Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

man habe ihr Gretchens Aufführung verdächtig machen und sie als Werkzeug zu ihrer Entfernung aus meinem Hause gebrauchen wollen; sie halte es für ihre Pflicht, das allzu günstige Zeugniß zurück zu nehmen, welches sie der Mad. Miller ertheilt habe, auch müsse sie Gretchen vor einer andern Person warnen, die dabei haupsächlich im Spiele sei.

Abscheulich! rief ich; die boshafte Brigitte! -- Verzeihen Sie der Verblendeten, erwiderte Gretchen; ich habe ihr verziehen. Sie fürchtet wahrscheinlich, durch mich von ihrer Stelle verdrängt zu werden, und fürchtet es vielleicht mehr aus Anhänglichkeit für Ihre Person, als aus Eigennutz. -- Die Elende! sagte ich; was hat ihr Küchenregiment mit Ihnen und mit den Absichten gemein, welche ich in Betracht Ihrer haben kann? Es giebt nur eine Stelle in meinem Hause, die -- doch an diesem Orte nichts davon! Kommen Sie, edles Mädchen! Wenigstens soll der Rang, der Ihnen in meiner Meinung gebührt, nicht länger durch eine niedrige Umgebung zweifelhaft gemacht werden. Sie haben mir Vertrauen bewiesen; ich will zeigen, daß ich dessen werth bin. -- Mit diesen Worten führte ich sie aus Brigittens Zimmer in das meinige, worin ich sie bat, sich bequem zu machen, indessen ich in meinem Cabinette einige Schreibereien zu besorgen hätte.

Paul kam zurück, mir zu melden, daß er meinen Auftrag bei Herrn von Ebert ausgerichtet habe, und daß der Wagen in einer Stunde längstens hier sein werde.

man habe ihr Gretchens Aufführung verdächtig machen und sie als Werkzeug zu ihrer Entfernung aus meinem Hause gebrauchen wollen; sie halte es für ihre Pflicht, das allzu günstige Zeugniß zurück zu nehmen, welches sie der Mad. Miller ertheilt habe, auch müsse sie Gretchen vor einer andern Person warnen, die dabei haupsächlich im Spiele sei.

Abscheulich! rief ich; die boshafte Brigitte! — Verzeihen Sie der Verblendeten, erwiderte Gretchen; ich habe ihr verziehen. Sie fürchtet wahrscheinlich, durch mich von ihrer Stelle verdrängt zu werden, und fürchtet es vielleicht mehr aus Anhänglichkeit für Ihre Person, als aus Eigennutz. — Die Elende! sagte ich; was hat ihr Küchenregiment mit Ihnen und mit den Absichten gemein, welche ich in Betracht Ihrer haben kann? Es giebt nur eine Stelle in meinem Hause, die — doch an diesem Orte nichts davon! Kommen Sie, edles Mädchen! Wenigstens soll der Rang, der Ihnen in meiner Meinung gebührt, nicht länger durch eine niedrige Umgebung zweifelhaft gemacht werden. Sie haben mir Vertrauen bewiesen; ich will zeigen, daß ich dessen werth bin. — Mit diesen Worten führte ich sie aus Brigittens Zimmer in das meinige, worin ich sie bat, sich bequem zu machen, indessen ich in meinem Cabinette einige Schreibereien zu besorgen hätte.

Paul kam zurück, mir zu melden, daß er meinen Auftrag bei Herrn von Ebert ausgerichtet habe, und daß der Wagen in einer Stunde längstens hier sein werde.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="11">
        <p><pb facs="#f0053"/>
man habe ihr                Gretchens Aufführung verdächtig machen und sie als Werkzeug zu ihrer Entfernung aus                meinem Hause gebrauchen wollen; sie halte es für ihre Pflicht, das allzu günstige                Zeugniß zurück zu nehmen, welches sie der Mad. Miller ertheilt habe, auch müsse sie                Gretchen vor einer andern Person warnen, die dabei haupsächlich im Spiele sei.</p><lb/>
        <p>Abscheulich! rief ich; die boshafte Brigitte! &#x2014; Verzeihen Sie der Verblendeten,                erwiderte Gretchen; ich habe ihr verziehen. Sie fürchtet wahrscheinlich, durch mich                von ihrer Stelle verdrängt zu werden, und fürchtet es vielleicht mehr aus                Anhänglichkeit für Ihre Person, als aus Eigennutz. &#x2014; Die Elende! sagte ich; was hat                ihr Küchenregiment mit Ihnen und mit den Absichten gemein, welche ich in Betracht                Ihrer haben kann? Es giebt nur eine Stelle in meinem Hause, die &#x2014; doch an diesem Orte                nichts davon! Kommen Sie, edles Mädchen! Wenigstens soll der Rang, der Ihnen in                meiner Meinung gebührt, nicht länger durch eine niedrige Umgebung zweifelhaft gemacht                werden. Sie haben mir Vertrauen bewiesen; ich will zeigen, daß ich dessen werth bin.                &#x2014; Mit diesen Worten führte ich sie aus Brigittens Zimmer in das meinige, worin ich                sie bat, sich bequem zu machen, indessen ich in meinem Cabinette einige Schreibereien                zu besorgen hätte.</p><lb/>
        <p>Paul kam zurück, mir zu melden, daß er meinen Auftrag bei Herrn von Ebert                ausgerichtet habe, und daß der Wagen in einer Stunde längstens hier sein werde.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0053] man habe ihr Gretchens Aufführung verdächtig machen und sie als Werkzeug zu ihrer Entfernung aus meinem Hause gebrauchen wollen; sie halte es für ihre Pflicht, das allzu günstige Zeugniß zurück zu nehmen, welches sie der Mad. Miller ertheilt habe, auch müsse sie Gretchen vor einer andern Person warnen, die dabei haupsächlich im Spiele sei. Abscheulich! rief ich; die boshafte Brigitte! — Verzeihen Sie der Verblendeten, erwiderte Gretchen; ich habe ihr verziehen. Sie fürchtet wahrscheinlich, durch mich von ihrer Stelle verdrängt zu werden, und fürchtet es vielleicht mehr aus Anhänglichkeit für Ihre Person, als aus Eigennutz. — Die Elende! sagte ich; was hat ihr Küchenregiment mit Ihnen und mit den Absichten gemein, welche ich in Betracht Ihrer haben kann? Es giebt nur eine Stelle in meinem Hause, die — doch an diesem Orte nichts davon! Kommen Sie, edles Mädchen! Wenigstens soll der Rang, der Ihnen in meiner Meinung gebührt, nicht länger durch eine niedrige Umgebung zweifelhaft gemacht werden. Sie haben mir Vertrauen bewiesen; ich will zeigen, daß ich dessen werth bin. — Mit diesen Worten führte ich sie aus Brigittens Zimmer in das meinige, worin ich sie bat, sich bequem zu machen, indessen ich in meinem Cabinette einige Schreibereien zu besorgen hätte. Paul kam zurück, mir zu melden, daß er meinen Auftrag bei Herrn von Ebert ausgerichtet habe, und daß der Wagen in einer Stunde längstens hier sein werde.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:30:04Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:30:04Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/53
Zitationshilfe: Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/53>, abgerufen am 22.11.2024.