Namen. Auch "nichts ist nichts", 0 0, ein rundes Quadrat ist ein rundes Quadrat -- dürfen wir sagen.
Auch wer solche Behauptung nicht als selbstverständlich hinnehmen möchte, wird wenigstens zugeben müssen, dass dieselbe unbedenklich ist: es kann durch sie kein Irrtum erzeugt werden, gerade weil es "nichts" ist, worauf sich die Aussage bezieht; über "nichts" will sie eine Information erteilen und charakterisirt sich somit als eine inhaltsleere.
Nun haben wir mittelst der in den Definitionen (2) und (3) ge- troffenen Übereinkunft ausgemacht, die Symbole 0, 1, a · b und a + b unter allen Umständen zu den "Gebieten" unsrer Mannigfaltigkeit zu rechnen, sie nötigenfalls, wenn es keine eigentlichen Gebiete geben sollte, welche die ihnen beigelegten Eigenschaften besitzen, als "un- eigentliche" Gebiete -- meinetwegen sinnlose Namen -- dieser Mannig- faltigkeit zuzuschlagen.
Nach dem Vorausgeschickten können wir also auch für diese "Gebiete" den Satz der Identität in Anspruch nehmen und darauf die Überlegung gründen, durch welche sich oben der Beweis der Theo- reme 6) ergab.
In § 7 wird sich übrigens herausstellen, dass der Fall, wo jenen Symbolen der Wert 0 zukommt, in der That der einzige Fall ist und bleibt, in welchem sie uneigentliche Gebiete vorstellen. Dies ist zudem auch a priori klar. Denn entweder gibt es ein wirkliches Gebiet, welches die Bedeutung des Symbols a b ausmacht, oder nicht. Im letztern Falle ist das als Gebiet hingestellte Zeichen a b sinnlos, bedeutet nichts und kann 0 genannt werden. Analog a + b, falls es ausarten sollte.
Dass nun auf die identische Null ebenfalls das Prinzip I anwendbar ist, also 0 0 sein muss, ist -- zum Überfluss -- schon in der Def. (2x) der identischen 0 enthalten, indem die Formel 0 a als eine allgemein- gültige auch für ein die 0 bedeutendes a in Anspruch genommen werden darf. Auch unter diesem Gesichtspunkt also erscheinen die Subsumtionen a), auf die unser Beweis der Theoreme 6) sich gründete, selbst dann zulässig, wenn a b oder a + b uneigentliche Gebiete sein sollten, d. i. eben 0 bedeuten.
Endlich würden für a b = 0 die Subsumtionen 6x) sich auf Grund der Def. (2x) auch unmittelbar verifiziren lassen -- vergl. § 9, r) -- wo- gegen für den Fall a + b = 0 zur Bewahrheitung der Subsumtionen 6+) das Theorem 24+) könnte herangezogen werden.
Nach Th. 6) muss im identischen Kalkul mit Gebieten nun -- umgekehrt wie in der Arithmetik und Zahlentheorie -- gesagt werden: das Produkt sei stets in seinem Faktor (dem ersten oder auch dem zweiten) enthalten; und es muss auch gesagt werden: der Summand, das Glied, sei in der Summe enthalten. --
Mit dem Bisherigen haben wir bereits die formale Grundlage für einen bedeutenden (ersten) Teil des Gebäudes unsrer Disziplin gewonnen.
Dritte Vorlesung.
Namen. Auch „nichts ist nichts“, 0 ⋹ 0, ein rundes Quadrat ist ein rundes Quadrat — dürfen wir sagen.
Auch wer solche Behauptung nicht als selbstverständlich hinnehmen möchte, wird wenigstens zugeben müssen, dass dieselbe unbedenklich ist: es kann durch sie kein Irrtum erzeugt werden, gerade weil es „nichts“ ist, worauf sich die Aussage bezieht; über „nichts“ will sie eine Information erteilen und charakterisirt sich somit als eine inhaltsleere.
Nun haben wir mittelst der in den Definitionen (2) und (3) ge- troffenen Übereinkunft ausgemacht, die Symbole 0, 1, a · b und a + b unter allen Umständen zu den „Gebieten“ unsrer Mannigfaltigkeit zu rechnen, sie nötigenfalls, wenn es keine eigentlichen Gebiete geben sollte, welche die ihnen beigelegten Eigenschaften besitzen, als „un- eigentliche“ Gebiete — meinetwegen sinnlose Namen — dieser Mannig- faltigkeit zuzuschlagen.
Nach dem Vorausgeschickten können wir also auch für diese „Gebiete“ den Satz der Identität in Anspruch nehmen und darauf die Überlegung gründen, durch welche sich oben der Beweis der Theo- reme 6) ergab.
In § 7 wird sich übrigens herausstellen, dass der Fall, wo jenen Symbolen der Wert 0 zukommt, in der That der einzige Fall ist und bleibt, in welchem sie uneigentliche Gebiete vorstellen. Dies ist zudem auch a priori klar. Denn entweder gibt es ein wirkliches Gebiet, welches die Bedeutung des Symbols a b ausmacht, oder nicht. Im letztern Falle ist das als Gebiet hingestellte Zeichen a b sinnlos, bedeutet nichts und kann 0 genannt werden. Analog a + b, falls es ausarten sollte.
Dass nun auf die identische Null ebenfalls das Prinzip I anwendbar ist, also 0 ⋹ 0 sein muss, ist — zum Überfluss — schon in der Def. (2×) der identischen 0 enthalten, indem die Formel 0 ⋹ a als eine allgemein- gültige auch für ein die 0 bedeutendes a in Anspruch genommen werden darf. Auch unter diesem Gesichtspunkt also erscheinen die Subsumtionen α), auf die unser Beweis der Theoreme 6) sich gründete, selbst dann zulässig, wenn a b oder a + b uneigentliche Gebiete sein sollten, d. i. eben 0 bedeuten.
Endlich würden für a b = 0 die Subsumtionen 6×) sich auf Grund der Def. (2×) auch unmittelbar verifiziren lassen — vergl. § 9, ϱ) — wo- gegen für den Fall a + b = 0 zur Bewahrheitung der Subsumtionen 6+) das Theorem 24+) könnte herangezogen werden.
Nach Th. 6) muss im identischen Kalkul mit Gebieten nun — umgekehrt wie in der Arithmetik und Zahlentheorie — gesagt werden: das Produkt sei stets in seinem Faktor (dem ersten oder auch dem zweiten) enthalten; und es muss auch gesagt werden: der Summand, das Glied, sei in der Summe enthalten. —
Mit dem Bisherigen haben wir bereits die formale Grundlage für einen bedeutenden (ersten) Teil des Gebäudes unsrer Disziplin gewonnen.
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Auch wer solche Behauptung nicht als selbstverständlich hinnehmen
möchte, wird wenigstens zugeben müssen, dass dieselbe unbedenklich ist: es
kann durch sie kein Irrtum erzeugt werden, gerade weil es „nichts“ ist,
worauf sich die Aussage bezieht; über „nichts“ will sie eine Information
erteilen und charakterisirt sich somit als eine inhaltsleere.
Nun haben wir mittelst der in den Definitionen (2) und (3) ge-
troffenen Übereinkunft ausgemacht, die Symbole 0, 1, a · b und a + b
unter allen Umständen zu den „Gebieten“ unsrer Mannigfaltigkeit zu
rechnen, sie nötigenfalls, wenn es keine eigentlichen Gebiete geben
sollte, welche die ihnen beigelegten Eigenschaften besitzen, als „un-
eigentliche“ Gebiete — meinetwegen sinnlose Namen — dieser Mannig-
faltigkeit zuzuschlagen.
Nach dem Vorausgeschickten können wir also auch für diese
„Gebiete“ den Satz der Identität in Anspruch nehmen und darauf die
Überlegung gründen, durch welche sich oben der Beweis der Theo-
reme 6) ergab.
In § 7 wird sich übrigens herausstellen, dass der Fall, wo jenen
Symbolen der Wert 0 zukommt, in der That der einzige Fall ist und
bleibt, in welchem sie uneigentliche Gebiete vorstellen. Dies ist zudem
auch a priori klar. Denn entweder gibt es ein wirkliches Gebiet, welches
die Bedeutung des Symbols a b ausmacht, oder nicht. Im letztern Falle ist
das als Gebiet hingestellte Zeichen a b sinnlos, bedeutet nichts und kann 0
genannt werden. Analog a + b, falls es ausarten sollte.
Dass nun auf die identische Null ebenfalls das Prinzip I anwendbar
ist, also 0 ⋹ 0 sein muss, ist — zum Überfluss — schon in der Def. (2×)
der identischen 0 enthalten, indem die Formel 0 ⋹ a als eine allgemein-
gültige auch für ein die 0 bedeutendes a in Anspruch genommen werden
darf. Auch unter diesem Gesichtspunkt also erscheinen die Subsumtionen α),
auf die unser Beweis der Theoreme 6) sich gründete, selbst dann zulässig,
wenn a b oder a + b uneigentliche Gebiete sein sollten, d. i. eben 0 bedeuten.
Endlich würden für a b = 0 die Subsumtionen 6×) sich auf Grund
der Def. (2×) auch unmittelbar verifiziren lassen — vergl. § 9, ϱ) — wo-
gegen für den Fall a + b = 0 zur Bewahrheitung der Subsumtionen 6+)
das Theorem 24+) könnte herangezogen werden.
Nach Th. 6) muss im identischen Kalkul mit Gebieten nun —
umgekehrt wie in der Arithmetik und Zahlentheorie — gesagt werden:
das Produkt sei stets in seinem Faktor (dem ersten oder auch dem
zweiten) enthalten; und es muss auch gesagt werden: der Summand,
das Glied, sei in der Summe enthalten. —
Mit dem Bisherigen haben wir bereits die formale Grundlage für
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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/220>, abgerufen am 27.11.2024.
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