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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

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§ 39. Die denkbaren Umfangsbeziehungen überhaupt.
als im Gegensatz zu "alle A" stehend aufgefasst wissen will. Diese Unter-
schiede sind keineswegs belanglos, vielmehr von tiefeinschneidender Wirkung.
Formell aber fallen die einen und die andern Urteilsformen zusammen.
Auch konnte De Morgan selbst nicht umhin, sie in unserm Sinne zu
nehmen, da wo er von denselben unter dem von ihm so genannten "ony-
matischen" Gesichtspunkt spricht, unter welchem das Urteil sein soll die
Behauptung oder Verneinung der Verbundenheit (Concomitanz) zweier
Namen, sonach A B 0 bedeutete: die Namen A und B haben eine (und
A B = 0: sie haben keine) gemeinsame Anwendung. Vergl. Syllabus3,
p. 112 und 8.

Ich will die vier primitiven Aussagen XVI0 samt ihren Negationen
kurz "die acht De Morgan'schen Propositionen" nennen. Aus ihnen
müssen alle denkbaren Urteile über die Klassen A und B sich zu-
sammensetzen lassen.

Der Frage, wie vielerlei und welche von einander verschiedenen Aus-
sagen sich über zwei bestimmte Gebiete
(A und B) in unsrer Zeichen-
sprache überhaupt abgeben lassen, sollen die weiteren Betrachtungen
gewidmet sein. Als "verschieden" haben nur solche Aussagen zu
gelten, die nicht denknotwendig einander äquivalent sind, also auch
für mindestens einen der 5 Elementarfälle verschiedenes statuiren.

Zunächst ist es leicht sich über die möglichen Kombinationen zu
orientiren, in welchen die 8 De Morgan'schen Propositionen als simul-
tane
ausgesprochen werden können.

Es sind 28 "Amben", nämlich [Formel 1] Kombinationen (ohne Wieder-
holung) zu zweien möglich. Nach Abrechnung der vier inkompatiblen
a a1, c e1, b b1, l l1 bleiben 24. Von diesen erweisen sich unter den als
"urwüchsige" aufgezählten Umfangsbeziehungen vertreten folgende zehn:

a c = ha b = ka l = d01 = d10c b = dc l = nb l = m
a l1 = e10 = f01c b1 = f
a1 l = e01 = f10c1 b = e
Nicht vertreten sind die vierzehn:
x) a c1a b1c l1b l1
a1 ca1 bc1 lb1 l
a1 c1a1 b1a1 l1c1 b1c1 l1b1 l1
welche wir so aufgestellt haben, dass sie sich mit den darüber
stehenden ohne weiteres zu dem vollständigen Tableau der (leidlich)
geordneten Binionen oder Amben zusammenschieben liessen.

§ 39. Die denkbaren Umfangsbeziehungen überhaupt.
als im Gegensatz zu „alle A“ stehend aufgefasst wissen will. Diese Unter-
schiede sind keineswegs belanglos, vielmehr von tiefeinschneidender Wirkung.
Formell aber fallen die einen und die andern Urteilsformen zusammen.
Auch konnte De Morgan selbst nicht umhin, sie in unserm Sinne zu
nehmen, da wo er von denselben unter dem von ihm so genannten „ony-
matischen“ Gesichtspunkt spricht, unter welchem das Urteil sein soll die
Behauptung oder Verneinung der Verbundenheit (Concomitanz) zweier
Namen, sonach A B ≠ 0 bedeutete: die Namen A und B haben eine (und
A B = 0: sie haben keine) gemeinsame Anwendung. Vergl. Syllabus3,
p. 112 und 8.

Ich will die vier primitiven Aussagen XVI0 samt ihren Negationen
kurz „die acht De Morgan’schen Propositionen“ nennen. Aus ihnen
müssen alle denkbaren Urteile über die Klassen A und B sich zu-
sammensetzen lassen.

Der Frage, wie vielerlei und welche von einander verschiedenen Aus-
sagen sich über zwei bestimmte Gebiete
(A und B) in unsrer Zeichen-
sprache überhaupt abgeben lassen, sollen die weiteren Betrachtungen
gewidmet sein. Als „verschieden“ haben nur solche Aussagen zu
gelten, die nicht denknotwendig einander äquivalent sind, also auch
für mindestens einen der 5 Elementarfälle verschiedenes statuiren.

Zunächst ist es leicht sich über die möglichen Kombinationen zu
orientiren, in welchen die 8 De Morgan’schen Propositionen als simul-
tane
ausgesprochen werden können.

Es sind 28 „Amben“, nämlich [Formel 1] Kombinationen (ohne Wieder-
holung) zu zweien möglich. Nach Abrechnung der vier inkompatiblen
a a1, c e1, b b1, l l1 bleiben 24. Von diesen erweisen sich unter den als
„urwüchsige“ aufgezählten Umfangsbeziehungen vertreten folgende zehn:

a c = ha b = ka l = d01 = d10c b = dc l = nb l = m
a l1 = e10 = f01c b1 = f
a1 l = e01 = f10c1 b = e
Nicht vertreten sind die vierzehn:
x) a c1a b1c l1b l1
a1 ca1 bc1 lb1 l
a1 c1a1 b1a1 l1c1 b1c1 l1b1 l1
welche wir so aufgestellt haben, dass sie sich mit den darüber
stehenden ohne weiteres zu dem vollständigen Tableau der (leidlich)
geordneten Binionen oder Amben zusammenschieben liessen.

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[139/0163] § 39. Die denkbaren Umfangsbeziehungen überhaupt. als im Gegensatz zu „alle A“ stehend aufgefasst wissen will. Diese Unter- schiede sind keineswegs belanglos, vielmehr von tiefeinschneidender Wirkung. Formell aber fallen die einen und die andern Urteilsformen zusammen. Auch konnte De Morgan selbst nicht umhin, sie in unserm Sinne zu nehmen, da wo er von denselben unter dem von ihm so genannten „ony- matischen“ Gesichtspunkt spricht, unter welchem das Urteil sein soll die Behauptung oder Verneinung der Verbundenheit (Concomitanz) zweier Namen, sonach A B ≠ 0 bedeutete: die Namen A und B haben eine (und A B = 0: sie haben keine) gemeinsame Anwendung. Vergl. Syllabus3, p. 112 und 8. Ich will die vier primitiven Aussagen XVI0 samt ihren Negationen kurz „die acht De Morgan’schen Propositionen“ nennen. Aus ihnen müssen alle denkbaren Urteile über die Klassen A und B sich zu- sammensetzen lassen. Der Frage, wie vielerlei und welche von einander verschiedenen Aus- sagen sich über zwei bestimmte Gebiete (A und B) in unsrer Zeichen- sprache überhaupt abgeben lassen, sollen die weiteren Betrachtungen gewidmet sein. Als „verschieden“ haben nur solche Aussagen zu gelten, die nicht denknotwendig einander äquivalent sind, also auch für mindestens einen der 5 Elementarfälle verschiedenes statuiren. Zunächst ist es leicht sich über die möglichen Kombinationen zu orientiren, in welchen die 8 De Morgan’schen Propositionen als simul- tane ausgesprochen werden können. Es sind 28 „Amben“, nämlich [FORMEL] Kombinationen (ohne Wieder- holung) zu zweien möglich. Nach Abrechnung der vier inkompatiblen a a1, c e1, b b1, l l1 bleiben 24. Von diesen erweisen sich unter den als „urwüchsige“ aufgezählten Umfangsbeziehungen vertreten folgende zehn: a c = h a b = k a l = d01 = d10 c b = d c l = n b l = m a l1 = e10 = f01 c b1 = f a1 l = e01 = f10 c1 b = e Nicht vertreten sind die vierzehn: x) a c1 a b1 c l1 b l1 a1 c a1 b c1 l b1 l a1 c1 a1 b1 a1 l1 c1 b1 c1 l1 b1 l1 welche wir so aufgestellt haben, dass sie sich mit den darüber stehenden ohne weiteres zu dem vollständigen Tableau der (leidlich) geordneten Binionen oder Amben zusammenschieben liessen.

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/163>, abgerufen am 24.11.2024.