Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.2.--7. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. NAHRUNG. fänglichen Verdauungsact, welcher durch zu starke Verdünnungder Verdauungssäfte, die die Speisen chemisch umwandeln sollen, geschwächt werden würde. Milch und Wasser sind für das ganze kindliche Alter die wahrhaft zuträglichen und naturgemässen Getränke. Was die Milch betrifft, so bedarf sie, wie schon bemerkt, zu ihrer Verdaulichkeit sehr der Ein- speichelung, und es ist daher empfehlenswerther, der Milch- portion immer etwas Kaubares hinzuzufügen, als dieselbe in Form eines leeren Getränkes geniessen zu lassen. -- Von warmen Getränken sind nur Cacao oder Kochbier mit Milch versetzt dem kindlichen Körper angemessen. -- Alle übrigen Getränke, Kaffee, Thee, Chocolade und sämmtliche Spirituosen, wohin auch die stärkeren Biersorten gehören, sind in Anbe- tracht der Eigenthümlichkeiten des ganzen Lebensprocesses im kindlichen Organismus demselben mehr oder weniger feind- selig, wenn auch nicht unmittelbar hervortretende, aber doch -- wenigstens bei häufigem Gebrauche -- schleichende Gifte für denselben. Ein wesentlicher Punkt ist es, dass bei der nunmehr ver- 2.—7. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. NAHRUNG. fänglichen Verdauungsact, welcher durch zu starke Verdünnungder Verdauungssäfte, die die Speisen chemisch umwandeln sollen, geschwächt werden würde. Milch und Wasser sind für das ganze kindliche Alter die wahrhaft zuträglichen und naturgemässen Getränke. Was die Milch betrifft, so bedarf sie, wie schon bemerkt, zu ihrer Verdaulichkeit sehr der Ein- speichelung, und es ist daher empfehlenswerther, der Milch- portion immer etwas Kaubares hinzuzufügen, als dieselbe in Form eines leeren Getränkes geniessen zu lassen. — Von warmen Getränken sind nur Cacao oder Kochbier mit Milch versetzt dem kindlichen Körper angemessen. — Alle übrigen Getränke, Kaffee, Thee, Chocolade und sämmtliche Spirituosen, wohin auch die stärkeren Biersorten gehören, sind in Anbe- tracht der Eigenthümlichkeiten des ganzen Lebensprocesses im kindlichen Organismus demselben mehr oder weniger feind- selig, wenn auch nicht unmittelbar hervortretende, aber doch — wenigstens bei häufigem Gebrauche — schleichende Gifte für denselben. Ein wesentlicher Punkt ist es, dass bei der nunmehr ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0079" n="75"/><fw place="top" type="header">2.—7. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. NAHRUNG.</fw><lb/> fänglichen Verdauungsact, welcher durch zu starke Verdünnung<lb/> der Verdauungssäfte, die die Speisen chemisch umwandeln<lb/> sollen, geschwächt werden würde. Milch und Wasser sind<lb/> für das ganze kindliche Alter die wahrhaft zuträglichen und<lb/> naturgemässen Getränke. Was die Milch betrifft, so bedarf<lb/> sie, wie schon bemerkt, zu ihrer Verdaulichkeit sehr der Ein-<lb/> speichelung, und es ist daher empfehlenswerther, der Milch-<lb/> portion immer etwas Kaubares hinzuzufügen, als dieselbe in<lb/> Form eines leeren Getränkes geniessen zu lassen. — Von<lb/> warmen Getränken sind nur Cacao oder Kochbier mit Milch<lb/> versetzt dem kindlichen Körper angemessen. — Alle übrigen<lb/> Getränke, Kaffee, Thee, Chocolade und sämmtliche Spirituosen,<lb/> wohin auch die stärkeren Biersorten gehören, sind in Anbe-<lb/> tracht der Eigenthümlichkeiten des ganzen Lebensprocesses im<lb/> kindlichen Organismus demselben mehr oder weniger feind-<lb/> selig, wenn auch nicht unmittelbar hervortretende, aber doch<lb/> — wenigstens bei häufigem Gebrauche — schleichende Gifte<lb/> für denselben.</p><lb/> <p>Ein wesentlicher Punkt ist es, dass bei der nunmehr ver-<lb/> änderten Beschaffenheit der Nahrungsmittel auch die <hi rendition="#g">Zeit-<lb/> ordnung</hi> ihres Genusses in ein entsprechendes Verhältniss<lb/> gebracht werde. Sie ist das beste Verhütungsmittel <hi rendition="#g">sowohl</hi><lb/> der Unmässigkeit (und mithin des Uebergewichtes der thieri-<lb/> schen Verrichtungen über die geistigen) als auch einer quali-<lb/> tativ-ungesunden Blutbildung. Je substantieller die Nahrung<lb/> wird, um so länger müssen natürlich die Zwischenpausen sein,<lb/> welche die einzelnen Mahlzeiten (auch der Milchgenuss ist als<lb/> eine solche zu rechnen) trennen. Demgemäss nimmt das Kind<lb/> vom dritten Jahre an seinen täglichen Nahrungsbedarf in fünf<lb/> Mahlzeiten zu sich, deren Zeitpunkte aber auch regelmässig<lb/> und streng eingehalten werden müssen. Angemessen ist es,<lb/> der Hauptmahlzeit durch eine kleine Verlängerung der vor-<lb/> hergehenden Pause auch den Haupt-Appetit zu sichern. —<lb/> Als ein Schema der für die Gesundheit eines Kindes von<lb/> 3—7 Jahren angemessensten Tagesordnung in Betreff des<lb/> Nahrungsgenusses möge folgendes betrachtet werden. Des<lb/> Morgens Milch (kalt oder warm nach Belieben) oder Cacao<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0079]
2.—7. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. NAHRUNG.
fänglichen Verdauungsact, welcher durch zu starke Verdünnung
der Verdauungssäfte, die die Speisen chemisch umwandeln
sollen, geschwächt werden würde. Milch und Wasser sind
für das ganze kindliche Alter die wahrhaft zuträglichen und
naturgemässen Getränke. Was die Milch betrifft, so bedarf
sie, wie schon bemerkt, zu ihrer Verdaulichkeit sehr der Ein-
speichelung, und es ist daher empfehlenswerther, der Milch-
portion immer etwas Kaubares hinzuzufügen, als dieselbe in
Form eines leeren Getränkes geniessen zu lassen. — Von
warmen Getränken sind nur Cacao oder Kochbier mit Milch
versetzt dem kindlichen Körper angemessen. — Alle übrigen
Getränke, Kaffee, Thee, Chocolade und sämmtliche Spirituosen,
wohin auch die stärkeren Biersorten gehören, sind in Anbe-
tracht der Eigenthümlichkeiten des ganzen Lebensprocesses im
kindlichen Organismus demselben mehr oder weniger feind-
selig, wenn auch nicht unmittelbar hervortretende, aber doch
— wenigstens bei häufigem Gebrauche — schleichende Gifte
für denselben.
Ein wesentlicher Punkt ist es, dass bei der nunmehr ver-
änderten Beschaffenheit der Nahrungsmittel auch die Zeit-
ordnung ihres Genusses in ein entsprechendes Verhältniss
gebracht werde. Sie ist das beste Verhütungsmittel sowohl
der Unmässigkeit (und mithin des Uebergewichtes der thieri-
schen Verrichtungen über die geistigen) als auch einer quali-
tativ-ungesunden Blutbildung. Je substantieller die Nahrung
wird, um so länger müssen natürlich die Zwischenpausen sein,
welche die einzelnen Mahlzeiten (auch der Milchgenuss ist als
eine solche zu rechnen) trennen. Demgemäss nimmt das Kind
vom dritten Jahre an seinen täglichen Nahrungsbedarf in fünf
Mahlzeiten zu sich, deren Zeitpunkte aber auch regelmässig
und streng eingehalten werden müssen. Angemessen ist es,
der Hauptmahlzeit durch eine kleine Verlängerung der vor-
hergehenden Pause auch den Haupt-Appetit zu sichern. —
Als ein Schema der für die Gesundheit eines Kindes von
3—7 Jahren angemessensten Tagesordnung in Betreff des
Nahrungsgenusses möge folgendes betrachtet werden. Des
Morgens Milch (kalt oder warm nach Belieben) oder Cacao
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