Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Max hob Gretchen und dann auch mich aus dem Wagen, als wir vor dem Wirthshause ankamen. Aus dem geräumigen, festlich verzierten Hofe schallte uns die Tanzmusik und das frohe Getümmel der Landleute entgegen. Unser Eintritt erregte Aufmerksamkeit, denn wir waren die ersten Städter, die bei dem Feste erschienen. Aber noch mehr Bewegung entstand, als Max von einigen der Umstehenden erkannt wurde. Herr Max ist hier -- Willkommen Herr Max! hörte ich von mehreren Seiten rufen. Alte und junge Leute kamen auf ihn zu und schüttelten ihm treuherzig die Hände. Mir und meiner Begleiterin ward viele Ehre erwiesen, als er uns den Leuten vorstellte; Gretchen besonders gewann bald die allgemeine Theilnahme, denn man schien sie für Maxens Geliebte zu halten. Es half kein Weigern, Max mußte die erste Menuet mit ihr eröffnen. Alles stand umher, das schöne Paar tanzen zu sehen; ich selbst mußte gestehen, daß Max, auch seiner reizenden Tänzerin gegenüber, sich noch ganz wohl ausnahm. Die Musik ging in das Tempo der Deutschen über, und Max flog mit Gretchen an mir vorbei unter dem lauten Jubel der Zuschauer. Die jungen Paare schloßen sich an, bald war die Lust und die wirbelnde Bewegung allgemein. Nach einigen Touren, welche Gretchen mit Max gemacht hatte, gab sie einem jungen Bauernburschen die Hand, der jauchzend nach Ländlerart mit ihr zu drehen anfing. Es war der Lieblingstanz ihrer Heimath; mit grazienhafter Leichtigkeit Max hob Gretchen und dann auch mich aus dem Wagen, als wir vor dem Wirthshause ankamen. Aus dem geräumigen, festlich verzierten Hofe schallte uns die Tanzmusik und das frohe Getümmel der Landleute entgegen. Unser Eintritt erregte Aufmerksamkeit, denn wir waren die ersten Städter, die bei dem Feste erschienen. Aber noch mehr Bewegung entstand, als Max von einigen der Umstehenden erkannt wurde. Herr Max ist hier — Willkommen Herr Max! hörte ich von mehreren Seiten rufen. Alte und junge Leute kamen auf ihn zu und schüttelten ihm treuherzig die Hände. Mir und meiner Begleiterin ward viele Ehre erwiesen, als er uns den Leuten vorstellte; Gretchen besonders gewann bald die allgemeine Theilnahme, denn man schien sie für Maxens Geliebte zu halten. Es half kein Weigern, Max mußte die erste Menuet mit ihr eröffnen. Alles stand umher, das schöne Paar tanzen zu sehen; ich selbst mußte gestehen, daß Max, auch seiner reizenden Tänzerin gegenüber, sich noch ganz wohl ausnahm. Die Musik ging in das Tempo der Deutschen über, und Max flog mit Gretchen an mir vorbei unter dem lauten Jubel der Zuschauer. Die jungen Paare schloßen sich an, bald war die Lust und die wirbelnde Bewegung allgemein. Nach einigen Touren, welche Gretchen mit Max gemacht hatte, gab sie einem jungen Bauernburschen die Hand, der jauchzend nach Ländlerart mit ihr zu drehen anfing. Es war der Lieblingstanz ihrer Heimath; mit grazienhafter Leichtigkeit <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="14"> <pb facs="#f0070"/> <p>Max hob Gretchen und dann auch mich aus dem Wagen, als wir vor dem Wirthshause ankamen. Aus dem geräumigen, festlich verzierten Hofe schallte uns die Tanzmusik und das frohe Getümmel der Landleute entgegen. Unser Eintritt erregte Aufmerksamkeit, denn wir waren die ersten Städter, die bei dem Feste erschienen. Aber noch mehr Bewegung entstand, als Max von einigen der Umstehenden erkannt wurde. Herr Max ist hier — Willkommen Herr Max! hörte ich von mehreren Seiten rufen. Alte und junge Leute kamen auf ihn zu und schüttelten ihm treuherzig die Hände. Mir und meiner Begleiterin ward viele Ehre erwiesen, als er uns den Leuten vorstellte; Gretchen besonders gewann bald die allgemeine Theilnahme, denn man schien sie für Maxens Geliebte zu halten.</p><lb/> <p>Es half kein Weigern, Max mußte die erste Menuet mit ihr eröffnen. Alles stand umher, das schöne Paar tanzen zu sehen; ich selbst mußte gestehen, daß Max, auch seiner reizenden Tänzerin gegenüber, sich noch ganz wohl ausnahm. Die Musik ging in das Tempo der Deutschen über, und Max flog mit Gretchen an mir vorbei unter dem lauten Jubel der Zuschauer. Die jungen Paare schloßen sich an, bald war die Lust und die wirbelnde Bewegung allgemein. Nach einigen Touren, welche Gretchen mit Max gemacht hatte, gab sie einem jungen Bauernburschen die Hand, der jauchzend nach Ländlerart mit ihr zu drehen anfing. Es war der Lieblingstanz ihrer Heimath; mit grazienhafter Leichtigkeit<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0070]
Max hob Gretchen und dann auch mich aus dem Wagen, als wir vor dem Wirthshause ankamen. Aus dem geräumigen, festlich verzierten Hofe schallte uns die Tanzmusik und das frohe Getümmel der Landleute entgegen. Unser Eintritt erregte Aufmerksamkeit, denn wir waren die ersten Städter, die bei dem Feste erschienen. Aber noch mehr Bewegung entstand, als Max von einigen der Umstehenden erkannt wurde. Herr Max ist hier — Willkommen Herr Max! hörte ich von mehreren Seiten rufen. Alte und junge Leute kamen auf ihn zu und schüttelten ihm treuherzig die Hände. Mir und meiner Begleiterin ward viele Ehre erwiesen, als er uns den Leuten vorstellte; Gretchen besonders gewann bald die allgemeine Theilnahme, denn man schien sie für Maxens Geliebte zu halten.
Es half kein Weigern, Max mußte die erste Menuet mit ihr eröffnen. Alles stand umher, das schöne Paar tanzen zu sehen; ich selbst mußte gestehen, daß Max, auch seiner reizenden Tänzerin gegenüber, sich noch ganz wohl ausnahm. Die Musik ging in das Tempo der Deutschen über, und Max flog mit Gretchen an mir vorbei unter dem lauten Jubel der Zuschauer. Die jungen Paare schloßen sich an, bald war die Lust und die wirbelnde Bewegung allgemein. Nach einigen Touren, welche Gretchen mit Max gemacht hatte, gab sie einem jungen Bauernburschen die Hand, der jauchzend nach Ländlerart mit ihr zu drehen anfing. Es war der Lieblingstanz ihrer Heimath; mit grazienhafter Leichtigkeit
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