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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905.

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Fünfundzwanzigste Vorlesung.
Miss Ladd1 p. 61 ... 69 behandelt in einer Untersuchung, der sie den
Titel gab: "Über die Konstitution des Universums". Zufolge einer
etwas andern Fragestellung fällt freilich die allgemeine Formel nebst
den speziellen Zahlwerten bei Miss Ladd anders aus als bei Peano.

Bei der mich irre führenden Problembezeichnung und zufolge noch
einiger andern Eigentümlichkeiten der Darstellung gelangte ich erst be-
dauerlich spät zum Verständniss von Ziel und Tragweite der gesamten
hier von der genialen Verfasserin angestellten Betrachtungen.

Implicite (sozusagen "zwischen den Zeilen zu lesen") gibt die
Verfasserin auf die oben gestellte Frage als Antwort den Ausdruck:
[Formel 1] welcher von dem Herrn Peano zugeschriebnen sich unterscheidet
durch den Wegfall der Subtrahenden sowol auf der Zeile, als auch
(des -- 1) im Hauptexponenten, und z. B. für n = 2 die Anzahl 65536
liefert. Grund dieser Abweichung ist der Umstand, dass Miss Ladd
auch diejenigen Aussagen mitrechnet, die wir als "absurde" aus-
geschlossen haben, -- nämlich die Aussage 1 = 0, erstlich im Klassen-
kalkul, besagend, dass die zugrund gelegte Mannigfaltigkeit, der
Denkbereich oder das in Diskussion befindliche Universum leer sei;
und sodann die analoge Gleichung 1 = 0 des Aussagenkalkuls, welche
"wahr" und "falsch" für einerlei erklärt. Letztere bleibt definitiv, unter
allen Gesichtspunkten, eine absurde Aussage; aber sie kann doch aller-
dings aufgestellt werden, und es bleibt Geschmackssache, ob man sie
mitzählen will oder nicht, -- übrigens auch nebensächlich, sofern bei
ihrer Einrechnung die Gesamtzahl nur um Eins grösser wird. -- Hin-
gegen hat die Zulassung der ersteren klassentheoretischen Absurdität
jedenfalls ihre Berechtigung, da es für viele Untersuchungen von Wert
sein kann, auch die Möglichkeit eines leeren Denkbereiches im Auge
zu behalten; hierdurch tritt aber zu jeder früheren Aussage noch die
Alternative 1 = 0, verbal in Gestalt von "oder auch die ganze Mannig-
faltigkeit ist eine leere", eventuell hinzu, wodurch sich die Gesamtzahl
der möglichen Aussagen noch verdoppelt. -- Damit sind Miss Ladd's
und Peano's Ergebnisse auf einander zurückgeführt.

Wie man in der Arithmetik die Frage nach der Anzahl der Kombinationen
(ohne Wiederholung) von n Elementen (oder die Summe aller Binomial-
koeffizienten zum Exponenten n) beantwortet mit 2n, indem man auch die
nullte Kombinationsklasse mitrechnet, und nicht mit 2n--1 oder gar 2n--2,
so ist auch Miss Ladd's Antwort auf die oben gestellte Frage als der
eleganteren der Vorzug zuzuerkennen vor der von Peano und mir adop-
tirten. -- Die Methode, mittels welcher Miss Ladd ihr Resultat findet,
unterscheidet sich kaum wesentlich von derjenigen, durch welche es mir

Fünfundzwanzigste Vorlesung.
Miss Ladd1 p. 61 … 69 behandelt in einer Untersuchung, der sie den
Titel gab: „Über die Konstitution des Universums“. Zufolge einer
etwas andern Fragestellung fällt freilich die allgemeine Formel nebst
den speziellen Zahlwerten bei Miss Ladd anders aus als bei Peano.

Bei der mich irre führenden Problembezeichnung und zufolge noch
einiger andern Eigentümlichkeiten der Darstellung gelangte ich erst be-
dauerlich spät zum Verständniss von Ziel und Tragweite der gesamten
hier von der genialen Verfasserin angestellten Betrachtungen.

Implicite (sozusagen „zwischen den Zeilen zu lesen“) gibt die
Verfasserin auf die oben gestellte Frage als Antwort den Ausdruck:
[Formel 1] welcher von dem Herrn Peano zugeschriebnen sich unterscheidet
durch den Wegfall der Subtrahenden sowol auf der Zeile, als auch
(des — 1) im Hauptexponenten, und z. B. für n = 2 die Anzahl 65536
liefert. Grund dieser Abweichung ist der Umstand, dass Miss Ladd
auch diejenigen Aussagen mitrechnet, die wir als „absurde“ aus-
geschlossen haben, — nämlich die Aussage 1 = 0, erstlich im Klassen-
kalkul, besagend, dass die zugrund gelegte Mannigfaltigkeit, der
Denkbereich oder das in Diskussion befindliche Universum leer sei;
und sodann die analoge Gleichung 1̇ = 0 des Aussagenkalkuls, welche
„wahr“ und „falsch“ für einerlei erklärt. Letztere bleibt definitiv, unter
allen Gesichtspunkten, eine absurde Aussage; aber sie kann doch aller-
dings aufgestellt werden, und es bleibt Geschmackssache, ob man sie
mitzählen will oder nicht, — übrigens auch nebensächlich, sofern bei
ihrer Einrechnung die Gesamtzahl nur um Eins grösser wird. — Hin-
gegen hat die Zulassung der ersteren klassentheoretischen Absurdität
jedenfalls ihre Berechtigung, da es für viele Untersuchungen von Wert
sein kann, auch die Möglichkeit eines leeren Denkbereiches im Auge
zu behalten; hierdurch tritt aber zu jeder früheren Aussage noch die
Alternative 1 = 0, verbal in Gestalt von „oder auch die ganze Mannig-
faltigkeit ist eine leere“, eventuell hinzu, wodurch sich die Gesamtzahl
der möglichen Aussagen noch verdoppelt. — Damit sind Miss Ladd’s
und Peano’s Ergebnisse auf einander zurückgeführt.

Wie man in der Arithmetik die Frage nach der Anzahl der Kombinationen
(ohne Wiederholung) von n Elementen (oder die Summe aller Binomial-
koeffizienten zum Exponenten n) beantwortet mit 2n, indem man auch die
nullte Kombinationsklasse mitrechnet, und nicht mit 2n—1 oder gar 2n—2,
so ist auch Miss Ladd’s Antwort auf die oben gestellte Frage als der
eleganteren der Vorzug zuzuerkennen vor der von Peano und mir adop-
tirten. — Die Methode, mittels welcher Miss Ladd ihr Resultat findet,
unterscheidet sich kaum wesentlich von derjenigen, durch welche es mir

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[454/0098] Fünfundzwanzigste Vorlesung. Miss Ladd1 p. 61 … 69 behandelt in einer Untersuchung, der sie den Titel gab: „Über die Konstitution des Universums“. Zufolge einer etwas andern Fragestellung fällt freilich die allgemeine Formel nebst den speziellen Zahlwerten bei Miss Ladd anders aus als bei Peano. Bei der mich irre führenden Problembezeichnung und zufolge noch einiger andern Eigentümlichkeiten der Darstellung gelangte ich erst be- dauerlich spät zum Verständniss von Ziel und Tragweite der gesamten hier von der genialen Verfasserin angestellten Betrachtungen. Implicite (sozusagen „zwischen den Zeilen zu lesen“) gibt die Verfasserin auf die oben gestellte Frage als Antwort den Ausdruck: [FORMEL] welcher von dem Herrn Peano zugeschriebnen sich unterscheidet durch den Wegfall der Subtrahenden sowol auf der Zeile, als auch (des — 1) im Hauptexponenten, und z. B. für n = 2 die Anzahl 65536 liefert. Grund dieser Abweichung ist der Umstand, dass Miss Ladd auch diejenigen Aussagen mitrechnet, die wir als „absurde“ aus- geschlossen haben, — nämlich die Aussage 1 = 0, erstlich im Klassen- kalkul, besagend, dass die zugrund gelegte Mannigfaltigkeit, der Denkbereich oder das in Diskussion befindliche Universum leer sei; und sodann die analoge Gleichung 1̇ = 0 des Aussagenkalkuls, welche „wahr“ und „falsch“ für einerlei erklärt. Letztere bleibt definitiv, unter allen Gesichtspunkten, eine absurde Aussage; aber sie kann doch aller- dings aufgestellt werden, und es bleibt Geschmackssache, ob man sie mitzählen will oder nicht, — übrigens auch nebensächlich, sofern bei ihrer Einrechnung die Gesamtzahl nur um Eins grösser wird. — Hin- gegen hat die Zulassung der ersteren klassentheoretischen Absurdität jedenfalls ihre Berechtigung, da es für viele Untersuchungen von Wert sein kann, auch die Möglichkeit eines leeren Denkbereiches im Auge zu behalten; hierdurch tritt aber zu jeder früheren Aussage noch die Alternative 1 = 0, verbal in Gestalt von „oder auch die ganze Mannig- faltigkeit ist eine leere“, eventuell hinzu, wodurch sich die Gesamtzahl der möglichen Aussagen noch verdoppelt. — Damit sind Miss Ladd’s und Peano’s Ergebnisse auf einander zurückgeführt. Wie man in der Arithmetik die Frage nach der Anzahl der Kombinationen (ohne Wiederholung) von n Elementen (oder die Summe aller Binomial- koeffizienten zum Exponenten n) beantwortet mit 2n, indem man auch die nullte Kombinationsklasse mitrechnet, und nicht mit 2n—1 oder gar 2n—2, so ist auch Miss Ladd’s Antwort auf die oben gestellte Frage als der eleganteren der Vorzug zuzuerkennen vor der von Peano und mir adop- tirten. — Die Methode, mittels welcher Miss Ladd ihr Resultat findet, unterscheidet sich kaum wesentlich von derjenigen, durch welche es mir

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/98>, abgerufen am 21.11.2024.