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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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Zweite Vorlesung.
cher Symbole getroffene Übereinkunft soll ja immer den Sinn haben, dass
sie zu gelten habe, was immer für besondre (sogenannte "Werte") oder
wiederum allgemeine Symbole für die Buchstaben in ihr substituirt wer-
den, und dasselbe gilt auch in Betreff solcher Sätze oder Behauptungen,
die man übereinkommt, ohne jeden Beweis als allgemeingültige schlechtweg
zu adoptiren.

Dagegen für die aus solchen Grundlagen als Folgerungen abgeleiteten
Theoreme die gleiche Erlaubniss in Anspruch zu nehmen ist nicht mehr
blos durch den Sinn der Worte verbürgt, sondern erscheint als ein wirk-
liches Prinzip, wenn auch zunächst nicht als ein dem Gebietekalkul eigen-
tümliches.

Auch die Berechtigung zu diesem Verfahren wird aber sich nicht als
Ausfluss, Wirkung eines ganz neuen Prinzipes, sondern lediglich als eine
Bethätigung unsres Prinzips II selber, und zwar auf dem Anwendungsfelde
e) des § 3 späterhin erkennen lassen.

Nunmehr verleiben wir auch das Gleichheitszeichen dem Lehr-
gebäude der Algebra der Logik ein, indem wir auf den als allein be-
kannt vorausgesetzten Begriff der Subsumtion eine Begriffserklärung
der durch jenes Zeichen auszudrückenden Beziehung gründen.

Definition (1) der identischen Gleichheit (Identität).

(1)'.
Wenn a b und zugleich b a ist, so werde gesagt, es sei:
a = b (gelesen a gleich b).

Dass ein Ausspruch von dieser Form a = b eine Gleichung, a die
linke, b die rechte Seite derselben genannt wird, haben wir schon
S. 128 angeführt.

Da Vorstehendes eine Definition ist, so muss (wie schon auf
S. 134 hervorgehoben wurde) die Festsetzung auch umgekehrt gelten:
Es kann die Gleichung a = b nichts anderes aussagen, als dass die
vorerwähnten Subsumtionen gleichzeitig bestehen, m. a. W.:
(1)''. { Wenn a = b gilt, so muss a b und b a sein.
Wollten wir die beiden Teile (1)' und (1)'' der Definition (1) aus-
drücklich auf einmal aussprechen, so wäre in (1)' die Partikel "so"
durch "immer dann und nur dann" zu ersetzen gewesen.

Zusatz zu Def. (1). Weil alsdann (nach I, für Aussagen in An-
spruch genommen -- vergl. die Anmerkung zu Prinzip I)
b a und zugleich a b
sein wird, so folgt nach Def. (1), dass auch:
b = a
zu gelten habe. Dies heisst:
Jede Gleichung darf auch rückwärts wiederum als solche gelesen wer-
den
, m. a. W.: Die beiden Seiten einer Gleichung dürfen (in derselben)

Zweite Vorlesung.
cher Symbole getroffene Übereinkunft soll ja immer den Sinn haben, dass
sie zu gelten habe, was immer für besondre (sogenannte „Werte“) oder
wiederum allgemeine Symbole für die Buchstaben in ihr substituirt wer-
den, und dasselbe gilt auch in Betreff solcher Sätze oder Behauptungen,
die man übereinkommt, ohne jeden Beweis als allgemeingültige schlechtweg
zu adoptiren.

Dagegen für die aus solchen Grundlagen als Folgerungen abgeleiteten
Theoreme die gleiche Erlaubniss in Anspruch zu nehmen ist nicht mehr
blos durch den Sinn der Worte verbürgt, sondern erscheint als ein wirk-
liches Prinzip, wenn auch zunächst nicht als ein dem Gebietekalkul eigen-
tümliches.

Auch die Berechtigung zu diesem Verfahren wird aber sich nicht als
Ausfluss, Wirkung eines ganz neuen Prinzipes, sondern lediglich als eine
Bethätigung unsres Prinzips II selber, und zwar auf dem Anwendungsfelde
ε) des § 3 späterhin erkennen lassen.

Nunmehr verleiben wir auch das Gleichheitszeichen dem Lehr-
gebäude der Algebra der Logik ein, indem wir auf den als allein be-
kannt vorausgesetzten Begriff der Subsumtion eine Begriffserklärung
der durch jenes Zeichen auszudrückenden Beziehung gründen.

Definition (1) der identischen Gleichheit (Identität).

(1)'.
Wenn ab und zugleich ba ist, so werde gesagt, es sei:
a = b (gelesen a gleich b).

Dass ein Ausspruch von dieser Form a = b eine Gleichung, a die
linke, b die rechte Seite derselben genannt wird, haben wir schon
S. 128 angeführt.

Da Vorstehendes eine Definition ist, so muss (wie schon auf
S. 134 hervorgehoben wurde) die Festsetzung auch umgekehrt gelten:
Es kann die Gleichung a = b nichts anderes aussagen, als dass die
vorerwähnten Subsumtionen gleichzeitig bestehen, m. a. W.:
(1)''. { Wenn a = b gilt, so muss ab und ba sein.
Wollten wir die beiden Teile (1)' und (1)'' der Definition (1) aus-
drücklich auf einmal aussprechen, so wäre in (1)' die Partikel „so“
durch „immer dann und nur dann“ zu ersetzen gewesen.

Zusatz zu Def. (1). Weil alsdann (nach I, für Aussagen in An-
spruch genommen — vergl. die Anmerkung zu Prinzip I)
ba und zugleich ab
sein wird, so folgt nach Def. (1), dass auch:
b = a
zu gelten habe. Dies heisst:
Jede Gleichung darf auch rückwärts wiederum als solche gelesen wer-
den
, m. a. W.: Die beiden Seiten einer Gleichung dürfen (in derselben)

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[184/0204] Zweite Vorlesung. cher Symbole getroffene Übereinkunft soll ja immer den Sinn haben, dass sie zu gelten habe, was immer für besondre (sogenannte „Werte“) oder wiederum allgemeine Symbole für die Buchstaben in ihr substituirt wer- den, und dasselbe gilt auch in Betreff solcher Sätze oder Behauptungen, die man übereinkommt, ohne jeden Beweis als allgemeingültige schlechtweg zu adoptiren. Dagegen für die aus solchen Grundlagen als Folgerungen abgeleiteten Theoreme die gleiche Erlaubniss in Anspruch zu nehmen ist nicht mehr blos durch den Sinn der Worte verbürgt, sondern erscheint als ein wirk- liches Prinzip, wenn auch zunächst nicht als ein dem Gebietekalkul eigen- tümliches. Auch die Berechtigung zu diesem Verfahren wird aber sich nicht als Ausfluss, Wirkung eines ganz neuen Prinzipes, sondern lediglich als eine Bethätigung unsres Prinzips II selber, und zwar auf dem Anwendungsfelde ε) des § 3 späterhin erkennen lassen. Nunmehr verleiben wir auch das Gleichheitszeichen dem Lehr- gebäude der Algebra der Logik ein, indem wir auf den als allein be- kannt vorausgesetzten Begriff der Subsumtion eine Begriffserklärung der durch jenes Zeichen auszudrückenden Beziehung gründen. Definition (1) der identischen Gleichheit (Identität). (1)'.Wenn a ⋹ b und zugleich b ⋹ a ist, so werde gesagt, es sei: a = b (gelesen a gleich b). Dass ein Ausspruch von dieser Form a = b eine Gleichung, a die linke, b die rechte Seite derselben genannt wird, haben wir schon S. 128 angeführt. Da Vorstehendes eine Definition ist, so muss (wie schon auf S. 134 hervorgehoben wurde) die Festsetzung auch umgekehrt gelten: Es kann die Gleichung a = b nichts anderes aussagen, als dass die vorerwähnten Subsumtionen gleichzeitig bestehen, m. a. W.: (1)''. { Wenn a = b gilt, so muss a ⋹ b und b ⋹ a sein. Wollten wir die beiden Teile (1)' und (1)'' der Definition (1) aus- drücklich auf einmal aussprechen, so wäre in (1)' die Partikel „so“ durch „immer dann und nur dann“ zu ersetzen gewesen. Zusatz zu Def. (1). Weil alsdann (nach I, für Aussagen in An- spruch genommen — vergl. die Anmerkung zu Prinzip I) b ⋹ a und zugleich a ⋹ b sein wird, so folgt nach Def. (1), dass auch: b = a zu gelten habe. Dies heisst: Jede Gleichung darf auch rückwärts wiederum als solche gelesen wer- den, m. a. W.: Die beiden Seiten einer Gleichung dürfen (in derselben)

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/204>, abgerufen am 27.11.2024.