§ 9. Konsequenzen der Adjungirung einer Nullklasse.
entwickelten logischen Prinzipien konsequent verfahren, so kann die er- wähnte Aussage als Prämisse zu weiteren Schlussfolgerungen nun ganz un- bedenklich mitverwendet werden, und ist kein Grund ersichtlich, weshalb gedachte Untersuchungen nicht ihren Zweck erreichen dürften.
So kann man z. B. auf die Behauptung, dass gedachte Dreiecke gleich- seitig sind, nach bekanntem Satze den Schluss gründen, dass sie auch gleichwinklig sein, ihre Winkelsumme mithin drei Rechte betragen müsse, womit dann die Frage entschieden ist und die ebenen Dreiecke aus- geschlossen erscheinen.
s) Es wurde in § 1 ausgeführt, dass das Subsumtionszeichen der Kopula entspricht, und, wenn a und b Klassen vorstellen, die Sub- sumtion ab mit "a ist b" resp. "alle a sind b" wie derzugeben sei.
Die seitdem mit Def. (2x) von uns vollzogene Zuziehung, Ad- jungirung der "Null" zu den Gebieten und Klassen hat nun im Gefolge, dass auch diese Bemerkung eine Modifikation nachträglich erfahren muss, wenigstens für die Sprache des gemeinen Lebens.
Hat a den Wert 0, so gilt die Subsumtion ab ohnehin, was auch für eine Klasse b immer bedeuten möge. Diese Subsumtion 0 b lehrt uns dann nichts besonderes, sie wird (hinsichtlich des b) zu einer geradezu "nichtssagenden".
Der Fall a = 0 ist nun der, wo die Klasse a überhaupt keine Individuen enthält, eine leere ist, was die Sprache mit: "Es gibt keine a" ausdrücken wird.
Diesen Fall muss man nunmehr, wenn ausgesagt wird, dass ab sei, stets mit als möglich zugelassen denken; daher ist die Subsumtion: ab fortan zu lesen: "Alle a, sofern es welche gibt, sind b" sie ist m. a. W. zu interpretiren als: Entweder: es gibt keine a, Oder, wenn es welche gibt, so sind sie alle b.
Im Rahmen der gegenwärtigen Disziplin wird es zwar [mit einem kleinen unter u) zu erwähnenden Vorbehalt] ganz unbedenklich sein, auch bei der einfacheren Fassung zu bleiben und nur zu sagen: "a ist b" resp. "alle a sind b", wie früher.
Für die Verkehrssprache aber wäre hiezu nicht zu raten! Indem hier stillschweigend die Unterstellung hinzutritt, dass Derjenige, der etwas sagt, auch wirklich (über) etwas aussagen wolle, so wird eine auf "alle a" bezügliche Aussage allgemein so aufgefasst, dass sie das Subjekt als existirend annehme oder hinstelle.
§ 9. Konsequenzen der Adjungirung einer Nullklasse.
entwickelten logischen Prinzipien konsequent verfahren, so kann die er- wähnte Aussage als Prämisse zu weiteren Schlussfolgerungen nun ganz un- bedenklich mitverwendet werden, und ist kein Grund ersichtlich, weshalb gedachte Untersuchungen nicht ihren Zweck erreichen dürften.
So kann man z. B. auf die Behauptung, dass gedachte Dreiecke gleich- seitig sind, nach bekanntem Satze den Schluss gründen, dass sie auch gleichwinklig sein, ihre Winkelsumme mithin drei Rechte betragen müsse, womit dann die Frage entschieden ist und die ebenen Dreiecke aus- geschlossen erscheinen.
σ) Es wurde in § 1 ausgeführt, dass das Subsumtionszeichen ⋹ der Kopula entspricht, und, wenn a und b Klassen vorstellen, die Sub- sumtion a ⋹ b mit „a ist b“ resp. „alle a sind b“ wie derzugeben sei.
Die seitdem mit Def. (2×) von uns vollzogene Zuziehung, Ad- jungirung der „Null“ zu den Gebieten und Klassen hat nun im Gefolge, dass auch diese Bemerkung eine Modifikation nachträglich erfahren muss, wenigstens für die Sprache des gemeinen Lebens.
Hat a den Wert 0, so gilt die Subsumtion a ⋹ b ohnehin, was auch für eine Klasse b immer bedeuten möge. Diese Subsumtion 0 ⋹ b lehrt uns dann nichts besonderes, sie wird (hinsichtlich des b) zu einer geradezu „nichtssagenden“.
Der Fall a = 0 ist nun der, wo die Klasse a überhaupt keine Individuen enthält, eine leere ist, was die Sprache mit: „Es gibt keine a“ ausdrücken wird.
Diesen Fall muss man nunmehr, wenn ausgesagt wird, dass a ⋹ b sei, stets mit als möglich zugelassen denken; daher ist die Subsumtion: a ⋹ b fortan zu lesen: „Alle a, sofern es welche gibt, sind b“ sie ist m. a. W. zu interpretiren als: Entweder: es gibt keine a, Oder, wenn es welche gibt, so sind sie alle b.
Im Rahmen der gegenwärtigen Disziplin wird es zwar [mit einem kleinen unter υ) zu erwähnenden Vorbehalt] ganz unbedenklich sein, auch bei der einfacheren Fassung zu bleiben und nur zu sagen: „a ist b“ resp. „alle a sind b“, wie früher.
Für die Verkehrssprache aber wäre hiezu nicht zu raten! Indem hier stillschweigend die Unterstellung hinzutritt, dass Derjenige, der etwas sagt, auch wirklich (über) etwas aussagen wolle, so wird eine auf „alle a“ bezügliche Aussage allgemein so aufgefasst, dass sie das Subjekt als existirend annehme oder hinstelle.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0259"n="239"/><fwplace="top"type="header">§ 9. Konsequenzen der Adjungirung einer Nullklasse.</fw><lb/>
entwickelten logischen Prinzipien konsequent verfahren, so kann die er-<lb/>
wähnte Aussage als Prämisse zu weiteren Schlussfolgerungen nun ganz un-<lb/>
bedenklich mitverwendet werden, und ist kein Grund ersichtlich, weshalb<lb/>
gedachte Untersuchungen nicht ihren Zweck erreichen dürften.</p><lb/><p>So kann man z. B. auf die Behauptung, dass gedachte Dreiecke gleich-<lb/>
seitig sind, nach bekanntem Satze den Schluss gründen, dass sie auch<lb/>
gleichwinklig sein, ihre Winkelsumme mithin drei Rechte betragen müsse,<lb/>
womit dann die Frage entschieden ist und die ebenen Dreiecke aus-<lb/>
geschlossen erscheinen.</p><lb/><p><hirendition="#i">σ</hi>) Es wurde in § 1 ausgeführt, dass das Subsumtionszeichen ⋹<lb/>
der <hirendition="#i">Kopula</hi> entspricht, und, wenn <hirendition="#i">a</hi> und <hirendition="#i">b</hi> Klassen vorstellen, die Sub-<lb/>
sumtion <hirendition="#i">a</hi>⋹<hirendition="#i">b</hi> mit „<hirendition="#i">a</hi> ist <hirendition="#i">b</hi>“ resp. „alle <hirendition="#i">a</hi> sind <hirendition="#i">b</hi>“ wie derzugeben sei.</p><lb/><p>Die seitdem mit Def. (2<hirendition="#sub">×</hi>) von uns vollzogene Zuziehung, Ad-<lb/>
jungirung der „Null“ zu den Gebieten und Klassen hat nun im Gefolge,<lb/>
dass auch diese Bemerkung eine Modifikation nachträglich erfahren<lb/>
muss, wenigstens für die Sprache des gemeinen Lebens.</p><lb/><p>Hat <hirendition="#i">a</hi> den Wert 0, so gilt die Subsumtion <hirendition="#i">a</hi>⋹<hirendition="#i">b</hi> ohnehin, was<lb/>
auch für eine Klasse <hirendition="#i">b</hi> immer bedeuten möge. Diese Subsumtion 0 ⋹<hirendition="#i">b</hi><lb/>
lehrt uns dann nichts besonderes, sie wird (hinsichtlich des <hirendition="#i">b</hi>) zu einer<lb/>
geradezu „nichtssagenden“.</p><lb/><p>Der Fall <hirendition="#i">a</hi> = 0 ist nun der, wo die Klasse <hirendition="#i">a</hi> überhaupt keine<lb/>
Individuen enthält, eine leere ist, was die Sprache mit: „<hirendition="#i">Es gibt keine a</hi>“<lb/>
ausdrücken wird.</p><lb/><p>Diesen Fall muss man nunmehr, wenn ausgesagt wird, dass <hirendition="#i">a</hi>⋹<hirendition="#i">b</hi><lb/>
sei, stets mit als möglich zugelassen denken; daher ist die Subsumtion:<lb/><hirendition="#c"><hirendition="#i">a</hi>⋹<hirendition="#i">b</hi></hi><lb/>
fortan zu lesen:<lb/><hirendition="#et">„<hirendition="#i">Alle a</hi>, <hirendition="#i">sofern es welche gibt</hi>, <hirendition="#i">sind b</hi>“</hi><lb/>
sie ist m. a. W. zu interpretiren als:<lb/><hirendition="#et"><hirendition="#i">Entweder:</hi> es gibt keine <hirendition="#i">a</hi>,<lb/><hirendition="#i">Oder</hi>, wenn es welche gibt, so sind sie alle <hirendition="#i">b</hi>.</hi></p><lb/><p>Im Rahmen der gegenwärtigen Disziplin wird es zwar [mit einem<lb/>
kleinen unter <hirendition="#i">υ</hi>) zu erwähnenden Vorbehalt] ganz unbedenklich sein,<lb/>
auch bei der einfacheren Fassung zu bleiben und nur zu sagen: „<hirendition="#i">a</hi><lb/>
ist <hirendition="#i">b</hi>“ resp. „alle <hirendition="#i">a</hi> sind <hirendition="#i">b</hi>“, wie früher.</p><lb/><p>Für die Verkehrssprache aber wäre hiezu nicht zu raten! Indem<lb/>
hier stillschweigend die Unterstellung hinzutritt, dass Derjenige, der<lb/>
etwas sagt, auch wirklich (über) etwas aussagen wolle, so wird eine<lb/>
auf „alle <hirendition="#i">a</hi>“ bezügliche Aussage allgemein so aufgefasst, dass sie das<lb/>
Subjekt als existirend annehme oder hinstelle.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[239/0259]
§ 9. Konsequenzen der Adjungirung einer Nullklasse.
entwickelten logischen Prinzipien konsequent verfahren, so kann die er-
wähnte Aussage als Prämisse zu weiteren Schlussfolgerungen nun ganz un-
bedenklich mitverwendet werden, und ist kein Grund ersichtlich, weshalb
gedachte Untersuchungen nicht ihren Zweck erreichen dürften.
So kann man z. B. auf die Behauptung, dass gedachte Dreiecke gleich-
seitig sind, nach bekanntem Satze den Schluss gründen, dass sie auch
gleichwinklig sein, ihre Winkelsumme mithin drei Rechte betragen müsse,
womit dann die Frage entschieden ist und die ebenen Dreiecke aus-
geschlossen erscheinen.
σ) Es wurde in § 1 ausgeführt, dass das Subsumtionszeichen ⋹
der Kopula entspricht, und, wenn a und b Klassen vorstellen, die Sub-
sumtion a ⋹ b mit „a ist b“ resp. „alle a sind b“ wie derzugeben sei.
Die seitdem mit Def. (2×) von uns vollzogene Zuziehung, Ad-
jungirung der „Null“ zu den Gebieten und Klassen hat nun im Gefolge,
dass auch diese Bemerkung eine Modifikation nachträglich erfahren
muss, wenigstens für die Sprache des gemeinen Lebens.
Hat a den Wert 0, so gilt die Subsumtion a ⋹ b ohnehin, was
auch für eine Klasse b immer bedeuten möge. Diese Subsumtion 0 ⋹ b
lehrt uns dann nichts besonderes, sie wird (hinsichtlich des b) zu einer
geradezu „nichtssagenden“.
Der Fall a = 0 ist nun der, wo die Klasse a überhaupt keine
Individuen enthält, eine leere ist, was die Sprache mit: „Es gibt keine a“
ausdrücken wird.
Diesen Fall muss man nunmehr, wenn ausgesagt wird, dass a ⋹ b
sei, stets mit als möglich zugelassen denken; daher ist die Subsumtion:
a ⋹ b
fortan zu lesen:
„Alle a, sofern es welche gibt, sind b“
sie ist m. a. W. zu interpretiren als:
Entweder: es gibt keine a,
Oder, wenn es welche gibt, so sind sie alle b.
Im Rahmen der gegenwärtigen Disziplin wird es zwar [mit einem
kleinen unter υ) zu erwähnenden Vorbehalt] ganz unbedenklich sein,
auch bei der einfacheren Fassung zu bleiben und nur zu sagen: „a
ist b“ resp. „alle a sind b“, wie früher.
Für die Verkehrssprache aber wäre hiezu nicht zu raten! Indem
hier stillschweigend die Unterstellung hinzutritt, dass Derjenige, der
etwas sagt, auch wirklich (über) etwas aussagen wolle, so wird eine
auf „alle a“ bezügliche Aussage allgemein so aufgefasst, dass sie das
Subjekt als existirend annehme oder hinstelle.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/259>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.