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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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§ 18. Rechtfertigungen.
Verschwendung die grösste Sparsamkeit an zur Beschreibung einer Klasse
benötigten Worten oder Zeichen sich erzielen lässt, und bewahrheiten so
auf dem Gebiete des Haushalts mit Worten, auf dem Felde der "Ter-
minologie", einen Satz, dem auch auf andern wirtschaftlichen Gebieten
(so namentlich bei den Beratungen des Staatshaushalts seitens der
Volksvertreter) eine allgemeinere Berücksichtigung zu wünschen wäre:
dass die anscheinend allerengste Sparsamkeit oft auf die ärgste Ver-
schwendung notwendig hinausläuft.

Als Vorteile, welche durch den Gebrauch der (Jevons'schen) ein-
schliessenden oder tautologisirenden Addition (gegenüber der aus-
schliessenden Boole-Venn's) zu erzielen sind, somit denselben recht-
fertigen, lassen sich namhaft machen:

10 Der direkte Anschluss an die Wortsprache und demgemäss leichteste
Übertragbarkeit aus Worten in Formeln, und umgekehrt.
20 Verwirklichung des denkbar kürzesten (Wort- sowie Formel-) Aus-
drucks
für die aus gegebenen sich zusammensetzenden Klassen --
und in Verbindung damit gleichwol
30 Wahrung der Symmetrie der Ausdrücke (in Hinsicht auf die als
Elemente der Zusammensetzung gegebenen Klassen).
40 Bedingungslose Ausführbarkeit der Addition; der Allgemeinheit dieser
Operation kommt es zu statten, wenn bei der Herstellung von
Summen aus Klassen der Fall einer Gleichheit solcher nicht aus-
geschlossen wird. Demzufolge auch
50 Grössere Freiheit der Rechnungsoperationen und Transformations-
methoden, m. a. W. reichere Mannigfaltigkeit der zur Verfügung
stehenden Formen von Ausdrücken oder Darstellungen von Klassen,
somit auch der Lösungsmittel bei Aufgaben.
60 Geltung des Dualismus, zufolge dessen die ganze Disziplin sich über-
sichtlich und symmetrisch gestaltete, sodass es möglich wurde, aus
nahe der einen Hälfte der Sätze fast die ganze andre Hälfte ab-
zuschreiben -- eine Harmonie, die aber schwinden würde, falls
wir die Grundoperation der einen Spalte preisgäben.

Der einzige Einwand, der gegen jene Addition sich erheben lässt
und auch erhoben wurde*), ist der Vorwurf der Tautologie: dass man

*) Von den Vorzügen, welche Herr Venn seiner exklusiven Addition vindi-
zirt, erscheint mir der erste: der einer grösseren Annäherung an die arithmetische
Zeichensprache, als ein zweifelhafter. Wenn reduzirte Summen zur Anwendung
auf gewisse arithmetische Probleme -- wie z. B. zur unmittelbaren Umdeutung
in Probabilitäten der entsprechenden Ereignisse bei Aufgaben der Wahrscheinlich-
keitsrechnung -- sich in der That nicht nur besser qualifiziren sondern gar allein
Schröder, Algebra der Logik. 24

§ 18. Rechtfertigungen.
Verschwendung die grösste Sparsamkeit an zur Beschreibung einer Klasse
benötigten Worten oder Zeichen sich erzielen lässt, und bewahrheiten so
auf dem Gebiete des Haushalts mit Worten, auf dem Felde der „Ter-
minologie“, einen Satz, dem auch auf andern wirtschaftlichen Gebieten
(so namentlich bei den Beratungen des Staatshaushalts seitens der
Volksvertreter) eine allgemeinere Berücksichtigung zu wünschen wäre:
dass die anscheinend allerengste Sparsamkeit oft auf die ärgste Ver-
schwendung notwendig hinausläuft.

Als Vorteile, welche durch den Gebrauch der (Jevons'schen) ein-
schliessenden oder tautologisirenden Addition (gegenüber der aus-
schliessenden Boole-Venn's) zu erzielen sind, somit denselben recht-
fertigen, lassen sich namhaft machen:

10 Der direkte Anschluss an die Wortsprache und demgemäss leichteste
Übertragbarkeit aus Worten in Formeln, und umgekehrt.
20 Verwirklichung des denkbar kürzesten (Wort- sowie Formel-) Aus-
drucks
für die aus gegebenen sich zusammensetzenden Klassen —
und in Verbindung damit gleichwol
30 Wahrung der Symmetrie der Ausdrücke (in Hinsicht auf die als
Elemente der Zusammensetzung gegebenen Klassen).
40 Bedingungslose Ausführbarkeit der Addition; der Allgemeinheit dieser
Operation kommt es zu statten, wenn bei der Herstellung von
Summen aus Klassen der Fall einer Gleichheit solcher nicht aus-
geschlossen wird. Demzufolge auch
50 Grössere Freiheit der Rechnungsoperationen und Transformations-
methoden, m. a. W. reichere Mannigfaltigkeit der zur Verfügung
stehenden Formen von Ausdrücken oder Darstellungen von Klassen,
somit auch der Lösungsmittel bei Aufgaben.
60 Geltung des Dualismus, zufolge dessen die ganze Disziplin sich über-
sichtlich und symmetrisch gestaltete, sodass es möglich wurde, aus
nahe der einen Hälfte der Sätze fast die ganze andre Hälfte ab-
zuschreiben — eine Harmonie, die aber schwinden würde, falls
wir die Grundoperation der einen Spalte preisgäben.

Der einzige Einwand, der gegen jene Addition sich erheben lässt
und auch erhoben wurde*), ist der Vorwurf der Tautologie: dass man

*) Von den Vorzügen, welche Herr Venn seiner exklusiven Addition vindi-
zirt, erscheint mir der erste: der einer grösseren Annäherung an die arithmetische
Zeichensprache, als ein zweifelhafter. Wenn reduzirte Summen zur Anwendung
auf gewisse arithmetische Probleme — wie z. B. zur unmittelbaren Umdeutung
in Probabilitäten der entsprechenden Ereignisse bei Aufgaben der Wahrscheinlich-
keitsrechnung — sich in der That nicht nur besser qualifiziren sondern gar allein
Schröder, Algebra der Logik. 24
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[369/0389] § 18. Rechtfertigungen. Verschwendung die grösste Sparsamkeit an zur Beschreibung einer Klasse benötigten Worten oder Zeichen sich erzielen lässt, und bewahrheiten so auf dem Gebiete des Haushalts mit Worten, auf dem Felde der „Ter- minologie“, einen Satz, dem auch auf andern wirtschaftlichen Gebieten (so namentlich bei den Beratungen des Staatshaushalts seitens der Volksvertreter) eine allgemeinere Berücksichtigung zu wünschen wäre: dass die anscheinend allerengste Sparsamkeit oft auf die ärgste Ver- schwendung notwendig hinausläuft. Als Vorteile, welche durch den Gebrauch der (Jevons'schen) ein- schliessenden oder tautologisirenden Addition (gegenüber der aus- schliessenden Boole-Venn's) zu erzielen sind, somit denselben recht- fertigen, lassen sich namhaft machen: 10 Der direkte Anschluss an die Wortsprache und demgemäss leichteste Übertragbarkeit aus Worten in Formeln, und umgekehrt. 20 Verwirklichung des denkbar kürzesten (Wort- sowie Formel-) Aus- drucks für die aus gegebenen sich zusammensetzenden Klassen — und in Verbindung damit gleichwol 30 Wahrung der Symmetrie der Ausdrücke (in Hinsicht auf die als Elemente der Zusammensetzung gegebenen Klassen). 40 Bedingungslose Ausführbarkeit der Addition; der Allgemeinheit dieser Operation kommt es zu statten, wenn bei der Herstellung von Summen aus Klassen der Fall einer Gleichheit solcher nicht aus- geschlossen wird. Demzufolge auch 50 Grössere Freiheit der Rechnungsoperationen und Transformations- methoden, m. a. W. reichere Mannigfaltigkeit der zur Verfügung stehenden Formen von Ausdrücken oder Darstellungen von Klassen, somit auch der Lösungsmittel bei Aufgaben. 60 Geltung des Dualismus, zufolge dessen die ganze Disziplin sich über- sichtlich und symmetrisch gestaltete, sodass es möglich wurde, aus nahe der einen Hälfte der Sätze fast die ganze andre Hälfte ab- zuschreiben — eine Harmonie, die aber schwinden würde, falls wir die Grundoperation der einen Spalte preisgäben. Der einzige Einwand, der gegen jene Addition sich erheben lässt und auch erhoben wurde *), ist der Vorwurf der Tautologie: dass man *) Von den Vorzügen, welche Herr Venn seiner exklusiven Addition vindi- zirt, erscheint mir der erste: der einer grösseren Annäherung an die arithmetische Zeichensprache, als ein zweifelhafter. Wenn reduzirte Summen zur Anwendung auf gewisse arithmetische Probleme — wie z. B. zur unmittelbaren Umdeutung in Probabilitäten der entsprechenden Ereignisse bei Aufgaben der Wahrscheinlich- keitsrechnung — sich in der That nicht nur besser qualifiziren sondern gar allein Schröder, Algebra der Logik. 24

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/389>, abgerufen am 22.11.2024.