in der
Lage, welche es von der Hand seiner Wärterin erhält. Gleich-
wohl sind diese rein passiven Körperhaltungen ebenso zu be-
achten, wie die selbständigen der späteren Altersstufen, insofern
bei der äussersten körperlichen Zartheit und Weiche alle Hal-
tungen und Gewohnheiten um so leichter auf die bleibende
Körperform Einfluss üben.

Zunächst verlangt das Anfassen des zarten kindlichen
Körpers beim Baden, Waschen, Ankleiden u. s. w. besondere
Rücksichten. Soll das uneingehüllte Kind von einem Orte
zum anderen gehoben werden, so darf es nur auf diese Weise
geschehen, dass die Wärterin ihre beiden flachen Hände in
entgegengesetzter Richtung unter den Rücken des Kindes
schiebt, ihn möglichst umfasst, den Kopf des Kindes auf ihrem
einem Vorderarme ruhen lässt und so das Kind hebt. Be-
findet sich das Kind im Bade, so muss die Wärterin mit ihrem
einen Arme die Schultern und den Kopf des Kindes so un-
terstützen, dass beide darauf sicher ruhend auf der Oberfläche
des Wassers erhalten werden. Liegt das Kind auf dem Kissen
und sollen einzelne Theile oder der ganze Körper behufs des
Reinigens und Ankleidens gewendet oder gehoben werden, so
muss dabei jedes einseitige Anfassen, z. B. an einem Arme
oder an einem Fusse, vermieden werden. Beim Waschen des
Rückens muss das Kind abwechselnd ebenso oft nach der einen
wie nach der anderen Seite gewendet werden. Nicht minder
ist beim Anlegen des Säuglings an die Brust auf regelmässig
abwechselnde Lage desselben zu halten, so nämlich, dass, wo
blos eine Brust brauchbar ist, der Wechsel der Lage ein Mal
um das andere mittels Durchstecken des Kindes unter dem
Arme der Säugenden erfolgt. Auch diese, Vielen vielleicht
unbedeutend erscheinenden Rücksichten sind wohl zu beachten,
weil gerade in der ersten Lebenszeit des Kindes durch irgend
ein einseitiges Verfahren der Wärterin sehr leicht die erste

1. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.
7) Körper-Form, Haltungen und Gewohnheiten.

Unfähig, wie das Kind in den ersten Monaten des Lebens
ist, seine Lage und Haltung durch selbständige Bewegung will-
kürlich zu bestimmen und zu verändern, verharrt es in der
Lage, welche es von der Hand seiner Wärterin erhält. Gleich-
wohl sind diese rein passiven Körperhaltungen ebenso zu be-
achten, wie die selbständigen der späteren Altersstufen, insofern
bei der äussersten körperlichen Zartheit und Weiche alle Hal-
tungen und Gewohnheiten um so leichter auf die bleibende
Körperform Einfluss üben.

Zunächst verlangt das Anfassen des zarten kindlichen
Körpers beim Baden, Waschen, Ankleiden u. s. w. besondere
Rücksichten. Soll das uneingehüllte Kind von einem Orte
zum anderen gehoben werden, so darf es nur auf diese Weise
geschehen, dass die Wärterin ihre beiden flachen Hände in
entgegengesetzter Richtung unter den Rücken des Kindes
schiebt, ihn möglichst umfasst, den Kopf des Kindes auf ihrem
einem Vorderarme ruhen lässt und so das Kind hebt. Be-
findet sich das Kind im Bade, so muss die Wärterin mit ihrem
einen Arme die Schultern und den Kopf des Kindes so un-
terstützen, dass beide darauf sicher ruhend auf der Oberfläche
des Wassers erhalten werden. Liegt das Kind auf dem Kissen
und sollen einzelne Theile oder der ganze Körper behufs des
Reinigens und Ankleidens gewendet oder gehoben werden, so
muss dabei jedes einseitige Anfassen, z. B. an einem Arme
oder an einem Fusse, vermieden werden. Beim Waschen des
Rückens muss das Kind abwechselnd ebenso oft nach der einen
wie nach der anderen Seite gewendet werden. Nicht minder
ist beim Anlegen des Säuglings an die Brust auf regelmässig
abwechselnde Lage desselben zu halten, so nämlich, dass, wo
blos eine Brust brauchbar ist, der Wechsel der Lage ein Mal
um das andere mittels Durchstecken des Kindes unter dem
Arme der Säugenden erfolgt. Auch diese, Vielen vielleicht
unbedeutend erscheinenden Rücksichten sind wohl zu beachten,
weil gerade in der ersten Lebenszeit des Kindes durch irgend
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[52/0056] 1. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN. 7) Körper-Form, Haltungen und Gewohnheiten. Unfähig, wie das Kind in den ersten Monaten des Lebens ist, seine Lage und Haltung durch selbständige Bewegung will- kürlich zu bestimmen und zu verändern, verharrt es in der Lage, welche es von der Hand seiner Wärterin erhält. Gleich- wohl sind diese rein passiven Körperhaltungen ebenso zu be- achten, wie die selbständigen der späteren Altersstufen, insofern bei der äussersten körperlichen Zartheit und Weiche alle Hal- tungen und Gewohnheiten um so leichter auf die bleibende Körperform Einfluss üben. Zunächst verlangt das Anfassen des zarten kindlichen Körpers beim Baden, Waschen, Ankleiden u. s. w. besondere Rücksichten. Soll das uneingehüllte Kind von einem Orte zum anderen gehoben werden, so darf es nur auf diese Weise geschehen, dass die Wärterin ihre beiden flachen Hände in entgegengesetzter Richtung unter den Rücken des Kindes schiebt, ihn möglichst umfasst, den Kopf des Kindes auf ihrem einem Vorderarme ruhen lässt und so das Kind hebt. Be- findet sich das Kind im Bade, so muss die Wärterin mit ihrem einen Arme die Schultern und den Kopf des Kindes so un- terstützen, dass beide darauf sicher ruhend auf der Oberfläche des Wassers erhalten werden. Liegt das Kind auf dem Kissen und sollen einzelne Theile oder der ganze Körper behufs des Reinigens und Ankleidens gewendet oder gehoben werden, so muss dabei jedes einseitige Anfassen, z. B. an einem Arme oder an einem Fusse, vermieden werden. Beim Waschen des Rückens muss das Kind abwechselnd ebenso oft nach der einen wie nach der anderen Seite gewendet werden. Nicht minder ist beim Anlegen des Säuglings an die Brust auf regelmässig abwechselnde Lage desselben zu halten, so nämlich, dass, wo blos eine Brust brauchbar ist, der Wechsel der Lage ein Mal um das andere mittels Durchstecken des Kindes unter dem Arme der Säugenden erfolgt. Auch diese, Vielen vielleicht unbedeutend erscheinenden Rücksichten sind wohl zu beachten, weil gerade in der ersten Lebenszeit des Kindes durch irgend ein einseitiges Verfahren der Wärterin sehr leicht die erste

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Zitationshilfe: Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/56>, abgerufen am 22.11.2024.