Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.1. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN. Veranlassung zu einseitigen Körperhaltungen des Kindes ge-geben wird, welche später schwer zu beseitigen sind und immer eine vielfache Kette weiterer schädlicher Gewohnheiten und Folgen nach sich ziehen. -- Etwas ältere Kinder fasst man am besten unter beiden Achseln. Die zum festen Aufrechterhalten des Kopfes und Dieselben Rücksichten hinsichtlich der aufrechten (nament- 1. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN. Veranlassung zu einseitigen Körperhaltungen des Kindes ge-geben wird, welche später schwer zu beseitigen sind und immer eine vielfache Kette weiterer schädlicher Gewohnheiten und Folgen nach sich ziehen. — Etwas ältere Kinder fasst man am besten unter beiden Achseln. Die zum festen Aufrechterhalten des Kopfes und Dieselben Rücksichten hinsichtlich der aufrechten (nament- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0057" n="53"/><fw place="top" type="header">1. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.</fw><lb/> Veranlassung zu einseitigen Körperhaltungen des Kindes ge-<lb/> geben wird, welche später schwer zu beseitigen sind und immer<lb/> eine vielfache Kette weiterer schädlicher Gewohnheiten und<lb/> Folgen nach sich ziehen. — Etwas ältere Kinder fasst man<lb/> am besten unter beiden Achseln.</p><lb/> <p>Die zum festen <hi rendition="#g">Aufrechterhalten des Kopfes und<lb/> Rumpfes</hi> nöthige Kraft erlangen die Kinder durchschnittlich<lb/> nicht vor Ablauf des ersten Vierteljahres, schwächliche Kinder<lb/> noch später. Daher muss als Regel gelten, bis zu diesem Zeit-<lb/> abschnitte die Kinder <hi rendition="#g">ausschliesslich in liegender Stel-<lb/> lung</hi> und vom Wickelbette umgeben zu lassen. Oft können<lb/> die Mütter die Zeit nicht erwarten, wo sie ihre Lieblinge mit<lb/> Kleidern angeputzt auf dem Arme herumtragen, und müssen<lb/> diese Ungeduld oft schwer büssen. Wird nämlich das Kind ge-<lb/> nöthigt in Stellungen sich zu erhalten, wozu die erforderliche<lb/> Muskelkraft noch nicht vorhanden ist, so wird dadurch zu<lb/> ungleichseitiger Entwickelung und mannichfaltigen Verbildungen<lb/> des Körpers, ganz besonders des Rückens, gar häufig der erste<lb/> Grund gelegt. Das Vorhandensein der erforderlichen Kraft<lb/> gibt das Kind durch entsprechende Bestrebungen und Be-<lb/> wegungen (z. B. häufiges straffes Aufrichten des Kopfes) von<lb/> selbst deutlich zu erkennen. Diese natürliche Aufforderung muss<lb/> man bei jedem Kinde abwarten. Wie bemerkt, tritt dieser<lb/> Zeitpunkt nicht früher als zu Ende des 3. oder zu Anfang des<lb/> 4. Lebensmonates ein. Aber auch dann darf das Kind nur<lb/> ganz allmälig, in nach und nach längerer Dauer der liegenden<lb/> Stellung im Wickelbette entnommen werden, bis es durch<lb/> Uebung die hierzu erforderliche Muskelkraft erlangt und be-<lb/> festigt hat. Jede leise Spur von Ermüdung muss indess auch<lb/> später noch auf längere Zeit hin stets durch sofortige Ruhe-<lb/> pausen in liegender Stellung befriedigt werden.</p><lb/> <p>Dieselben Rücksichten hinsichtlich der aufrechten (nament-<lb/> lich sitzenden) Körperstellung gelten auch für ältere Kinder,<lb/> wenn sie durch Krankheiten an Muskelkraft bedeutend ver-<lb/> loren haben, so lange, bis das volle gewöhnliche Kraftmaass<lb/> sich wiedergefunden hat. Auch hier müssen die Kinder in der<lb/> ersten Zeit der Wiedergenesungsperiode zur Verhütung von<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0057]
1. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.
Veranlassung zu einseitigen Körperhaltungen des Kindes ge-
geben wird, welche später schwer zu beseitigen sind und immer
eine vielfache Kette weiterer schädlicher Gewohnheiten und
Folgen nach sich ziehen. — Etwas ältere Kinder fasst man
am besten unter beiden Achseln.
Die zum festen Aufrechterhalten des Kopfes und
Rumpfes nöthige Kraft erlangen die Kinder durchschnittlich
nicht vor Ablauf des ersten Vierteljahres, schwächliche Kinder
noch später. Daher muss als Regel gelten, bis zu diesem Zeit-
abschnitte die Kinder ausschliesslich in liegender Stel-
lung und vom Wickelbette umgeben zu lassen. Oft können
die Mütter die Zeit nicht erwarten, wo sie ihre Lieblinge mit
Kleidern angeputzt auf dem Arme herumtragen, und müssen
diese Ungeduld oft schwer büssen. Wird nämlich das Kind ge-
nöthigt in Stellungen sich zu erhalten, wozu die erforderliche
Muskelkraft noch nicht vorhanden ist, so wird dadurch zu
ungleichseitiger Entwickelung und mannichfaltigen Verbildungen
des Körpers, ganz besonders des Rückens, gar häufig der erste
Grund gelegt. Das Vorhandensein der erforderlichen Kraft
gibt das Kind durch entsprechende Bestrebungen und Be-
wegungen (z. B. häufiges straffes Aufrichten des Kopfes) von
selbst deutlich zu erkennen. Diese natürliche Aufforderung muss
man bei jedem Kinde abwarten. Wie bemerkt, tritt dieser
Zeitpunkt nicht früher als zu Ende des 3. oder zu Anfang des
4. Lebensmonates ein. Aber auch dann darf das Kind nur
ganz allmälig, in nach und nach längerer Dauer der liegenden
Stellung im Wickelbette entnommen werden, bis es durch
Uebung die hierzu erforderliche Muskelkraft erlangt und be-
festigt hat. Jede leise Spur von Ermüdung muss indess auch
später noch auf längere Zeit hin stets durch sofortige Ruhe-
pausen in liegender Stellung befriedigt werden.
Dieselben Rücksichten hinsichtlich der aufrechten (nament-
lich sitzenden) Körperstellung gelten auch für ältere Kinder,
wenn sie durch Krankheiten an Muskelkraft bedeutend ver-
loren haben, so lange, bis das volle gewöhnliche Kraftmaass
sich wiedergefunden hat. Auch hier müssen die Kinder in der
ersten Zeit der Wiedergenesungsperiode zur Verhütung von
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