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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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Einleitung.
zu verwahren, als ob wir den Umstand übersehen hätten, wenn wir
späterhin aus Gründen wissenschaftlicher Zweckmässigkeit auf das
Verhältniss zwischen der Subjekt- und der Prädikatklasse vorwiegend
reflektiren, die beiden Begriffe gleichwol nach ihren Umfangsbeziehungen
ins Auge fassen.

Aus alledem wird zunächst ersichtlich sein, wie die Urteile be-
zwecken, auf die (definitive) Gestaltung der Begriffe hinzuarbeiten und
einzuwirken.

Ich will nunmehr noch den Gedankengang Herrn Charles
S. Peirce
's darlegen, durch welchen er in der Einleitung zu seiner
grundlegenden Arbeit5 das Wesen der Urteile und auch der Schlüsse
von einer neuen Seite beleuchtet. Damit werden wir dann auch auf
die Frage nach dem Wesen der Folgerichtigkeit der letztern zurück-
kommen. Indem ich hinsichtlich des Wortlautes auf pag. 15 sqq. der
Peirce'schen Schrift verweise, darf ich mich seiner Betrachtungsweise
in freier Reproduktion anschliessen und mir auch kritische Zwischen-
und Zusatzbemerkungen gestatten.

z3) Denken -- sagt Peirce ungefähr -- Denken als Gehirnthätig-
keit
("cerebration") ist ohne Zweifel den allgemeinen Gesetzen der
Nerventhätigkeit (nervous action) unterworfen.

Es erscheint darum gerechtfertigt, zunächst einmal die letztere im
allgemeinen zu betrachten.

Wenn eine Gruppe von Nerven gereizt (erregt, stimulirt) wird,
so werden die Nervenknoten (Ganglien), mit denen die Gruppe im
engsten Zusammenhange steht, -- und schliesslich das Centralorgan
des Geistes selbst -- in einen Zustand der Thätigkeit versetzt, wel-
cher seinerseits nicht selten Bewegungen des Körpers veranlasst.*)
Wenn der Reiz (the stimulation) fortdauert, verbreitet sich die Er-
regung (irritation) von Ganglion zu Ganglion, gewöhnlich dabei an-
wachsend. Bald auch beginnen die zuerst erregten (excitirten) Nerven
Ermüdung zu zeigen, und so ist aus doppeltem Grunde die körperliche
Thätigkeit von einer wechselnden Art. Wenn die Reizung beseitigt
wird, hört auch meist die Erregung rasch auf.

Aus diesen Thatsachen geht hervor, dass wenn ein Nerv affizirt
wird -- solange bis die Stimulation unangenehm wirkt -- die Reflex-
thätigkeit, wenn sie nicht von vornherein von solcher Art ist, den

*) Man denke z. B. an das Hinblicken auf eine auffallende (Licht-)Erschei-
nung im Gesichtsfelde, an das Blinzeln, Ausweichen bei drohendem Stoss, das
Schlagen nach dem Insekt bei Mosquitostich und dergleichen.

Einleitung.
zu verwahren, als ob wir den Umstand übersehen hätten, wenn wir
späterhin aus Gründen wissenschaftlicher Zweckmässigkeit auf das
Verhältniss zwischen der Subjekt- und der Prädikatklasse vorwiegend
reflektiren, die beiden Begriffe gleichwol nach ihren Umfangsbeziehungen
ins Auge fassen.

Aus alledem wird zunächst ersichtlich sein, wie die Urteile be-
zwecken, auf die (definitive) Gestaltung der Begriffe hinzuarbeiten und
einzuwirken.

Ich will nunmehr noch den Gedankengang Herrn Charles
S. Peirce
's darlegen, durch welchen er in der Einleitung zu seiner
grundlegenden Arbeit5 das Wesen der Urteile und auch der Schlüsse
von einer neuen Seite beleuchtet. Damit werden wir dann auch auf
die Frage nach dem Wesen der Folgerichtigkeit der letztern zurück-
kommen. Indem ich hinsichtlich des Wortlautes auf pag. 15 sqq. der
Peirce'schen Schrift verweise, darf ich mich seiner Betrachtungsweise
in freier Reproduktion anschliessen und mir auch kritische Zwischen-
und Zusatzbemerkungen gestatten.

ζ3) Denken — sagt Peirce ungefähr — Denken als Gehirnthätig-
keit
(„cerebration“) ist ohne Zweifel den allgemeinen Gesetzen der
Nerventhätigkeit (nervous action) unterworfen.

Es erscheint darum gerechtfertigt, zunächst einmal die letztere im
allgemeinen zu betrachten.

Wenn eine Gruppe von Nerven gereizt (erregt, stimulirt) wird,
so werden die Nervenknoten (Ganglien), mit denen die Gruppe im
engsten Zusammenhange steht, — und schliesslich das Centralorgan
des Geistes selbst — in einen Zustand der Thätigkeit versetzt, wel-
cher seinerseits nicht selten Bewegungen des Körpers veranlasst.*)
Wenn der Reiz (the stimulation) fortdauert, verbreitet sich die Er-
regung (irritation) von Ganglion zu Ganglion, gewöhnlich dabei an-
wachsend. Bald auch beginnen die zuerst erregten (excitirten) Nerven
Ermüdung zu zeigen, und so ist aus doppeltem Grunde die körperliche
Thätigkeit von einer wechselnden Art. Wenn die Reizung beseitigt
wird, hört auch meist die Erregung rasch auf.

Aus diesen Thatsachen geht hervor, dass wenn ein Nerv affizirt
wird — solange bis die Stimulation unangenehm wirkt — die Reflex-
thätigkeit, wenn sie nicht von vornherein von solcher Art ist, den

*) Man denke z. B. an das Hinblicken auf eine auffallende (Licht-)Erschei-
nung im Gesichtsfelde, an das Blinzeln, Ausweichen bei drohendem Stoss, das
Schlagen nach dem Insekt bei Mosquitostich und dergleichen.
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[107/0127] Einleitung. zu verwahren, als ob wir den Umstand übersehen hätten, wenn wir späterhin aus Gründen wissenschaftlicher Zweckmässigkeit auf das Verhältniss zwischen der Subjekt- und der Prädikatklasse vorwiegend reflektiren, die beiden Begriffe gleichwol nach ihren Umfangsbeziehungen ins Auge fassen. Aus alledem wird zunächst ersichtlich sein, wie die Urteile be- zwecken, auf die (definitive) Gestaltung der Begriffe hinzuarbeiten und einzuwirken. Ich will nunmehr noch den Gedankengang Herrn Charles S. Peirce's darlegen, durch welchen er in der Einleitung zu seiner grundlegenden Arbeit5 das Wesen der Urteile und auch der Schlüsse von einer neuen Seite beleuchtet. Damit werden wir dann auch auf die Frage nach dem Wesen der Folgerichtigkeit der letztern zurück- kommen. Indem ich hinsichtlich des Wortlautes auf pag. 15 sqq. der Peirce'schen Schrift verweise, darf ich mich seiner Betrachtungsweise in freier Reproduktion anschliessen und mir auch kritische Zwischen- und Zusatzbemerkungen gestatten. ζ3) Denken — sagt Peirce ungefähr — Denken als Gehirnthätig- keit („cerebration“) ist ohne Zweifel den allgemeinen Gesetzen der Nerventhätigkeit (nervous action) unterworfen. Es erscheint darum gerechtfertigt, zunächst einmal die letztere im allgemeinen zu betrachten. Wenn eine Gruppe von Nerven gereizt (erregt, stimulirt) wird, so werden die Nervenknoten (Ganglien), mit denen die Gruppe im engsten Zusammenhange steht, — und schliesslich das Centralorgan des Geistes selbst — in einen Zustand der Thätigkeit versetzt, wel- cher seinerseits nicht selten Bewegungen des Körpers veranlasst. *) Wenn der Reiz (the stimulation) fortdauert, verbreitet sich die Er- regung (irritation) von Ganglion zu Ganglion, gewöhnlich dabei an- wachsend. Bald auch beginnen die zuerst erregten (excitirten) Nerven Ermüdung zu zeigen, und so ist aus doppeltem Grunde die körperliche Thätigkeit von einer wechselnden Art. Wenn die Reizung beseitigt wird, hört auch meist die Erregung rasch auf. Aus diesen Thatsachen geht hervor, dass wenn ein Nerv affizirt wird — solange bis die Stimulation unangenehm wirkt — die Reflex- thätigkeit, wenn sie nicht von vornherein von solcher Art ist, den *) Man denke z. B. an das Hinblicken auf eine auffallende (Licht-)Erschei- nung im Gesichtsfelde, an das Blinzeln, Ausweichen bei drohendem Stoss, das Schlagen nach dem Insekt bei Mosquitostich und dergleichen.

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/127>, abgerufen am 26.11.2024.