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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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Siebente Vorlesung.
des Urteils d) in der Form a) auszusprechen, m. a. W. den Satz a) in
dem als Bedeutung von b) erklärten Sinne zu verstehen. Es fehlt ja
der Sprache nicht an Ausdrucksformen zur Darstellung des zutreffenden
Sachverhaltes; der Vater mag z. B. auf die gestellte Frage zur Ant-
wort geben: "Ihr nicht, aber wohl (sondern nur) die beiden ältesten",
oder "Nur zum Teile dürft Ihr es thun, zum Teil nicht, und zwar etc."
Als vollständig unmöglich muss es aber hingestellt werden, die richtige
Antwort in Gestalt eines einzigen Satzes zu geben, dessen Subjekt
"Ihr" (logisch dasselbe wie das "Wir" des Fragesatzes) wäre, und
dessen Prädikat (in Bejahung oder Verneinung hingestellt) schlecht-
weg als "dürft dies thun" sich darstellte!

Da genau genommen selbst das Pronomen personale "Ich", auf eine
bestimmte Person bezogen, noch ein Gattungsbegriff ist, insofern diese
Person gemeint sein kann in verschiedenen Momenten ihres sich abwickelnden
Lebens, so würden schon an die Frage: "Kann ich dies thun?" -- z. B.
ein gewisses schwieriges Kunststück hinbringen, welches nur zeitweilig ge-
lingt -- sich Betrachtungen anknüpfen lassen, welche den letzten analog sind.

Das vorstehende Beispiel war gewiss aus dem Leben genommen;
es hatte höchstens den Misstand, dass ein logisch identisches Subjekt
A doch im Frage- und Antwortsatze als Ich, Wir resp. Du, Ihr ver-
schiedenen Ausdrucks teilhaftig wurde. Fassen wir darum noch ein
Beispiel in's Auge, in welchem das Subjekt seinen Ausdruck nicht
wechselt.

Zugegeben, dass es weisse und auch schwarze Schafe gibt. Bedeutet
dann A die ganze Klasse der "Schafe" und B die Klasse "weiss", so er-
kennt man augenblicklich dass die Aussage b) in dem oben für sie fest-
gesetzten Sinne
richtig ist, und die zweite g) falsch. Erstere, nämlich:

b0) "Die Schafe (schlechtweg, d. h. alle Schafe) "sind nicht" weiss"
müsste als ein richtiges Urteil anerkannt werden indem sie die Geltung
der falschen Aussage

d0) "Alle Schafe sind weiss"

in Abrede stellte -- so wenigstens gemäss der über die Auslegung einer
jeden Aussage b) oben getroffenen Verabredung.

Die zweite Aussage dagegen
g0) "Die (Alle) Schafe sind nicht-weiss"
ist ein falsches Urteil, würde behaupten, dass auch die weissen Schafe,
welche es doch gibt, welche sogar die Mehrzahl bilden, nicht-weiss seien.

Die beiden Urteile können daher unmöglich äquivalent sein.

Man bemerkt aber auch, wie gezwungen die dem Satze b0) gegebene
Auslegung erscheint. Unstreitig würde hiefür die Sprache den Ausdruck
vorziehen: "Nicht alle Schafe sind weiss" (d. h. die Klasse der Schafe ist
nicht ganz, nur zum Teil, enthalten in der Klasse der weissen Dinge), wo-
mit sie allerdings darüber hinaus noch andeuten würde, dass es neben
"nicht-weissen" auch weisse Schafe gibt; am besten den: Einige Schafe sind

Siebente Vorlesung.
des Urteils δ) in der Form α) auszusprechen, m. a. W. den Satz α) in
dem als Bedeutung von β) erklärten Sinne zu verstehen. Es fehlt ja
der Sprache nicht an Ausdrucksformen zur Darstellung des zutreffenden
Sachverhaltes; der Vater mag z. B. auf die gestellte Frage zur Ant-
wort geben: „Ihr nicht, aber wohl (sondern nur) die beiden ältesten“,
oder „Nur zum Teile dürft Ihr es thun, zum Teil nicht, und zwar etc.“
Als vollständig unmöglich muss es aber hingestellt werden, die richtige
Antwort in Gestalt eines einzigen Satzes zu geben, dessen Subjekt
„Ihr“ (logisch dasselbe wie das „Wir“ des Fragesatzes) wäre, und
dessen Prädikat (in Bejahung oder Verneinung hingestellt) schlecht-
weg als „dürft dies thun“ sich darstellte!

Da genau genommen selbst das Pronomen personale „Ich“, auf eine
bestimmte Person bezogen, noch ein Gattungsbegriff ist, insofern diese
Person gemeint sein kann in verschiedenen Momenten ihres sich abwickelnden
Lebens, so würden schon an die Frage: „Kann ich dies thun?“ — z. B.
ein gewisses schwieriges Kunststück hinbringen, welches nur zeitweilig ge-
lingt — sich Betrachtungen anknüpfen lassen, welche den letzten analog sind.

Das vorstehende Beispiel war gewiss aus dem Leben genommen;
es hatte höchstens den Misstand, dass ein logisch identisches Subjekt
A doch im Frage- und Antwortsatze als Ich, Wir resp. Du, Ihr ver-
schiedenen Ausdrucks teilhaftig wurde. Fassen wir darum noch ein
Beispiel in's Auge, in welchem das Subjekt seinen Ausdruck nicht
wechselt.

Zugegeben, dass es weisse und auch schwarze Schafe gibt. Bedeutet
dann A die ganze Klasse der „Schafe“ und B die Klasse „weiss“, so er-
kennt man augenblicklich dass die Aussage β) in dem oben für sie fest-
gesetzten Sinne
richtig ist, und die zweite γ) falsch. Erstere, nämlich:

β0) „Die Schafe (schlechtweg, d. h. alle Schafe) »sind nicht« weiss“
müsste als ein richtiges Urteil anerkannt werden indem sie die Geltung
der falschen Aussage

δ0) „Alle Schafe sind weiss“

in Abrede stellte — so wenigstens gemäss der über die Auslegung einer
jeden Aussage β) oben getroffenen Verabredung.

Die zweite Aussage dagegen
γ0) „Die (Alle) Schafe sind nicht-weiss“
ist ein falsches Urteil, würde behaupten, dass auch die weissen Schafe,
welche es doch gibt, welche sogar die Mehrzahl bilden, nicht-weiss seien.

Die beiden Urteile können daher unmöglich äquivalent sein.

Man bemerkt aber auch, wie gezwungen die dem Satze β0) gegebene
Auslegung erscheint. Unstreitig würde hiefür die Sprache den Ausdruck
vorziehen: „Nicht alle Schafe sind weiss“ (d. h. die Klasse der Schafe ist
nicht ganz, nur zum Teil, enthalten in der Klasse der weissen Dinge), wo-
mit sie allerdings darüber hinaus noch andeuten würde, dass es neben
„nicht-weissen“ auch weisse Schafe gibt; am besten den: Einige Schafe sind

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[328/0348] Siebente Vorlesung. des Urteils δ) in der Form α) auszusprechen, m. a. W. den Satz α) in dem als Bedeutung von β) erklärten Sinne zu verstehen. Es fehlt ja der Sprache nicht an Ausdrucksformen zur Darstellung des zutreffenden Sachverhaltes; der Vater mag z. B. auf die gestellte Frage zur Ant- wort geben: „Ihr nicht, aber wohl (sondern nur) die beiden ältesten“, oder „Nur zum Teile dürft Ihr es thun, zum Teil nicht, und zwar etc.“ Als vollständig unmöglich muss es aber hingestellt werden, die richtige Antwort in Gestalt eines einzigen Satzes zu geben, dessen Subjekt „Ihr“ (logisch dasselbe wie das „Wir“ des Fragesatzes) wäre, und dessen Prädikat (in Bejahung oder Verneinung hingestellt) schlecht- weg als „dürft dies thun“ sich darstellte! Da genau genommen selbst das Pronomen personale „Ich“, auf eine bestimmte Person bezogen, noch ein Gattungsbegriff ist, insofern diese Person gemeint sein kann in verschiedenen Momenten ihres sich abwickelnden Lebens, so würden schon an die Frage: „Kann ich dies thun?“ — z. B. ein gewisses schwieriges Kunststück hinbringen, welches nur zeitweilig ge- lingt — sich Betrachtungen anknüpfen lassen, welche den letzten analog sind. Das vorstehende Beispiel war gewiss aus dem Leben genommen; es hatte höchstens den Misstand, dass ein logisch identisches Subjekt A doch im Frage- und Antwortsatze als Ich, Wir resp. Du, Ihr ver- schiedenen Ausdrucks teilhaftig wurde. Fassen wir darum noch ein Beispiel in's Auge, in welchem das Subjekt seinen Ausdruck nicht wechselt. Zugegeben, dass es weisse und auch schwarze Schafe gibt. Bedeutet dann A die ganze Klasse der „Schafe“ und B die Klasse „weiss“, so er- kennt man augenblicklich dass die Aussage β) in dem oben für sie fest- gesetzten Sinne richtig ist, und die zweite γ) falsch. Erstere, nämlich: β0) „Die Schafe (schlechtweg, d. h. alle Schafe) »sind nicht« weiss“ müsste als ein richtiges Urteil anerkannt werden indem sie die Geltung der falschen Aussage δ0) „Alle Schafe sind weiss“ in Abrede stellte — so wenigstens gemäss der über die Auslegung einer jeden Aussage β) oben getroffenen Verabredung. Die zweite Aussage dagegen γ0) „Die (Alle) Schafe sind nicht-weiss“ ist ein falsches Urteil, würde behaupten, dass auch die weissen Schafe, welche es doch gibt, welche sogar die Mehrzahl bilden, nicht-weiss seien. Die beiden Urteile können daher unmöglich äquivalent sein. Man bemerkt aber auch, wie gezwungen die dem Satze β0) gegebene Auslegung erscheint. Unstreitig würde hiefür die Sprache den Ausdruck vorziehen: „Nicht alle Schafe sind weiss“ (d. h. die Klasse der Schafe ist nicht ganz, nur zum Teil, enthalten in der Klasse der weissen Dinge), wo- mit sie allerdings darüber hinaus noch andeuten würde, dass es neben „nicht-weissen“ auch weisse Schafe gibt; am besten den: Einige Schafe sind

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/348>, abgerufen am 22.11.2024.