Widersprüchen mit sich selbst nicht führen dürfe, ist unstreitig (auch) eine von diesem zu erfüllende Anforderung.
Wer auf sie das Kennzeichen der Folgerichtigkeit des Denkens zu gründen versucht, ist verpflichtet, zunächst auseinanderzusetzen, was ein "Widerspruch" ist.
Mannigfach sind die Arten oder möglichen Formen des Wider- spruchs; es gibt deren versteckte oder mittelbare, und es gibt auch offene, unmittelbare Widersprüche.
Die ersteren vollständig aufzuzählen dürfte als ein hoffnungsloses Beginnen, Unterfangen erscheinen. Zur Charakterisirung der letztern dagegen lassen -- an deren sprachliche Ausdrucksformen anlehnend -- sich wol unschwer äusserliche Kennzeichen aufstellen.
Der Widerspruch kann schon in einer einzigen Aussage enthalten sein, die alsdann eine "sich selbst widersprechende" genannt werden mag.
Wer z. B. die Versicherung abgibt: "Ich kann nicht sprechen" oder wer dem ihn Besuchenden entgegenruft: "Ich bin abwesend, bin nicht zu- hause, todt" und dergleichen, setzt sich dadurch in Widerspruch zu einer schon durch die blosse Existenz eben dieser seiner Aussage verbürgten (und damit einen gegenteiligen Ausspruch herausfordernden) Thatsache.
Wird einem Dinge, wovon gesprochen werden kann, einem Objekte des Denkens, im Prädikat der Aussage ein Merkmal abgesprochen, welches im Subjekt dieser Aussage demselben zugesprochen erscheint (oder um- gekehrt), so kann man darin einen Widerspruch der Aussage mit sich selbst erblicken (sogenannte "contradictio in adjecto", d. h. im Prädikate) -- so z. B. wenn wir sagten: "Ein kugelförmiger Körper ist nicht kugel- förmig". Es waltet dabei allerdings mit die Unterstellung, dass es kugel- förmige Körper gebe, oder dass solche wenigstens denkbar seien. (Ver- gleiche auch Hegel's vielberufenes: "Sein ist Nicht sein", und Anderes.)
Ähnlich verhält es sich mit Konditionalsätzen oder hypothetischen Urteilen, sobald der Folgesatz in Abrede stellt, was der Bedingungssatz vorauszusetzen forderte, z. B. "Wenn dies stattfindet, so findet es nicht statt." Hier sind die einander widersprechenden Satzteile und Teilsätze von einander abhängig gesetzt.
Als Wesen des Widerspruchs wird am besten erklärt die Beziehung zwischen zwei selbständig hingestellten Sätzen oder Aussagen, von denen die eine in Abrede stellt, leugnet, was die andre behauptet.
Gewöhnlich stellt man zwei Urteile: "A ist B" und "A ist nicht B" als allgemeine Form derartiger Aussagen hin, unter der Voraussetzung, dass unter A etwas und zwar in beiden Aussagen genau das nämliche verstanden werde, desgleichen unter B. Zum Beispiel, nachdem irgend eine Behauptung gefallen, werden die beiden Aussagen:
"Diese Behauptung ist wahr", und "Diese Behauptung ist nicht wahr" einen reinen Widerspruch bilden.
Der sogenannte "Satz des Widerspruchs", der für die Logik eine fundamentale Bedeutung besitzt, fordert anzuerkennen, dass einunddieselbe
Einleitung.
Widersprüchen mit sich selbst nicht führen dürfe, ist unstreitig (auch) eine von diesem zu erfüllende Anforderung.
Wer auf sie das Kennzeichen der Folgerichtigkeit des Denkens zu gründen versucht, ist verpflichtet, zunächst auseinanderzusetzen, was ein „Widerspruch“ ist.
Mannigfach sind die Arten oder möglichen Formen des Wider- spruchs; es gibt deren versteckte oder mittelbare, und es gibt auch offene, unmittelbare Widersprüche.
Die ersteren vollständig aufzuzählen dürfte als ein hoffnungsloses Beginnen, Unterfangen erscheinen. Zur Charakterisirung der letztern dagegen lassen — an deren sprachliche Ausdrucksformen anlehnend — sich wol unschwer äusserliche Kennzeichen aufstellen.
Der Widerspruch kann schon in einer einzigen Aussage enthalten sein, die alsdann eine „sich selbst widersprechende“ genannt werden mag.
Wer z. B. die Versicherung abgibt: „Ich kann nicht sprechen“ oder wer dem ihn Besuchenden entgegenruft: „Ich bin abwesend, bin nicht zu- hause, todt“ und dergleichen, setzt sich dadurch in Widerspruch zu einer schon durch die blosse Existenz eben dieser seiner Aussage verbürgten (und damit einen gegenteiligen Ausspruch herausfordernden) Thatsache.
Wird einem Dinge, wovon gesprochen werden kann, einem Objekte des Denkens, im Prädikat der Aussage ein Merkmal abgesprochen, welches im Subjekt dieser Aussage demselben zugesprochen erscheint (oder um- gekehrt), so kann man darin einen Widerspruch der Aussage mit sich selbst erblicken (sogenannte „contradictio in adjecto“, d. h. im Prädikate) — so z. B. wenn wir sagten: „Ein kugelförmiger Körper ist nicht kugel- förmig“. Es waltet dabei allerdings mit die Unterstellung, dass es kugel- förmige Körper gebe, oder dass solche wenigstens denkbar seien. (Ver- gleiche auch Hegel's vielberufenes: „Sein ist Nicht sein“, und Anderes.)
Ähnlich verhält es sich mit Konditionalsätzen oder hypothetischen Urteilen, sobald der Folgesatz in Abrede stellt, was der Bedingungssatz vorauszusetzen forderte, z. B. „Wenn dies stattfindet, so findet es nicht statt.“ Hier sind die einander widersprechenden Satzteile und Teilsätze von einander abhängig gesetzt.
Als Wesen des Widerspruchs wird am besten erklärt die Beziehung zwischen zwei selbständig hingestellten Sätzen oder Aussagen, von denen die eine in Abrede stellt, leugnet, was die andre behauptet.
Gewöhnlich stellt man zwei Urteile: „A ist B“ und „A ist nicht B“ als allgemeine Form derartiger Aussagen hin, unter der Voraussetzung, dass unter A etwas und zwar in beiden Aussagen genau das nämliche verstanden werde, desgleichen unter B. Zum Beispiel, nachdem irgend eine Behauptung gefallen, werden die beiden Aussagen:
„Diese Behauptung ist wahr“, und „Diese Behauptung ist nicht wahr“ einen reinen Widerspruch bilden.
Der sogenannte „Satz des Widerspruchs“, der für die Logik eine fundamentale Bedeutung besitzt, fordert anzuerkennen, dass einunddieselbe
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Einleitung.
Widersprüchen mit sich selbst nicht führen dürfe, ist unstreitig (auch)
eine von diesem zu erfüllende Anforderung.
Wer auf sie das Kennzeichen der Folgerichtigkeit des Denkens zu
gründen versucht, ist verpflichtet, zunächst auseinanderzusetzen, was
ein „Widerspruch“ ist.
Mannigfach sind die Arten oder möglichen Formen des Wider-
spruchs; es gibt deren versteckte oder mittelbare, und es gibt auch
offene, unmittelbare Widersprüche.
Die ersteren vollständig aufzuzählen dürfte als ein hoffnungsloses
Beginnen, Unterfangen erscheinen. Zur Charakterisirung der letztern
dagegen lassen — an deren sprachliche Ausdrucksformen anlehnend
— sich wol unschwer äusserliche Kennzeichen aufstellen.
Der Widerspruch kann schon in einer einzigen Aussage enthalten sein,
die alsdann eine „sich selbst widersprechende“ genannt werden mag.
Wer z. B. die Versicherung abgibt: „Ich kann nicht sprechen“ oder
wer dem ihn Besuchenden entgegenruft: „Ich bin abwesend, bin nicht zu-
hause, todt“ und dergleichen, setzt sich dadurch in Widerspruch zu einer
schon durch die blosse Existenz eben dieser seiner Aussage verbürgten
(und damit einen gegenteiligen Ausspruch herausfordernden) Thatsache.
Wird einem Dinge, wovon gesprochen werden kann, einem Objekte
des Denkens, im Prädikat der Aussage ein Merkmal abgesprochen, welches
im Subjekt dieser Aussage demselben zugesprochen erscheint (oder um-
gekehrt), so kann man darin einen Widerspruch der Aussage mit sich
selbst erblicken (sogenannte „contradictio in adjecto“, d. h. im Prädikate)
— so z. B. wenn wir sagten: „Ein kugelförmiger Körper ist nicht kugel-
förmig“. Es waltet dabei allerdings mit die Unterstellung, dass es kugel-
förmige Körper gebe, oder dass solche wenigstens denkbar seien. (Ver-
gleiche auch Hegel's vielberufenes: „Sein ist Nicht sein“, und Anderes.)
Ähnlich verhält es sich mit Konditionalsätzen oder hypothetischen
Urteilen, sobald der Folgesatz in Abrede stellt, was der Bedingungssatz
vorauszusetzen forderte, z. B. „Wenn dies stattfindet, so findet es nicht
statt.“ Hier sind die einander widersprechenden Satzteile und Teilsätze
von einander abhängig gesetzt.
Als Wesen des Widerspruchs wird am besten erklärt die Beziehung
zwischen zwei selbständig hingestellten Sätzen oder Aussagen, von denen die
eine in Abrede stellt, leugnet, was die andre behauptet.
Gewöhnlich stellt man zwei Urteile: „A ist B“ und „A ist nicht B“
als allgemeine Form derartiger Aussagen hin, unter der Voraussetzung,
dass unter A etwas und zwar in beiden Aussagen genau das nämliche
verstanden werde, desgleichen unter B. Zum Beispiel, nachdem irgend
eine Behauptung gefallen, werden die beiden Aussagen:
„Diese Behauptung ist wahr“, und „Diese Behauptung ist nicht wahr“
einen reinen Widerspruch bilden.
Der sogenannte „Satz des Widerspruchs“, der für die Logik eine
fundamentale Bedeutung besitzt, fordert anzuerkennen, dass einunddieselbe
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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/25>, abgerufen am 21.11.2024.
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