wart's Theorie der verneinenden Urteile zustimmen könne: sie besteht darin, dass man vollständig ausser Acht lasse oder vergesse, dass das Sub- jekt der zu verneinenden Urteile eine Mehrheit von Bedeutungen umfassen kann oder umfasst.
Von rechtswegen hätte diese Theorie zum wenigsten auf die singu- lären Urteile ausdrücklich beschränkt werden müssen.
Da bei den generellen Urteilen nun nichts übrig bleibt, als zu der Deutung g) für ihre Verneinung die Zuflucht zu nehmen, und wir bei den singulären Urteilen zwischen den Deutungen b) und g) die Wahl hatten, so werden wir im Interesse der Einheitlichkeit des Verfahrens, um eine allgemeine Theorie zu ermöglichen, auch bei den letzteren der Deutung g) den Vorzug zu geben haben.
Für die Algebra der Logik liesse sich noch ein weiterer Grund geltend machen, ganz und gar, auch bei den singulären Urteilen, nicht nur die Auslegung, die wir mittelst b) dem Urteil a) gaben, sondern diese Aus- drucksweise b) selbst: "A "ist nicht" B" zu verwerfen.
Dieser stellt sich dar als eine Folge oder Wirkung der hier (im Gegensatz zur Sprache des gemeinen Lebens) vollzogenen Zuziehung der Null.
Die Null -- haben wir gesehen -- ist in jeder Klasse mitenthalten; sie ist Subjekt zu jedem Prädikate. Hier muss gelten: Das Nichts ist ein B (in B enthalten), und zugleich auch: Das Nichts ist ein Nicht-B (in Nicht-B mitenthalten) -- was nebenbei gesagt durchaus keinen Widerspruch bildet, obwol die Klassen B und Nicht-B einander ausschliessen, indem sie gerade eben Nichts gemein haben.
Zugleich mit der Klasse A, zu der das Nichts mitgehört, zu der es quasi sich mit herandrängt, von der es nicht ausgeschlossen werden kann, würde nun im Urteil b) die Prädikation z) ""ist nicht" ein B" auch dem Nichts zugesprochen erscheinen. Wir würden so auf die Anerkennung des Satzes geführt: "Das Nichts "ist nicht" ein B", welcher seinerseits zu verstehen war als die Inabredestellung des Urteils: "Das Nichts ist ein B". Das letztere unbedingt anzuerkennen waren wir aber durch die Konsequenz verpflichtet -- daher ein Widerspruch!
Für die Sprache des gemeinen Lebens wäre, wie schon angedeutet, diese Überlegung nicht maassgebend, weil diese in ihren Urteilsbildungen, wie anderwärts ausgeführt, das Nichts gemeinhin vorweg ausschliesst (prä- kludirt). In der exakten Logik aber dürfen (resp. müssen) wir jedes Urteil der Form b) für falsch erklären. Die Verneinungspartikel mit Sigwart auf die Kopula zu beziehen ist dann hier überhaupt nicht angängig.
So wenigstens, wenn der Grundsatz "quidquid de omnibus valet, valet etiam de singulis" für alle Prädikationen, welche die Wortsprache auszu- drücken vermag, wirklich für "quidquid valet", für alles, was gültig aus- gesagt werden kann, soll aufrecht erhalten werden. Denn unter diesen Einzelnen ("singuli") figurirt hier auch das Nichts, wenngleich wir das- selbe sonst freilich nicht als ein "Individuum (im engeren Sinne)" der Subjektklasse gelten lassen werden.
Ich gebe zu, dass dieser vorstehenden Argumentation kein grosses
Siebente Vorlesung.
wart's Theorie der verneinenden Urteile zustimmen könne: sie besteht darin, dass man vollständig ausser Acht lasse oder vergesse, dass das Sub- jekt der zu verneinenden Urteile eine Mehrheit von Bedeutungen umfassen kann oder umfasst.
Von rechtswegen hätte diese Theorie zum wenigsten auf die singu- lären Urteile ausdrücklich beschränkt werden müssen.
Da bei den generellen Urteilen nun nichts übrig bleibt, als zu der Deutung γ) für ihre Verneinung die Zuflucht zu nehmen, und wir bei den singulären Urteilen zwischen den Deutungen β) und γ) die Wahl hatten, so werden wir im Interesse der Einheitlichkeit des Verfahrens, um eine allgemeine Theorie zu ermöglichen, auch bei den letzteren der Deutung γ) den Vorzug zu geben haben.
Für die Algebra der Logik liesse sich noch ein weiterer Grund geltend machen, ganz und gar, auch bei den singulären Urteilen, nicht nur die Auslegung, die wir mittelst β) dem Urteil α) gaben, sondern diese Aus- drucksweise β) selbst: „A »ist nicht« B“ zu verwerfen.
Dieser stellt sich dar als eine Folge oder Wirkung der hier (im Gegensatz zur Sprache des gemeinen Lebens) vollzogenen Zuziehung der Null.
Die Null — haben wir gesehen — ist in jeder Klasse mitenthalten; sie ist Subjekt zu jedem Prädikate. Hier muss gelten: Das Nichts ist ein B (in B enthalten), und zugleich auch: Das Nichts ist ein Nicht-B (in Nicht-B mitenthalten) — was nebenbei gesagt durchaus keinen Widerspruch bildet, obwol die Klassen B und Nicht-B einander ausschliessen, indem sie gerade eben Nichts gemein haben.
Zugleich mit der Klasse A, zu der das Nichts mitgehört, zu der es quasi sich mit herandrängt, von der es nicht ausgeschlossen werden kann, würde nun im Urteil β) die Prädikation ζ) „»ist nicht« ein B“ auch dem Nichts zugesprochen erscheinen. Wir würden so auf die Anerkennung des Satzes geführt: „Das Nichts »ist nicht« ein B“, welcher seinerseits zu verstehen war als die Inabredestellung des Urteils: „Das Nichts ist ein B“. Das letztere unbedingt anzuerkennen waren wir aber durch die Konsequenz verpflichtet — daher ein Widerspruch!
Für die Sprache des gemeinen Lebens wäre, wie schon angedeutet, diese Überlegung nicht maassgebend, weil diese in ihren Urteilsbildungen, wie anderwärts ausgeführt, das Nichts gemeinhin vorweg ausschliesst (prä- kludirt). In der exakten Logik aber dürfen (resp. müssen) wir jedes Urteil der Form β) für falsch erklären. Die Verneinungspartikel mit Sigwart auf die Kopula zu beziehen ist dann hier überhaupt nicht angängig.
So wenigstens, wenn der Grundsatz „quidquid de omnibus valet, valet etiam de singulis“ für alle Prädikationen, welche die Wortsprache auszu- drücken vermag, wirklich für „quidquid valet“, für alles, was gültig aus- gesagt werden kann, soll aufrecht erhalten werden. Denn unter diesen Einzelnen („singuli“) figurirt hier auch das Nichts, wenngleich wir das- selbe sonst freilich nicht als ein „Individuum (im engeren Sinne)“ der Subjektklasse gelten lassen werden.
Ich gebe zu, dass dieser vorstehenden Argumentation kein grosses
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[334/0354]
Siebente Vorlesung.
wart's Theorie der verneinenden Urteile zustimmen könne: sie besteht
darin, dass man vollständig ausser Acht lasse oder vergesse, dass das Sub-
jekt der zu verneinenden Urteile eine Mehrheit von Bedeutungen umfassen
kann oder umfasst.
Von rechtswegen hätte diese Theorie zum wenigsten auf die singu-
lären Urteile ausdrücklich beschränkt werden müssen.
Da bei den generellen Urteilen nun nichts übrig bleibt, als zu der
Deutung γ) für ihre Verneinung die Zuflucht zu nehmen, und wir bei
den singulären Urteilen zwischen den Deutungen β) und γ) die Wahl
hatten, so werden wir im Interesse der Einheitlichkeit des Verfahrens, um
eine allgemeine Theorie zu ermöglichen, auch bei den letzteren der
Deutung γ) den Vorzug zu geben haben.
Für die Algebra der Logik liesse sich noch ein weiterer Grund geltend
machen, ganz und gar, auch bei den singulären Urteilen, nicht nur die
Auslegung, die wir mittelst β) dem Urteil α) gaben, sondern diese Aus-
drucksweise β) selbst: „A »ist nicht« B“ zu verwerfen.
Dieser stellt sich dar als eine Folge oder Wirkung der hier (im
Gegensatz zur Sprache des gemeinen Lebens) vollzogenen Zuziehung der Null.
Die Null — haben wir gesehen — ist in jeder Klasse mitenthalten;
sie ist Subjekt zu jedem Prädikate. Hier muss gelten: Das Nichts ist ein B
(in B enthalten), und zugleich auch: Das Nichts ist ein Nicht-B (in Nicht-B
mitenthalten) — was nebenbei gesagt durchaus keinen Widerspruch bildet,
obwol die Klassen B und Nicht-B einander ausschliessen, indem sie gerade
eben Nichts gemein haben.
Zugleich mit der Klasse A, zu der das Nichts mitgehört, zu der es
quasi sich mit herandrängt, von der es nicht ausgeschlossen werden kann,
würde nun im Urteil β) die Prädikation ζ) „»ist nicht« ein B“ auch dem
Nichts zugesprochen erscheinen. Wir würden so auf die Anerkennung des
Satzes geführt: „Das Nichts »ist nicht« ein B“, welcher seinerseits zu
verstehen war als die Inabredestellung des Urteils: „Das Nichts ist ein B“.
Das letztere unbedingt anzuerkennen waren wir aber durch die Konsequenz
verpflichtet — daher ein Widerspruch!
Für die Sprache des gemeinen Lebens wäre, wie schon angedeutet,
diese Überlegung nicht maassgebend, weil diese in ihren Urteilsbildungen,
wie anderwärts ausgeführt, das Nichts gemeinhin vorweg ausschliesst (prä-
kludirt). In der exakten Logik aber dürfen (resp. müssen) wir jedes Urteil
der Form β) für falsch erklären. Die Verneinungspartikel mit Sigwart
auf die Kopula zu beziehen ist dann hier überhaupt nicht angängig.
So wenigstens, wenn der Grundsatz „quidquid de omnibus valet, valet
etiam de singulis“ für alle Prädikationen, welche die Wortsprache auszu-
drücken vermag, wirklich für „quidquid valet“, für alles, was gültig aus-
gesagt werden kann, soll aufrecht erhalten werden. Denn unter diesen
Einzelnen („singuli“) figurirt hier auch das Nichts, wenngleich wir das-
selbe sonst freilich nicht als ein „Individuum (im engeren Sinne)“ der
Subjektklasse gelten lassen werden.
Ich gebe zu, dass dieser vorstehenden Argumentation kein grosses
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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/354>, abgerufen am 21.11.2024.
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