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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

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§ 48. Erweiterte Syllogistik.
berücksichtigten dafür meistens in umschreibenden Wiederholungen
aufführend.

Überraschen wird es, dass nur bei so wenig Prämissenkombina-
tionen kein Schluss zulässig ist -- von unsern 36 Fällen nur in fünfen.
Dass für die andern Fälle Schlüsse ziehbar und wie sie beschaffen
sind, hat die verbale Logik übersehen, was ihr wenigstens so weit zur
Last fällt, als sich deren Prämissen noch schablonenmässig in Worte
fassen liessen.

Beispielsweise (bei 121' · 121') aus den Prämissen:
"Einige A sind nicht B" und "einige B sind nicht C"
folgt keineswegs nichts -- ohne Rücksicht auf B; vielmehr lässt in
Bezug auf A und C sich vollgültig schliessen:

Erstens: es gibt A; zweitens: es gibt Dinge die nicht C sind;
drittens: alles, was A ist und alles was nicht C ist kann unmöglich
blos aus einem und demselben Individuum bestehen.

Reichlich wird durch unrsre Ergebnisse illustrirt und exemplifizirt,
dass die beiden Regeln der traditionellen Logik:
"Ex mere particularibus nil sequitur", sowie
"Ex mere negativis nil sequitur" --

vergl. z. B. Ueberweg1, Inhaltsverzeichniss -- vor dem Richterstuhl
der exakten Logik für falsch zu erklären sind!

Vorstehend hatten wir vollberechtigte Konklusionen sogar aus
Prämissen, die beides: partikular und verneinend zugleich sind! Und
wie unsre dritte Konklusion zeigt, lässt sich die traditionell behauptete
Regel, dass aus solchen Prämissen nichts folge, selbst dann nicht
aufrecht erhalten, wenn man mit Voigt 1 p. 32 dieselbe dahin auslegt:
dass die Konklusion aus dergleichen Prämissen nicht mehr besage, als
was schon direkt aus den einzelnen Urteilen zu entnehmen ist. Stimmt
dies auch in der That hier für die beiden ersten von unsern Kon-
klusionen, so stimmt es doch augenscheinlich nicht für die dritte, wird
es bei einer "Klausel" doch niemals zutreffen!

Man möge Konklusionen von der Form eines bejahenden oder vernei-
nenden Existenzialurteils, wie sie hier mit in Berücksichtigung gezogen
werden, doch ja nicht geringschätzen! Eine Aussage, wie C 0 (d. h. es
gibt Dinge, die C sind, es gibt C) scheint allerdings auf den ersten Blick
herzlich wenig Information über die Klasse der C in sich zu bergen.

Jedoch wenn wir uns C zum Beispiel als Produkt zweier andern Klassen
D und E gegeben denken, wenn wir einmal C = D E annehmen, so wird
jene Aussage in Gestalt von D E 0 auf das partikular bejahende Urteil
hinauskommen: "einige D sind E", wogegen ihre Verneinung: C = 0, als
D E1 in Worte gefasst, das universal verneinende Urteil gäbe: kein D
ist E. Um die Geltung oder Nichtgeltung derartiger Urteile dreht sich ja

§ 48. Erweiterte Syllogistik.
berücksichtigten dafür meistens in umschreibenden Wiederholungen
aufführend.

Überraschen wird es, dass nur bei so wenig Prämissenkombina-
tionen kein Schluss zulässig ist — von unsern 36 Fällen nur in fünfen.
Dass für die andern Fälle Schlüsse ziehbar und wie sie beschaffen
sind, hat die verbale Logik übersehen, was ihr wenigstens so weit zur
Last fällt, als sich deren Prämissen noch schablonenmässig in Worte
fassen liessen.

Beispielsweise (bei 121’ · 121’) aus den Prämissen:
„Einige A sind nicht B“ und „einige B sind nicht C
folgt keineswegs nichts — ohne Rücksicht auf B; vielmehr lässt in
Bezug auf A und C sich vollgültig schliessen:

Erstens: es gibt A; zweitens: es gibt Dinge die nicht C sind;
drittens: alles, was A ist und alles was nicht C ist kann unmöglich
blos aus einem und demselben Individuum bestehen.

Reichlich wird durch unrsre Ergebnisse illustrirt und exemplifizirt,
dass die beiden Regeln der traditionellen Logik:
Ex mere particularibus nil sequitur“, sowie
Ex mere negativis nil sequitur“ —

vergl. z. B. Ueberweg1, Inhaltsverzeichniss — vor dem Richterstuhl
der exakten Logik für falsch zu erklären sind!

Vorstehend hatten wir vollberechtigte Konklusionen sogar aus
Prämissen, die beides: partikular und verneinend zugleich sind! Und
wie unsre dritte Konklusion zeigt, lässt sich die traditionell behauptete
Regel, dass aus solchen Prämissen nichts folge, selbst dann nicht
aufrecht erhalten, wenn man mit Voigt 1 p. 32 dieselbe dahin auslegt:
dass die Konklusion aus dergleichen Prämissen nicht mehr besage, als
was schon direkt aus den einzelnen Urteilen zu entnehmen ist. Stimmt
dies auch in der That hier für die beiden ersten von unsern Kon-
klusionen, so stimmt es doch augenscheinlich nicht für die dritte, wird
es bei einer „Klausel“ doch niemals zutreffen!

Man möge Konklusionen von der Form eines bejahenden oder vernei-
nenden Existenzialurteils, wie sie hier mit in Berücksichtigung gezogen
werden, doch ja nicht geringschätzen! Eine Aussage, wie C ≠ 0 (d. h. es
gibt Dinge, die C sind, es gibt C) scheint allerdings auf den ersten Blick
herzlich wenig Information über die Klasse der C in sich zu bergen.

Jedoch wenn wir uns C zum Beispiel als Produkt zweier andern Klassen
D und E gegeben denken, wenn wir einmal C = D E annehmen, so wird
jene Aussage in Gestalt von D E ≠ 0 auf das partikular bejahende Urteil
hinauskommen: „einige D sind E“, wogegen ihre Verneinung: C = 0, als
D E1 in Worte gefasst, das universal verneinende Urteil gäbe: kein D
ist E. Um die Geltung oder Nichtgeltung derartiger Urteile dreht sich ja

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[361/0385] § 48. Erweiterte Syllogistik. berücksichtigten dafür meistens in umschreibenden Wiederholungen aufführend. Überraschen wird es, dass nur bei so wenig Prämissenkombina- tionen kein Schluss zulässig ist — von unsern 36 Fällen nur in fünfen. Dass für die andern Fälle Schlüsse ziehbar und wie sie beschaffen sind, hat die verbale Logik übersehen, was ihr wenigstens so weit zur Last fällt, als sich deren Prämissen noch schablonenmässig in Worte fassen liessen. Beispielsweise (bei 121’ · 121’) aus den Prämissen: „Einige A sind nicht B“ und „einige B sind nicht C“ folgt keineswegs nichts — ohne Rücksicht auf B; vielmehr lässt in Bezug auf A und C sich vollgültig schliessen: Erstens: es gibt A; zweitens: es gibt Dinge die nicht C sind; drittens: alles, was A ist und alles was nicht C ist kann unmöglich blos aus einem und demselben Individuum bestehen. Reichlich wird durch unrsre Ergebnisse illustrirt und exemplifizirt, dass die beiden Regeln der traditionellen Logik: „Ex mere particularibus nil sequitur“, sowie „Ex mere negativis nil sequitur“ — vergl. z. B. Ueberweg1, Inhaltsverzeichniss — vor dem Richterstuhl der exakten Logik für falsch zu erklären sind! Vorstehend hatten wir vollberechtigte Konklusionen sogar aus Prämissen, die beides: partikular und verneinend zugleich sind! Und wie unsre dritte Konklusion zeigt, lässt sich die traditionell behauptete Regel, dass aus solchen Prämissen nichts folge, selbst dann nicht aufrecht erhalten, wenn man mit Voigt 1 p. 32 dieselbe dahin auslegt: dass die Konklusion aus dergleichen Prämissen nicht mehr besage, als was schon direkt aus den einzelnen Urteilen zu entnehmen ist. Stimmt dies auch in der That hier für die beiden ersten von unsern Kon- klusionen, so stimmt es doch augenscheinlich nicht für die dritte, wird es bei einer „Klausel“ doch niemals zutreffen! Man möge Konklusionen von der Form eines bejahenden oder vernei- nenden Existenzialurteils, wie sie hier mit in Berücksichtigung gezogen werden, doch ja nicht geringschätzen! Eine Aussage, wie C ≠ 0 (d. h. es gibt Dinge, die C sind, es gibt C) scheint allerdings auf den ersten Blick herzlich wenig Information über die Klasse der C in sich zu bergen. Jedoch wenn wir uns C zum Beispiel als Produkt zweier andern Klassen D und E gegeben denken, wenn wir einmal C = D E annehmen, so wird jene Aussage in Gestalt von D E ≠ 0 auf das partikular bejahende Urteil hinauskommen: „einige D sind E“, wogegen ihre Verneinung: C = 0, als D  E1 in Worte gefasst, das universal verneinende Urteil gäbe: kein D ist E. Um die Geltung oder Nichtgeltung derartiger Urteile dreht sich ja

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/385>, abgerufen am 25.11.2024.