sind, zu denken, wie denn sehr häufig auch der Teil vom Ganzen mechanisch abgetrennt zu werden vermag, die Möglichkeit solcher Trennung wenigstens allemal einleuchtet und in manchen Fällen auch anfangs blos der Teil bekannt ist, ohne dass man vielleicht von dem Dasein des Ganzen, dem er angehört, auch nur eine Ahnung besitzt. Umgekehrt ist zu merken, dass die Teile eines Dinges auch zu den Merkmalen desselben in der Logik zu rechnen sind. Es sind auch die Borsten ein Merkmal des Schweins (nicht etwa blos der Umstand, dass es überhaupt Borsten besitzt, welcher allerdings auch ein Merk- mal, aber eine durch Abstraktion gewonnene Verallgemeinerung des vorigen wäre, welche wesentlich nur auf dasjenige hinauskommt, worin das Schwein mit andern Borsten tragenden Geschöpfen übereinstimmt), und ist die Mähne, sowie der in ein Haarbüschel endigende Schweif Merkmal eines männlichen Löwen.
Gelingt jene Isolirung (Absonderung, Vereinzelung) nicht voll- kommen, so nennen wir das vorgestellte Ding etwas Abstraktes, seinen (Eigen-) Namen ein nomen abstractum. Wir haben dann Veranlassung zu reden von "Attributen" des gedachten Dinges, als da sind Qualität oder Eigenschaften und Thätigkeiten, und Quantität, sowie von Be- ziehungen (Relationen), darunter Ursache, Wirkung und anderes.
So die Farbe dieser Blumenkrone, die Elasticität und Festigkeit der Stahlfeder, mit welcher ich eben schreibe, das Gewicht des Erd- balls, seine Gestalt, Volum und derzeitige Lage im Weltraum, seine augenblickliche Entfernung von der Sonne, Geschwindigkeit, die Kraft, mit der er angezogen wird, etc. -- die Schönheit der Circe etc. -- dies alles sind abstrakte Eigennamen.
Die als deren Bedeutung verbleibende Vorstellung ist in der That dadurch gewonnen, dass man sie von der Gesamtvorstellung des kon- kreten Gegenstandes gewissermassen abzog, sie in den Brennpunkt der Aufmerksamkeit rückte und von dem Komplex aller übrigen Vorstellungs- elemente (nebst dem, was ihnen zugrunde liegt) absah oder abstrahirte. Solche Isolirung jener aus dem Gesamtbilde hervorgehobenen Vor- stellung erweist sich aber bei genauerem Zusehen nicht als eine voll- kommen durchgeführte und durchführbare, wie ich dies für das erste und noch ein späteres der angeführten Beispiele versuchen will ge- nauer darzulegen.
Jene beispielsweise rote Farbe können wir uns zwar wol völlig losgelöst von jedem Gedanken an die Blumenkrone, der sie eignete, als eine blos subjektive Lichtempfindung vorstellen, und wenn wir etwa für die vor mir liegende Blumenkrone von Anfang an nur deren
Einleitung.
sind, zu denken, wie denn sehr häufig auch der Teil vom Ganzen mechanisch abgetrennt zu werden vermag, die Möglichkeit solcher Trennung wenigstens allemal einleuchtet und in manchen Fällen auch anfangs blos der Teil bekannt ist, ohne dass man vielleicht von dem Dasein des Ganzen, dem er angehört, auch nur eine Ahnung besitzt. Umgekehrt ist zu merken, dass die Teile eines Dinges auch zu den Merkmalen desselben in der Logik zu rechnen sind. Es sind auch die Borsten ein Merkmal des Schweins (nicht etwa blos der Umstand, dass es überhaupt Borsten besitzt, welcher allerdings auch ein Merk- mal, aber eine durch Abstraktion gewonnene Verallgemeinerung des vorigen wäre, welche wesentlich nur auf dasjenige hinauskommt, worin das Schwein mit andern Borsten tragenden Geschöpfen übereinstimmt), und ist die Mähne, sowie der in ein Haarbüschel endigende Schweif Merkmal eines männlichen Löwen.
Gelingt jene Isolirung (Absonderung, Vereinzelung) nicht voll- kommen, so nennen wir das vorgestellte Ding etwas Abstraktes, seinen (Eigen-) Namen ein nomen abstractum. Wir haben dann Veranlassung zu reden von „Attributen“ des gedachten Dinges, als da sind Qualität oder Eigenschaften und Thätigkeiten, und Quantität, sowie von Be- ziehungen (Relationen), darunter Ursache, Wirkung und anderes.
So die Farbe dieser Blumenkrone, die Elasticität und Festigkeit der Stahlfeder, mit welcher ich eben schreibe, das Gewicht des Erd- balls, seine Gestalt, Volum und derzeitige Lage im Weltraum, seine augenblickliche Entfernung von der Sonne, Geschwindigkeit, die Kraft, mit der er angezogen wird, etc. — die Schönheit der Circe etc. — dies alles sind abstrakte Eigennamen.
Die als deren Bedeutung verbleibende Vorstellung ist in der That dadurch gewonnen, dass man sie von der Gesamtvorstellung des kon- kreten Gegenstandes gewissermassen abzog, sie in den Brennpunkt der Aufmerksamkeit rückte und von dem Komplex aller übrigen Vorstellungs- elemente (nebst dem, was ihnen zugrunde liegt) absah oder abstrahirte. Solche Isolirung jener aus dem Gesamtbilde hervorgehobenen Vor- stellung erweist sich aber bei genauerem Zusehen nicht als eine voll- kommen durchgeführte und durchführbare, wie ich dies für das erste und noch ein späteres der angeführten Beispiele versuchen will ge- nauer darzulegen.
Jene beispielsweise rote Farbe können wir uns zwar wol völlig losgelöst von jedem Gedanken an die Blumenkrone, der sie eignete, als eine blos subjektive Lichtempfindung vorstellen, und wenn wir etwa für die vor mir liegende Blumenkrone von Anfang an nur deren
<TEI><text><front><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0078"n="58"/><fwplace="top"type="header">Einleitung.</fw><lb/>
sind, zu denken, wie denn sehr häufig auch der Teil vom Ganzen<lb/>
mechanisch abgetrennt zu werden vermag, die Möglichkeit solcher<lb/>
Trennung wenigstens allemal einleuchtet und in manchen Fällen auch<lb/>
anfangs blos der Teil bekannt ist, ohne dass man vielleicht von dem<lb/>
Dasein des Ganzen, dem er angehört, auch nur eine Ahnung besitzt.<lb/>
Umgekehrt ist zu merken, dass die <hirendition="#i">Teile</hi> eines Dinges auch zu den<lb/><hirendition="#i">Merkmalen</hi> desselben in der Logik zu rechnen sind. Es sind auch die<lb/>
Borsten ein Merkmal des Schweins (nicht etwa blos der Umstand,<lb/>
dass es überhaupt Borsten besitzt, welcher allerdings auch ein Merk-<lb/>
mal, aber eine durch Abstraktion gewonnene Verallgemeinerung des<lb/>
vorigen wäre, welche wesentlich nur auf dasjenige hinauskommt, worin<lb/>
das Schwein mit andern Borsten tragenden Geschöpfen übereinstimmt),<lb/>
und ist die Mähne, sowie der in ein Haarbüschel endigende Schweif<lb/>
Merkmal eines männlichen Löwen.</p><lb/><p>Gelingt jene Isolirung (Absonderung, Vereinzelung) <hirendition="#i">nicht</hi> voll-<lb/>
kommen, so nennen wir das vorgestellte Ding etwas Abstraktes, seinen<lb/>
(Eigen-) Namen ein nomen <hirendition="#i">abstractum</hi>. Wir haben dann Veranlassung<lb/>
zu reden von „<hirendition="#i">Attributen</hi>“ des gedachten Dinges, als da sind <hirendition="#i">Qualität</hi><lb/>
oder Eigenschaften und Thätigkeiten, und <hirendition="#i">Quantität</hi>, sowie von <hirendition="#i">Be-<lb/>
ziehungen</hi> (Relationen), darunter Ursache, Wirkung und anderes.</p><lb/><p>So die Farbe dieser Blumenkrone, die Elasticität und Festigkeit<lb/>
der Stahlfeder, mit welcher ich eben schreibe, das Gewicht des Erd-<lb/>
balls, seine Gestalt, Volum und derzeitige Lage im Weltraum, seine<lb/>
augenblickliche Entfernung von der Sonne, Geschwindigkeit, die Kraft,<lb/>
mit der er angezogen wird, etc. — die Schönheit der Circe etc. —<lb/>
dies alles sind abstrakte Eigennamen.</p><lb/><p>Die als deren Bedeutung verbleibende Vorstellung ist in der That<lb/>
dadurch gewonnen, dass man sie von der Gesamtvorstellung des kon-<lb/>
kreten Gegenstandes gewissermassen abzog, sie in den Brennpunkt der<lb/>
Aufmerksamkeit rückte und von dem Komplex aller übrigen Vorstellungs-<lb/>
elemente (nebst dem, was ihnen zugrunde liegt) absah oder abstrahirte.<lb/>
Solche Isolirung jener aus dem Gesamtbilde hervorgehobenen Vor-<lb/>
stellung erweist sich aber bei genauerem Zusehen nicht als eine voll-<lb/>
kommen durchgeführte und durchführbare, wie ich dies für das erste<lb/>
und noch ein späteres der angeführten Beispiele versuchen will ge-<lb/>
nauer darzulegen.</p><lb/><p>Jene beispielsweise rote Farbe können wir uns zwar wol völlig<lb/>
losgelöst von jedem Gedanken an die Blumenkrone, der sie eignete,<lb/>
als eine blos subjektive Lichtempfindung vorstellen, und wenn wir<lb/>
etwa für die vor mir liegende Blumenkrone von Anfang an nur deren<lb/></p></div></div></front></text></TEI>
[58/0078]
Einleitung.
sind, zu denken, wie denn sehr häufig auch der Teil vom Ganzen
mechanisch abgetrennt zu werden vermag, die Möglichkeit solcher
Trennung wenigstens allemal einleuchtet und in manchen Fällen auch
anfangs blos der Teil bekannt ist, ohne dass man vielleicht von dem
Dasein des Ganzen, dem er angehört, auch nur eine Ahnung besitzt.
Umgekehrt ist zu merken, dass die Teile eines Dinges auch zu den
Merkmalen desselben in der Logik zu rechnen sind. Es sind auch die
Borsten ein Merkmal des Schweins (nicht etwa blos der Umstand,
dass es überhaupt Borsten besitzt, welcher allerdings auch ein Merk-
mal, aber eine durch Abstraktion gewonnene Verallgemeinerung des
vorigen wäre, welche wesentlich nur auf dasjenige hinauskommt, worin
das Schwein mit andern Borsten tragenden Geschöpfen übereinstimmt),
und ist die Mähne, sowie der in ein Haarbüschel endigende Schweif
Merkmal eines männlichen Löwen.
Gelingt jene Isolirung (Absonderung, Vereinzelung) nicht voll-
kommen, so nennen wir das vorgestellte Ding etwas Abstraktes, seinen
(Eigen-) Namen ein nomen abstractum. Wir haben dann Veranlassung
zu reden von „Attributen“ des gedachten Dinges, als da sind Qualität
oder Eigenschaften und Thätigkeiten, und Quantität, sowie von Be-
ziehungen (Relationen), darunter Ursache, Wirkung und anderes.
So die Farbe dieser Blumenkrone, die Elasticität und Festigkeit
der Stahlfeder, mit welcher ich eben schreibe, das Gewicht des Erd-
balls, seine Gestalt, Volum und derzeitige Lage im Weltraum, seine
augenblickliche Entfernung von der Sonne, Geschwindigkeit, die Kraft,
mit der er angezogen wird, etc. — die Schönheit der Circe etc. —
dies alles sind abstrakte Eigennamen.
Die als deren Bedeutung verbleibende Vorstellung ist in der That
dadurch gewonnen, dass man sie von der Gesamtvorstellung des kon-
kreten Gegenstandes gewissermassen abzog, sie in den Brennpunkt der
Aufmerksamkeit rückte und von dem Komplex aller übrigen Vorstellungs-
elemente (nebst dem, was ihnen zugrunde liegt) absah oder abstrahirte.
Solche Isolirung jener aus dem Gesamtbilde hervorgehobenen Vor-
stellung erweist sich aber bei genauerem Zusehen nicht als eine voll-
kommen durchgeführte und durchführbare, wie ich dies für das erste
und noch ein späteres der angeführten Beispiele versuchen will ge-
nauer darzulegen.
Jene beispielsweise rote Farbe können wir uns zwar wol völlig
losgelöst von jedem Gedanken an die Blumenkrone, der sie eignete,
als eine blos subjektive Lichtempfindung vorstellen, und wenn wir
etwa für die vor mir liegende Blumenkrone von Anfang an nur deren
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/78>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.