Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

§ 25. Anwendungsbeispiele und Aufgaben.
kennbaren Vorzüge dieser letzteren für endgültig abgethan halten, ihm
nur historisches Interesse noch zuerkennend.

Vor allem sei die fundamentale Aufgabe behandelt, die Gleichung
a x + b x1 = 0
nach x aufzulösen. Zu dem Ende muss im Einklange mit den Ergeb-
nissen unsres § 23 zunächst 1 -- x für x1 geschrieben, die Gleichung
also mit Boole4 p. 155 in der Form angesetzt werden:
a x + b (1 -- x) = 0.

Diese aufzulösen verfährt Boole wie bei den arithmetischen Glei-
chungen ersten Grades, bildend:
[Formel 1] ,
und dieses Ergebniss wird von Boole nun als f (a, b) betrachtet und
in Gestalt von:
f (a, b) = f (1, 1) a b + f (1, 0) a b1 + f (0, 1) a1 b + f (0, 0) a1 b1
gemäss Th. 44+) nach a und b "entwickelt". So ergibt sich ihm:
[Formel 2] ,
wobei ich davon absehe, dass auch für a1, b1 in der Regel nur 1 -- a,
1 -- b von ihm geschrieben wird.

Da [Formel 3] ein Unsinn wäre, falls es wirklich vorkäme, so muss es
herausfallen, d. h. in einen verschwindenden Konstituenten, in 0 mul-
tiplizirt sein. Dies gibt die Valenzbedingung für x oder Auflösbar-
keitsbedingung für die gegebne Gleichung, nämlich:
a b = 0
(d. i. unsre Resultante der Elimination des x), und da [Formel 4] = u jeden
erdenklichen Wert vorstellt, unbestimmt oder willkürlich bleibt, so
haben wir:
x = a1 b + u a1 b1
in Übereinstimmung mit unserm rein logisch gerechtfertigten Ergeb-
nisse n) des § 21.

Man sieht indess, dass hier Zwischenoperationen ausgeführt wurden,
die einer logischen Deutung unfähig bleiben, wie z. B. nicht nur die Bil-
dung des im identischen Kalkul jedes Sinnes ermangelnden Nenners 0 -- 1,
sondern namentlich auch schon der Ansatz einer Differenz b -- a, während
a gar nicht in b enthalten!

§ 25. Anwendungsbeispiele und Aufgaben.
kennbaren Vorzüge dieser letzteren für endgültig abgethan halten, ihm
nur historisches Interesse noch zuerkennend.

Vor allem sei die fundamentale Aufgabe behandelt, die Gleichung
a x + b x1 = 0
nach x aufzulösen. Zu dem Ende muss im Einklange mit den Ergeb-
nissen unsres § 23 zunächst 1 — x für x1 geschrieben, die Gleichung
also mit Boole4 p. 155 in der Form angesetzt werden:
a x + b (1 — x) = 0.

Diese aufzulösen verfährt Boole wie bei den arithmetischen Glei-
chungen ersten Grades, bildend:
[Formel 1] ,
und dieses Ergebniss wird von Boole nun als f (a, b) betrachtet und
in Gestalt von:
f (a, b) = f (1, 1) a b + f (1, 0) a b1 + f (0, 1) a1 b + f (0, 0) a1 b1
gemäss Th. 44+) nach a und b „entwickelt“. So ergibt sich ihm:
[Formel 2] ,
wobei ich davon absehe, dass auch für a1, b1 in der Regel nur 1 — a,
1 — b von ihm geschrieben wird.

Da [Formel 3] ein Unsinn wäre, falls es wirklich vorkäme, so muss es
herausfallen, d. h. in einen verschwindenden Konstituenten, in 0 mul-
tiplizirt sein. Dies gibt die Valenzbedingung für x oder Auflösbar-
keitsbedingung für die gegebne Gleichung, nämlich:
a b = 0
(d. i. unsre Resultante der Elimination des x), und da [Formel 4] = u jeden
erdenklichen Wert vorstellt, unbestimmt oder willkürlich bleibt, so
haben wir:
x = a1 b + u a1 b1
in Übereinstimmung mit unserm rein logisch gerechtfertigten Ergeb-
nisse ν) des § 21.

Man sieht indess, dass hier Zwischenoperationen ausgeführt wurden,
die einer logischen Deutung unfähig bleiben, wie z. B. nicht nur die Bil-
dung des im identischen Kalkul jedes Sinnes ermangelnden Nenners 0 — 1,
sondern namentlich auch schon der Ansatz einer Differenz ba, während
a gar nicht in b enthalten!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0575" n="555"/><fw place="top" type="header">§ 25. Anwendungsbeispiele und Aufgaben.</fw><lb/>
kennbaren Vorzüge dieser letzteren für endgültig abgethan halten, ihm<lb/>
nur historisches Interesse noch zuerkennend.</p><lb/>
          <p>Vor allem sei die fundamentale <hi rendition="#g">Aufgabe</hi> behandelt, die Gleichung<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">a x</hi> + <hi rendition="#i">b x</hi><hi rendition="#sub">1</hi> = 0</hi><lb/>
nach <hi rendition="#i">x</hi> aufzulösen. Zu dem Ende muss im Einklange mit den Ergeb-<lb/>
nissen unsres § 23 zunächst 1 &#x2014; <hi rendition="#i">x</hi> für <hi rendition="#i">x</hi><hi rendition="#sub">1</hi> geschrieben, die Gleichung<lb/>
also mit <hi rendition="#g">Boole</hi><hi rendition="#sup">4</hi> p. 155 in der Form angesetzt werden:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">a x</hi> + <hi rendition="#i">b</hi> (1 &#x2014; <hi rendition="#i">x</hi>) = 0.</hi></p><lb/>
          <p>Diese aufzulösen verfährt <hi rendition="#g">Boole</hi> wie bei den <hi rendition="#i">arithmetischen</hi> Glei-<lb/>
chungen ersten Grades, bildend:<lb/><formula/>,<lb/>
und dieses Ergebniss wird von <hi rendition="#g">Boole</hi> nun als <hi rendition="#i">f</hi> (<hi rendition="#i">a</hi>, <hi rendition="#i">b</hi>) betrachtet und<lb/>
in Gestalt von:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">f</hi> (<hi rendition="#i">a</hi>, <hi rendition="#i">b</hi>) = <hi rendition="#i">f</hi> (1, 1) <hi rendition="#i">a b</hi> + <hi rendition="#i">f</hi> (1, 0) <hi rendition="#i">a b</hi><hi rendition="#sub">1</hi> + <hi rendition="#i">f</hi> (0, 1) <hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">b</hi> + <hi rendition="#i">f</hi> (0, 0) <hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">b</hi><hi rendition="#sub">1</hi></hi><lb/>
gemäss Th. 44<hi rendition="#sub">+</hi>) nach <hi rendition="#i">a</hi> und <hi rendition="#i">b</hi> &#x201E;entwickelt&#x201C;. So ergibt sich ihm:<lb/><formula/>,<lb/>
wobei ich davon absehe, dass auch für <hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi>, <hi rendition="#i">b</hi><hi rendition="#sub">1</hi> in der Regel nur 1 &#x2014; <hi rendition="#i">a</hi>,<lb/>
1 &#x2014; <hi rendition="#i">b</hi> von ihm geschrieben wird.</p><lb/>
          <p>Da <formula/> ein Unsinn wäre, falls es wirklich vorkäme, so muss es<lb/>
herausfallen, d. h. in einen verschwindenden Konstituenten, in 0 mul-<lb/>
tiplizirt sein. Dies gibt die Valenzbedingung für <hi rendition="#i">x</hi> oder Auflösbar-<lb/>
keitsbedingung für die gegebne Gleichung, nämlich:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">a b</hi> = 0</hi><lb/>
(d. i. unsre Resultante der Elimination des <hi rendition="#i">x</hi>), und da <formula/> = <hi rendition="#i">u</hi> jeden<lb/>
erdenklichen Wert vorstellt, unbestimmt oder willkürlich bleibt, so<lb/>
haben wir:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">x</hi> = <hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">b</hi> + <hi rendition="#i">u a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">b</hi><hi rendition="#sub">1</hi></hi><lb/>
in Übereinstimmung mit unserm rein logisch gerechtfertigten Ergeb-<lb/>
nisse <hi rendition="#i">&#x03BD;</hi>) des § 21.</p><lb/>
          <p>Man sieht indess, dass hier Zwischenoperationen ausgeführt wurden,<lb/>
die einer logischen Deutung unfähig bleiben, wie z. B. nicht nur die Bil-<lb/>
dung des im identischen Kalkul jedes Sinnes ermangelnden Nenners 0 &#x2014; 1,<lb/>
sondern namentlich auch schon der Ansatz einer Differenz <hi rendition="#i">b</hi> &#x2014; <hi rendition="#i">a</hi>, während<lb/><hi rendition="#i">a</hi> gar nicht in <hi rendition="#i">b</hi> enthalten!</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[555/0575] § 25. Anwendungsbeispiele und Aufgaben. kennbaren Vorzüge dieser letzteren für endgültig abgethan halten, ihm nur historisches Interesse noch zuerkennend. Vor allem sei die fundamentale Aufgabe behandelt, die Gleichung a x + b x1 = 0 nach x aufzulösen. Zu dem Ende muss im Einklange mit den Ergeb- nissen unsres § 23 zunächst 1 — x für x1 geschrieben, die Gleichung also mit Boole4 p. 155 in der Form angesetzt werden: a x + b (1 — x) = 0. Diese aufzulösen verfährt Boole wie bei den arithmetischen Glei- chungen ersten Grades, bildend: [FORMEL], und dieses Ergebniss wird von Boole nun als f (a, b) betrachtet und in Gestalt von: f (a, b) = f (1, 1) a b + f (1, 0) a b1 + f (0, 1) a1 b + f (0, 0) a1 b1 gemäss Th. 44+) nach a und b „entwickelt“. So ergibt sich ihm: [FORMEL], wobei ich davon absehe, dass auch für a1, b1 in der Regel nur 1 — a, 1 — b von ihm geschrieben wird. Da [FORMEL] ein Unsinn wäre, falls es wirklich vorkäme, so muss es herausfallen, d. h. in einen verschwindenden Konstituenten, in 0 mul- tiplizirt sein. Dies gibt die Valenzbedingung für x oder Auflösbar- keitsbedingung für die gegebne Gleichung, nämlich: a b = 0 (d. i. unsre Resultante der Elimination des x), und da [FORMEL] = u jeden erdenklichen Wert vorstellt, unbestimmt oder willkürlich bleibt, so haben wir: x = a1 b + u a1 b1 in Übereinstimmung mit unserm rein logisch gerechtfertigten Ergeb- nisse ν) des § 21. Man sieht indess, dass hier Zwischenoperationen ausgeführt wurden, die einer logischen Deutung unfähig bleiben, wie z. B. nicht nur die Bil- dung des im identischen Kalkul jedes Sinnes ermangelnden Nenners 0 — 1, sondern namentlich auch schon der Ansatz einer Differenz b — a, während a gar nicht in b enthalten!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/575
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/575>, abgerufen am 24.11.2024.